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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Autoren: Ricarda Jordan
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Konstanze da ja nichts wirklich Neues. Aber das Mädchen war schon damals die beste unter den Klosterschülerinnen, wenn es um die Kenntnis der alten Sprachen ging, und schließlich entdeckte es die ersten vergessenen Handschriften in der Bibliothek.
    Konstanze studierte sie aufgeregt, und von da an verrieten die »Engel« der kleinen Novizin die Kardinalszeichen der Entzündung und Rezepte zur Entwässerung des Körpers. Die Äbtissin war endlich beeindruckt!
    Konstanze begann dann auch bald, gezielt nach Mitteln gegen Krankheiten zu suchen, die im Kloster grassierten. Aber eines Tages, als sie gerade ein Werk des Hippokrates auf die Linderung von Augenkrankheiten hin durchforstete, da eine alte Mitschwester langsam der Sehkraft beraubt wurde, erschien Schwester Maria hinter ihrem Stehpult.
    »Darin wirst du die Antwort nicht finden«, sagte sie freundlich,als das Mädchen die griechische Schriftrolle erschrocken wegsteckte, »sie steht hier.«
    Damit wies sie auf einen der Codices in den obersten Regalen der Büchersammlung. Hier langte niemand hinauf, und folglich wurden die dort aufbewahrten Schriften auch selten gelesen.
    »Du müsstest allerdings eine weitere Sprache erlernen, um sie entziffern zu können«, fügte die Schwester lächelnd hinzu.
    Konstanze, zu verblüfft, um sich ertappt zu fühlen, sah genauer hin. »Aber das ist … das ist die Sprache der Sarazenen …«, bemerkte sie, als sie die seltsame, völlig unleserliche Schrift besah, die Blütenranken ähnelte.
    Die Schwester lächelte. »Die Gott in seiner unerforschlichen Weisheit physisch genauso geschaffen hat wie die Franken«, bemerkte sie. »Weshalb man ihre Heilkunst denn auch durchaus übertragen kann.«
    »Aber … ich dachte … sie sind Heiden«, stotterte Konstanze.
    »Das war der hier auch!«, erklärte die Medica und zeigte auf Hippokrates’ Lehrwerk. »Hippokrates schwor seinen ärztlichen Eid auf Apollon, von Jesus Christus hatte er nie gehört. Wie auch, unser Erlöser war zu seiner Zeit noch nicht einmal geboren.« Schwester Maria bekreuzigte sich, als sie den Namen Jesu erwähnte.
    »Und Ihr meint, da stünde mehr über … Heilmittel?«, fragte Konstanze und schaute begehrlich auf den Codex über ihr. »Über solche, die man hier … nicht kennt?«
    Die Schwester lachte. »O ja, die Engel könnten dir da noch manches offenbaren«, sagte sie spöttisch.
    Konstanze errötete zutiefst. »Ihr … Ihr wisst …? Und Ihr … habt mich nicht verraten?«
    Die Medica schüttelte den Kopf. »Nein. Warum auch? Die Engel haben dir ja nichts Falsches erzählt – schade nur, dass sie sich unserer hochverehrten Prophetissa nicht schon mitdiesen Erkenntnissen genähert haben. Ich hätte in den letzten Jahren manche Krankheiten besser behandeln können.«
    Konstanze bemühte sich zu begreifen. »Also habt Ihr … all das gewusst, was hier steht?« Sie zeigte auf die Werke von Hippokrates und Galen. »Aber Ihr …«
    »Ich behandle meine Patienten auf der Grundlage der medizinischen Erkenntnisse unserer Klostergründerin Hildegard – die zweifellos über ein großes Grundlagenwissen verfügte, das sie für die Nachwelt niedergeschrieben hat. In unserer eigenen Sprache. Es ist also vielen Menschen zugänglich, und sie hat sich damit sicher verdient gemacht vor Gott und seiner Schöpfung. Aber neu war das nicht. Und besonders die Dinge, die der Prophetin von den Engeln offenbart wurden … Hm, ich würde sagen … du hast da die kundigeren Engel!«
    Konstanze verstand und lächelte verschämt. Allerdings warf jede Antwort, die Schwester Maria gab, neue Fragen auf.
    »Und Ihr könnt auch das lesen?«, erkundigte sie sich und wies auf die arabischen Codices. »Wo habt Ihr das gelernt?«
    Maria zog sich eine Leiter heran, kletterte hinauf und holte eine der Schriften herunter. »Das habe ich schon als Kind gelernt«, erklärte sie und fuhr über den Einband der Schrift, die sie dann vorsichtig auf das Pult vor Konstanze legte. »Im Heiligen Land. Es ist meine Muttersprache.«
    Konstanze war jetzt völlig verwirrt. Fragend sah sie der Medica in die Augen. Kohlschwarze Augen und ein dunkles Gesicht. Bisher war ihr nie aufgefallen, welch ungewöhnliche Erscheinung die Schwester war. Man achtete hier kaum auf das Äußere, das schwarze Habit glich alle einander an. Aber Schwester Maria sah tatsächlich nicht aus, als habe ihre Wiege im Rheinland gestanden.
    »Ich wurde in Akkon geboren«, erklärte sie gelassen. »Als Tochter eines sarazenischen
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