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Der dunkle Grenzbezirk

Der dunkle Grenzbezirk

Titel: Der dunkle Grenzbezirk
Autoren: Eric Ambler
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Diese Südoststraße, wie sie hier genannt wird, ist ein besserer Ochsenpfad und führt durch sehr hügeliges Gelände. Der Regen dürfte ihr streckenweise stark zugesetzt haben, aber die Gräfin wird das wohl riskieren. Auf jeden Fall hat sie einen beträchtlichen Vorsprung, und wir können nichts Besseres hoffen, als daß wir richtig geraten haben. Auf nach Südosten!«
    Wir fuhren mit unheimlicher Geschwindigkeit durch die Stadt und verloren wertvolle Zeit, weil wir die City umfahren mußten. Carruthers bestand auf dem Umweg, denn er wollte Tumachins Pläne in der Innenstadt so wenig wie möglich stören. Aber allein schon unsere Fahrweise war eine Störung. Grooms Wagen war sehr leistungsfähig, und Carruthers fuhr wie ein Rennfahrer. Unsere Reifen kreischten ununterbrochen, als wir durch die engen Gäßchen der Außenbezirke fuhren. Die Uhr auf dem Instrumentenbrett zeigte, daß wir zwölf Minuten bis zur Barrikade auf der Südoststraße gebraucht hatten.
    Im Licht unserer Scheinwerfer sahen wir, daß Carruthers richtig geraten hatte. Man war gerade dabei, die Balken der halbzerstörten Sperre an Ort und Stelle zurückzutragen. Einige von ihnen waren zersplittert. Carruthers verlangsamte das Tempo und ließ die Scheinwerfer aufleuchten, als wir auf die Sperre zufuhren.
    Die Männer an der Barrikade ließen den Balken, den sie gerade trugen, fallen und traten zur Seite. Als wir näher kamen, begrüßte uns Hurragebrüll, und Hände zeigten aufgeregt in die Richtung, in der wir fuhren. Langsam fuhren wir durch die Bresche in der Barrikade, dann rasten wir weiter.
    »Sie muß noch zweimal umgekehrt sein«, meinte Carruthers, als er wieder im schnellsten Gang fuhr. »Es kann noch nicht länger als zehn Minuten her sein, seit sie diese Barrikade gerammt hat.«
    Wir flogen schon fast. Die Straße war in gutem Zustand, aber als die Berge kamen, begann der Ärger. Die Straße stieg in Stufen – kurze Steigungen, lange gerade Strecken. Ich weiß nicht, was schlimmer war, die Steigungen oder die Geraden. Auf der Steigung drehten die Räder leer, und wir kamen ins Schleudern. Auf den Geraden gerieten wir immer wieder in kleine Tümpel und sanken bis zur Radachse im Schlamm ein. Manchmal wußten wir überhaupt nicht mehr, wo die Straße war, aber dann wurde der Himmel am Horizont langsam hell, und nach einer Weile kamen wir ohne Scheinwerfer aus, die durch die Schatten, die sie warfen, sowieso eher ein Hindernis als eine Hilfe waren, wenn es darum ging, festzustellen, in welcher Richtung denn eigentlich die Straße in diesem unter Wasser stehenden Feld führte, durch das wir uns mühsam einen Weg bahnten. Häuser sahen wir keine, bloß ein paar Steinhütten am Fuß einer der Stufen. Dann fuhren wir eine Weile durch ebenes Land, und eine Herde abgemagerter Bergschafe stob erschreckt auseinander.
    Bis jetzt hatten wir das Objekt unserer Verfolgung noch nicht zu Gesicht bekommen, aber da die Beschaffenheit der Straße es unmöglich machte, weiter als 100 Meter zu sehen, konnten wir das auch nicht erwarten. Wir drehten die Scheinwerfer wieder an und fuhren etwa zwanzig Minuten lang gerade aus. Dann machte die Straße wieder einen scharfen Bogen nach oben und änderte nun Gott sei Dank ihre Beschaffenheit. Der Schlamm wich Steinen. Ohne Rücksicht auf die Federung beschleunigte Carruthers, und der Wagen machte tolle Sätze, als wir im ersten Gang die steile Straße hoch fuhren. Den Rücken gegen den Sitz, die Füße gegen den schrägen Boden gestemmt, klammerte ich mich verzweifelt fest, während wir uns aufwärts schraubten. Es gab schreckliche Kurven, die auf die falsche Seite geneigt waren, gegen senkrechte, zehn bis zwanzig Meter hohe Wände. Carruthers fuhr fabelhaft, und mit einer einzigen Ausnahme, wo er zweimal ansetzen mußte, um eine ganz besonders lebensgefährliche Kurve zu nehmen, wurden wir nicht aufgehalten. Der Kühler kochte, lange bevor wir den höchsten Punkt der Straße erreicht hatten, aber endlich waren wir oben. Wir befanden uns mitten in einer langen abwärts führenden Geraden, als wir den Mercedes sahen. Wir waren jetzt etwas mehr als eine Stunde gefahren.
    Vorne, mitten in der dunklen Masse der Hügel, die sich leicht von der blauschwarzen Morgendämmerung abhoben, sahen wir einen Lichtpunkt. Er bewegte sich langsam schräg einen Hügel hinauf, und ich nahm an, daß der Mercedes auf einer ebensolchen Serpentine, wie wir sie eben gemeistert hatten, bergan fuhr. Carruthers nickte, als ich das
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