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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Autoren: Ricarda Jordan
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Rittern, die sich vergnügten.
    Jutta von Meißen erwartete ihr neues Ziehkind im Rosengarten. Sie saß in einer Laube, umgeben von einem Meer von Blüten und in einem Kreis jüngerer und älterer Mädchen undFrauen. Ein Spielmann unterhielt sie mit Lautenspiel und Gesang.
    »Frau Jutta? Hier ist Gisela von Bärbach«, stellte Luitgard eifrig vor und schob Gisela vor ihre Pflegemutter.
    Jutta von Meißen war in feines Tuch gewandet. Sie trug eine weinrote Surkotte, unter der ein dunkelgrünes Unterkleid hervorschimmerte, dazu einen goldenen Gürtel. Die Farbe ihres Haares konnte man nicht erkennen, sie versteckte es züchtig unter einem Gebende aus feinstem Leinen, aber ihre nussbraunen Augen musterten Gisela mit Wärme.
    »Lass dich willkommen heißen, meine Kleine!«, sagte sie huldvoll. »Ach was, komm her und gib mir einen Kuss. Es wird mir eine Freude sein, ein so kleines Ding bei mir zu haben, fast wie eine Tochter … Du magst meinem Kind eine Gespielin sein!«
    Gisela erkannte jetzt, dass Jutta von Meißen gesegneten Leibes war, und lächelte ihr zu. Sie nahm ihren leichten Rosenduft wahr, als sie weisungsgemäß ihre Wange küsste. Aber Jutta von Meißen umfing sie mit ihren Armen und küsste sie auf den Mund.
    »Und wie hübsch du bist! Herr Walther, ist sie nicht eine kleine Schönheit?« Frau Jutta wandte sich an den Spielmann, einen vierschrötigen, rotgesichtigen Mann, dessen kräftigen Fingern man kaum zutraute, so geschickt die Laute zu schlagen. »Dies ist Herr Walther von der Vogelweide, Gisela. Er erweist uns die Ehre, uns zu zerstreuen.«
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, Herrin!«, bemerkte der Spielmann. »Und es wird mich freuen, dieser neuen Zierde Eures Hofes ein paar Verse zu widmen.« Er verneigte sich in Richtung Giselas.
    Jutta lachte und drohte ihm mit dem Finger. »Aber nicht zu schlüpfrige, Herr Walther! Man kennt Eure Neigung zur Derbheit. Erschreckt mir nicht diese kleine Blüte, die erst noch zur Rose heranwachsen muss.«
    Gisela hörte aufmerksam zu, obwohl ihr all das Getändelund die Schmeicheleien schnell zu viel wurden. Dies war zweifellos höfisches Benehmen, aber Gisela lag anderes am Herzen.
    Und warum sollte sie sich nicht trauen? Die Markgräfin schien schließlich überaus freundlich. Gisela holte tief Luft. »Und wo sind die Falken?«, fragte sie aufgeregt.

Visionen
    Frühjahr 1212

Kapitel 1

    Konstanze trug ihren Korb über die Blumenwiese zum Waldrand. Er war jetzt schon zur Hälfte mit verschiedenen Pflanzen, Blüten und Kräutern gefüllt, denen Hildegard von Bingen Heilkräfte zugeschrieben hatte. Die Schwestern sammelten sie regelmäßig und stellten daraus Elixiere, Salben und Tees her – auch wenn Konstanze nicht von jedem der Rezepte überzeugt war. Mitunter widersprachen die Angaben der Klostergründerin über die Wirkung der Essenzen dem, was das Mädchen viel älteren Aufzeichnungen in Latein und Griechisch entnahm.
    Die Klosterbibliothek enthielt verschiedene, fast vergessene Schriften berühmter Ärzte wie Hippokrates und Galen. Allerdings interessierte sich kaum eine der Nonnen für diese verstaubten Codices, die oft nicht einmal gebunden, sondern in Schriftrollen vorlagen. Es gab zwar hochgelehrte Frauen unter den Schwestern – die Benediktinerinnen fertigten sehr korrekte Abschriften lateinischer und griechischer Texte und verstanden durchaus, was sie da kopierten –, die meisten von ihnen verfügten jedoch nicht über den Wissensdurst ihrer Klostergründerin.
    Hildegard von Bingens Forscherdrang war legendär, und oft genug beschäftigten sich die Schreiberinnen im Kloster auch mit der Kopie ihrer Briefe und Abhandlungen. Dabei wurden die Ergebnisse der Prophetissa Teutonica, der teutonischen Seherin, wie man sie auch nannte, allerdings nie kritisiert oder gar nachgeprüft – nur Konstanze fragte sich manchmal, was davon zu halten war. Viele »Erkenntnisse« der Mystikerin beruhten auf Visionen statt auf Erfahrungen,und die Schriften der alten Meister hatten sich der Klosterfrau schon deshalb nicht erschlossen, weil sie kein Latein und erst recht kein Griechisch lesen konnte.
    Konstanze vertiefte sich lieber in die geheimen Schätze der Bibliotheken, als sich mit dem Wissen um die Heilkräfte von Edelsteinen zu belasten oder Tierherzen zu Pulver zu zermahlen, um damit Herzleiden bei Menschen zu behandeln. Natürlich durfte sie das niemandem erzählen – sie galt ohnehin schon als renitent und absonderlich, und wäre sie nicht so klug und
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