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Der dunkle Schirm

Der dunkle Schirm

Titel: Der dunkle Schirm
Autoren: Philip K. Dick
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ihre harten Methoden berüchtigten Klinik für Drogensüchtige und Alkoholiker. »Und es war herrlich. In der ersten Nacht dort konnte ich zum ersten Mal nach drei Monaten wieder gut schlafen. Als ich zwei Wochen da war, kam ich von meinen Depressionen weg.«
    Nach seiner Entlassung war der kanadische Traum allerdings ausgeträumt: Dick kehrte in die USA zurück. Jedoch nicht ins Marin County bei San Francisco, sondern er zog auf Einladung von Professor McNelly von der Fullerton University in die Kleinstadt Fullerton im Großraum Los Angeles. Umzug und Neubeginn finanzierte er mit dem Verkauf seiner Manuskripte an die Universitätsbibliothek. Und dort, mitten im konservativen Orange County, begann er mit der Arbeit an »Der dunkle Schirm«, ein Roman, der ihn mehrere Jahre lang beschäftigen sollte.
     
    Das Goldene Zeitalter, als Weisheit und Gerechtigkeit dasselbe waren. Bevor alles in scharfkantige Splitter zerbarst, in winzig kleine Bruchstücke, die nicht zusammenpassen, die nicht wieder zusammengefügt werden können, so sehr wir uns auch bemühen.
    - Der dunkle Schirm
     
    »Der dunkle Schirm« ist in mehrfacher Hinsicht ein außerordentlicher Roman. Zum einen ist er nicht wirklich ein Science-Fiction-Roman. Er tut nur so, als wäre er einer. »Der dunkle Schirm« ist – in den Worten von Dicks langjährigem Nachlassverwalter Paul Williams – ein »Mainstream-Roman mit Science-Fiction-Elementen«, in dem, mit Ausnahme von Freds Jedermann-Anzug, kaum futuristische Gimmicks auszumachen sind. Zum anderen erzählt Dick eine für seine Verhältnisse ungewöhnlich lineare Story. Und zum Dritten verschränken sich hier – ähnlich wie dann später in der »Valis-Trilogie« – Biographie, Realität und Fiktion auf eine derart enge und augenfällige Weise, dass Dick selber so weit ging, »Der dunkle Schirm« als einen »non-fiction novel« zu bezeichnen.
    Nicht zuletzt deshalb drängte er seinen Lektor bei Doubleday, diesen Roman nicht in der Science-Fiction-Reihe zu veröffentlichen, sondern im allgemeinen belletristischen Programm. Das wäre auch richtig gewesen. Hätte der Verlag den Mut dazu gehabt, beziehungsweise den Roman wirklich verstanden, gälte »Der dunkle Schirm« nicht erst heute als einer der großen amerikanischen Romane über das Ende der Utopien der Sechziger und die Entzauberung der Drogenmythologie, sondern würde schon lange in einem Atemzug mit den Werken William S. Burroughs’ und Thomas Pynchons genannt werden.
    Philip K. Dick war zwar mit Leidenschaft und Besessenheit ein Science-Fiction-Autor, doch hatte er in den fünfziger Jahren versucht, auch im literarischen Mainstream Fuß zu fassen. Parallel zu der an sich schon beeindruckenden Menge von SF-Stories und -Romanen schrieb er zwölf, wie er es nannte, »experimentelle Mainstream-Romane«. Diese fanden allerdings keinen Verlag und wurden – mit Ausnahme von »Confessions of a Crap Artist« (deutsch als »Eine Bande von Verrückten«), der 1975 in einer Auflage von 500 Exemplaren erschien – erst posthum veröffentlicht. Nicht ganz zu Unrecht. Auch wenn ihre Plots kaum weniger verzwickt und eigenwillig waren, fehlte es ihnen doch an Dichte und Irrsinn – Dick schien seiner überbordenden Phantasie Zügel angelegt und seine Ideen nur mit einer gewissen Zurückhaltung aufs Papier gebracht zu haben.
    Als Dick sein Scheitern als »richtiger« Romancier akzeptiert hatte, wandte er sich 1960 mit voller Kraft und ohne Rücksicht auf Verluste ganz der Science Fiction zu. Zum Glück – muss man nachträglich sagen. Denn letztlich gewährte nur dieses Umfeld ihm den Freiraum, den seine paranoide Imagination benötigte. Fortan kümmerte sich Dick noch weniger um Konventionen als zuvor, das Genre wurde zum Vorwand, um seine Obsessionen auszudrücken und hartnäckig die Fragen zu umkreisen, die ihn bis zu seinem Tod beschäftigen sollten: Was ist wirklich? Was macht den Menschen zum Menschen? Wie unterscheidet sich der Mensch vom Androiden? Themen, die, unnötig zu betonen, seither an Aktualität nur gewonnen haben. Eindeutige Antworten haben Dick jedoch nie interessiert, weder in »Das Orakel vom Berge« (1962), dem ersten Roman dieser neuen Schaffensphase, noch in den Geniestreichen der sechziger Jahre »Marsianischer Zeitsturz« (1964), »Die drei Stigmata des Palmer Eldritch« (1965), »Blade Runner« (1968) und »Ubik« (1969) – ihn faszinierte die Spekulation: Warum sich mit einer Antwort begnügen, schien er zu denken, wenn doch auf
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