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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes
Autoren: Ulrike Schweikert
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ein paar der unglaublich süßen Gebäckteile leisten?
    „Ach was, die Nervennahrung kann ich sicher gebrauchen!", murmelte sie und betrat das Persische Haus.
    Maßhalten ist nicht deine Stärke, erklang die erzieherische Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf, als sie sich abmühte, die mit „Schnoopkrom"- wie Sönke sagen würde -prall gefüllte Papiertüte bei ihren anderen Einkäufen zu verstauen.
    „Tschüss dann, und einen schönen Abend", rief sie der Verkäuferin zu, doch die hatte sich bereits dem schwarz gekleideten Mann zugewandt, der sich hinter Sabine in die Reihe gestellt hatte. Dass der Mann mit dem schulterlangen schwarzen Haar, ohne etwas zu kaufen, hinter ihr den Laden wieder verließ, bemerkte sie nicht.
    Sabine Berner strebte einem weiß verputzten Haus aus der Gründerzeit zu. In der zurückgesetzten Eingangstür, zwischen dem kleinen Restaurant O'Porte und dem Kleiderladen für Krankenhausangestellte, zögerte sie.
    Ich muss Jens wenigstens einen Wein anbieten, dachte sie, drehte sich um und sah unvermittelt in das blasse, glatt rasierte Gesicht eines Fremden. Sie sah schwarze Augenbrauen und lange, dunkle Wimpern auf blasser Haut, doch noch ehe sie sich von ihrem Schreck erholt hatte und ihn bitten konnte, sie vorbeizulassen, war er verschwunden, einfach weg, wie vom Erdboden verschluckt. Stirnrunzelnd überquerte die Kommissarin die Straße, ohne auf das wütende Hupen eines leicht verbeulten Golfs mit verdunkelter Heckscheibe zu achten.
    „Ich habe ihn schon einmal gesehen", murmelte die Kommissarin vor sich hin, als sie das Weindepot schräg gegenüber betrat. „Es ist noch nicht lange her, ich weiß es, und doch will mir nicht einfallen, wann und wo." Grübelnd zog sie die Stirn in Falten, während sie einen Picpoul de Pinet, eine Flasche Chianti und zwei Flaschen Prosecco in den Korb packte.
    Die Speicherstadt!, durchfuhr es sie plötzlich, als sie der zierlichen Kassiererin einen Hunderter in die Hand drückte. Konnte das der merkwürdige Kerl vom Pickhuben gewesen sein? Warum konnte sie sich nur nicht mehr an sein Gesicht erinnern?
    Ein Schatten strich am Schaufenster vorbei. Sabine spürte, wie es kalt in ihrem Nacken prickelte. Rasch trat sie einen Schritt vor und starrte auf die belebte Straße hinaus. Das Licht der Leuchtreklamen und Straßenlaternen schien auf nass glänzende Autos. Passanten schoben sich über den Gehweg, manche mit eiligem Schritt auf dem Heimweg, andere, unter bunten Regenschirmen, langsam an den Schaufenstern entlangbummelnd, doch kein finsterer Typ war zu sehen.
    „Signora, Sie bekommen noch Geld zurück!"
    „Ach ja, danke."
    Ein wenig verwirrt trat Sabine auf die Straße hinaus. Sie ließ den Blick noch einmal nach rechts und nach links schweifen, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken.
    Frau Kommissarin, Sie sind zu misstrauisch, rügte sie ihren kriminalistischen Instinkt. Wahrscheinlich bin ich einfach überlastet!
    Mit diesem Gedanken überquerte sie die Lange Reihe, schloss die Haustür auf und schleppte dann ihre Tüten zwei Treppen hoch. Sie sah nicht, wie der bleiche, schwarzhaarige Mann nur wenige Augenblicke später aus dem düsteren Durchgang trat, der in den Hinterhof und zu den Häusern an der Koppel führte. Reglos stand er einige Minuten vor der geschlossenen Haustür. Der Regen rann ihm über das Gesicht und tropfte in seinen Kragen, doch er stand nur da, die Augen geschlossen, und sog ihren Duft ein, bis der Regen auch den letzten Hauch davon weggespült hatte.
    Peter von Borgo strich durch die nass glänzenden Straßen von St. Georg. Vor den warm erleuchteten Kneipen mit den Regenbogenfähnchen trafen sich junge Männer, umarmten sich herzlich zur Begrüßung oder küssten sich zärtlich auf den Mund. In der Bremer Reihe und am Steindamm suchten die Frauen ihre Stammplätze am Straßenrand oder an den Eingängen zu den zahlreichen Stundenhotels auf. Vorn am Steindamm standen junge, schlanke Frauen aus Polen und den ehemaligen Sowjetprovinzen, in der Bremer Reihe eine Handvoll deutscher Frauen in knallbunten Anoraks, kurzen Röcken oder Hosen und Stiefeln. Den meisten stand das harte Leben deutlich ins Gesicht geschrieben. Weiter unten, in der Brennerstraße, boten sich Mädchen aus Lateinamerika an. Der Hansaplatz gehörte den Junkies und Crackfrauen, die, je nach Zustand, für zehn Euro -den Preis eines Cracksteines- zu so manchem bereit waren.
    Mit großen Schritten überquerte der Vampir den baumumgrenzten Platz mit dem
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