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Der dunkle Ritter (German Edition)

Der dunkle Ritter (German Edition)

Titel: Der dunkle Ritter (German Edition)
Autoren: Lara Adrian schreibt als Tina St. John
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Garrett ganz sicher auf die Nerven gegangen wäre.
    Aber Emmalyn ermahnte sich, sich von dem Gedanken an sein Missfallen nicht beirren zu lassen, während sie an ihrem Zimmer vorbeiging und die Stufen erklomm, die zum Wehrgang des Turmes führten. Zwei von Fallonmours Rittern standen bei der hintersten Zinne und beschatteten die Augen vor der aufgehenden Sonne, als sie zu dem Hügel hinüberblickten, der sich in der Ferne erhob.
    »Es ist zu lange her, seit ich Lord Garrett das letzte Mal gesehen habe«, sagte der eine. »Ich könnte schwören, dass er jetzt größer aussieht, oder nicht?«
    »Aye, und sehr kräftig. Sieh nur, wie aufrecht er im Sattel sitzt!«
    Emmalyn näherte sich den beiden, ohne dass sie es bemerkten. Sie schaute durch zwei Zinnen auf den herannahenden Reiter hinab, und in ihrem Magen ballte sich die Furcht zusammen. Die Männer hatten recht; Garrett sah größer aus, als sie ihn in Erinnerung hatte.
    Verschwunden waren seine runden abfallenden Schultern; jetzt sahen sie fast so breit aus wie der Rücken seines Rosses. Der lange rote Waffenrock, den er trug, war ausgeblichen und zerschlissen, eine zerfetzte Hülle, die kaum noch dazu diente, den muskulösen Körper des Mannes zu bedecken, der sie trug. Von dort, wo sie stand, konnte Emmalyn sogar bemerken, welche Kraft in seinen Oberschenkeln stecken musste, so aufrecht, wie er sich im Sattel hielt, während er sein Pferd in leichtem Trab über die Ebene lenkte. Den Ritter umgab eine Aura von Ruhe, eine Selbstsicherheit und fast majestätische Ausstrahlung, die selbst die noch beträchtliche Entfernung nicht verbergen konnte.
    Obwohl Emmalyn dagegen ankämpfte, begann sich in ihr Neugier zu regen, ein fast unmerkliches Interesse, das sie dazu veranlasste, ihn genauer in Augenschein zu nehmen.
    Das schwarze Schlachtross, das ihre Hochzeitsgabe für Garrett gewesen war – ein Pferd, das er nie beherrscht und immer wegen seines starken Willens verabscheut hatte – , ging jetzt bereitwillig und absolut ruhig unter ihm. Pferd und Reiter waren ein beeindruckender, bewunderungswürdiger Anblick, das faszinierende Bild eines heimkehrenden Helden, dennoch stimmte irgendetwas daran nicht. In einer Mischung aus Verwunderung und Misstrauen beobachtete Emmalyn die entschlossene, aber respektvolle Art, mit der der Reiter den Hengst führte. Die Art, wie er nichts tat, ihn zu leiten, und ihn trotzdem völlig beherrschte.
    Und dann wusste sie es.
    »Das ist er nicht«, sagte sie mit ruhiger, absoluter Gewissheit.
    »Mylady?«
    Emmalyn hatte sich von der Brüstung abgewandt, um zum Turm zurückzukehren. Jetzt blieb sie stehen, um dem Wachposten zu antworten. »Er reitet Mylords Pferd«, bestätigte sie, »aber der Reiter dort ist nicht mein Ehemann.«
    Es bedurfte nur eines kurzen Blickes auf Fallonmours Größe und Anlage, und Cabal begriff die Sorge des Königs um dessen Verwaltung. In der Tat würde ein Besitz von dieser Größe selbst bei dem reichsten Vasallen Begehrlichkeiten wecken. Nicht einmal die Erinnerung an die vielen Abende, an denen das Regiment Garretts endloses Prahlen über seine Reichtümer daheim in England ertragen hatte, hätten Cabal auf diesen Überfluss adligen Wohlstands vorbereiten können, den er jetzt vor sich sah. Entgegen aller Not und Verzweiflung, deren Zeuge er auf seinem Weg vom Hafen in Dover bis hierher nach Norden geworden war, schien Fallonmour die lange Abwesenheit seines Lords sehr gut überstanden zu haben. Und mehr als überstanden, wie er fand: Die Burg sah aus, als sei sie prächtig gediehen.
    Die frühe Morgensonne badete die Mauern des hohen, weiß gekalkten Wohnturms in strahlendem Licht, vergoldete seine Zinnen und Wehrgänge und hüllte die ganze Burg in einen funkelnden, ätherischen Glanz. Üppige Felder, auf denen Weizen, Hafer und Saatwicke wuchsen, erstreckten sich, soweit das Auge reichte, fruchtbar und duftend und mit dem Versprechen einer reichen Ernte zu Lammas. Eine große Herde frisch geschorener Schafe sprenkelte die Landschaft, graste auf saftig grünen Wiesen.
    Am Fuß des hohen, sanft abfallenden Burghügels lag ein Dorf, in dem es geschäftig zuging und das voller Leben war. Die Menschen kehrten gerade von den Feldern heim oder kamen aus ihren Hütten, um zu sehen, wer da wohl durch ihr Dorf ritt. Cabal achtete nicht auf ihre fragenden Gesichter, während er rasch durch die Mitte der kleinen Ansiedlung auf die Burg und den Beginn seiner ungewollten Mission als Wächter dieses Besitzes
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