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Der Duft von Orangen (German Edition)

Der Duft von Orangen (German Edition)

Titel: Der Duft von Orangen (German Edition)
Autoren: Megan Hart
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miteinander schliefen. An ihre Forderungen nach Geld, ihr mangelndes Gespür für die Privatsphäre anderer Leute. Das musste für sie lange, lange her sein.
    „Sie mir auch“, erwiderte ich.
    Das schien sie zu befriedigen. Sie strich sich über ihr Haar undihr Kleid. Die Zigarette hielt sie zwischen zwei Fingern, während sie mit der anderen Hand ihren Ellbogen umfasste.
    „Nur eines dieser Gesichter, schätze ich“, sagte sie. „Ihres, meine ich. Sie hingegen haben mich offensichtlich auf einem von Johnnys Bildern gesehen.“
    Sie hatte einen anderen Akzent als in den Episoden. Entweder hatte sie bewusste Anstrengungen unternommen, ihre Sprache zu verändern, oder ich war einfach verrückt und ihr wirklich noch nie zuvor begegnet. Sie wirkte allerdings noch genauso selbstgefällig wie damals.
    „Ach, Sie waren mit ihm zusammen auf Fotos?“, fragte ich unschuldig.
    Natürlich wusste ich das. Es gab mehrere berühmte Bilder, auf denen die beiden nackt über Blumenwiesen tollten, Kränze aus Gänseblümchen in den langen Haaren. Ich wollte einfach nur ein wenig zickig sein.
    Sandys Lächeln verriet mir, dass sie das merkte. Vielleicht sogar respektierte. „Ja, aber das ist schon sehr lange her.“
    „Ja“, sagte ich. „Das stimmt.“
    Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich auf dem Absatz um und ließ mich einfach stehen. Es machte mir nichts aus. Je weniger ich von Sandy zu sehen bekam, desto besser.
    Ich schaute mir den Rest von Jens Bildern an, dann die anderen ausgestellten Werke. Ich musste mich nicht mit Kunst auskennen, um ihre besser zu finden. Die anderen waren auch gut, aber Jens Bilder hatten etwas Besonderes. Ich bewunderte sie und versuchte parallel, unauffällig zuzuhören, was die anderen Gäste sagten. Alles war gut, und ich wusste, das würde sie freuen.
    Ich wollte gerade in den Hauptraum zurückkehren, um ihr die freudigen Neuigkeiten zu überbringen, da weckte etwas meine Aufmerksamkeit. An der rückwärtigen Wand, etwas von dem Rest der Werke getrennt, war etwas ausgestellt, das ich noch nie zuvor gesehen hatte und doch auf den ersten Blick erkannte. Die Menge teilte sich, und ich trat vor.
    Leere Räume .
    Das Werk, mit dem Johnny zum ersten Mal als Künstler anerkanntworden war. Kein einzelnes Bild, sondern eine Reihe von Zeichnungen und Bildern, alle mit dem gleichen Objekt in leicht unterschiedlichen Posen. Das Berühmteste und Größte, das in der Mitte hing, hatte ich schon auf Tausenden Bildern unterschiedlicher Qualität im Internet gesehen.
    Eine Frau, ihren Kopf so gedreht, dass ihr die Haare über Gesicht und Schulter fallen. Sie trägt ein gelbes Sommerkleid und steht im grünen Gras. Eine Hand hat sie ausgestreckt. Im Hintergrund eine Andeutung von Wasser, von der ich immer gedacht habe, es handle sich um einen Fluss oder einen See, vielleicht sogar das Meer. Doch in dieser Version erkannte ich, dass es ein Swimmingpool war.
    Die anderen Bilder waren kleiner, einige kaum mehr als Bleistiftskizzen, die durch die Rahmung allerdings eindrucksvoll wirkten. In einigen von ihnen erkannte ich den Fortschritt, vom ersten Bleistiftstrich bis zum finalen Bild. Fasziniert schaute ich sie mir alle an, verstand zum ersten Mal den Unterschied zwischen einem Bild und einem Kunstwerk.
    Die Frau hatte nicht immer die gleiche Pose inne. Auf einigen Zeichnungen hatte sie ihren Kopf komplett abgewandt. In anderen hingen ihre Hände locker herunter. Manchmal sah es aus, als hätte ein Windhauch den Saum ihres Kleides zerzaust.
    Ich rieche keine Orangen. Die Welt schwankt nicht. Ich blinzele nicht einmal. In der einen Minute stehe ich vor Johnnys berühmtesten Zeichnungen, und in der nächsten bin ich in einer dunklen Küche, in der es nach Alkohol und Pot riecht, und starre auf einen leeren Stuhl und einen überquellenden Aschenbecher.
    „Nein“, flüstere ich.
    Der Kalender zeigt den August 1978 an. Ich rieche immer noch Schweiß und Alkohol. Eds Notizbuch liegt auf dem Tisch, doch er ist fort. Die Partygeräusche von draußen werden lauter, schriller.
    Ich verlasse die Küche und gehe in den Garten. Menschen sprechen mit mir, und ich ignoriere sie. Ich kenne das Datum auf dem Kalender. Ich kenne diesen Ort und weiß, was passieren wird.
    Ich finde ihn auf der anderen Seite des Swimmingpools. Er sitzt im Schatten auf dem Gras.
    „Da bist du ja“, sagt Johnny. „Ich habe schon nach dir gesucht.“
    „Johnny.“
    „Ja?“ Er zieht mich näher an sich heran, und ich lasse mich von ihm
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