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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen
Autoren: Jutta Ahrens
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Blick schien in Regenschleier zu starren.
    Joachim rührte geräuschvoll seinen Kaffee um. Er nahm gewöhnlich drei Stück Zucker. »Es tut mir leid. Monika hatte einmal wieder das Gefühl, unsere Ehe retten zu müssen. Sie will einfach nicht wahrhaben, dass es keine Liebesheirat gewesen ist – jedenfalls nicht von meiner Seite.«
    Kirch stellte seine Tasse geräuschvoll auf dem Schreibtisch ab. »Das weiß ich. Das ändert aber nichts daran, dass sie deine Zeit in Anspruch nimmt, kostbare Zeit, Joachim, die mir gehören sollte.«
    »Ja.« Joachim seufzte. Nun wurde doch noch eine Szene daraus. »Du weißt aber auch, Alexander, dass eine Scheidung nicht infrage kommt. Die kann ich mir einfach nicht leisten.« Damit hatte Joachim recht, denn Monika hatte bei ihrer Hochzeit auf Gütertrennung bestanden. Nein, darauf bestanden hatte eigentlich ihr Vater.
    Monika Sievers, ein rundliches und etwas hausbacken wirkendes Mädchen, war viel zu verliebt gewesen, um an schnöden Mammon zu denken. Im Grunde genommen hatte sie daran noch nie gedacht, denn davon hatte sie im Leben stets genug besessen. Ihr Vater war Inhaber eines expandierenden Exportunternehmens für Küchenmaschinen mit über dreihundert Angestellten, eine Tatsache, die Monika für Joachim über die Maßen attraktiv gemacht hatte. Auf diese besondere Schönheit wiederum hatte ihn seine Mutter aufmerksam gemacht: Gräfin Luise von Stein, die den Herrn Fabrikbesitzer Sievers auf einer Veranstaltung Heimatvertriebener kennen und schätzen gelernt hatte. Es verband sie so viel, besonders die Liebe zur alten Heimat, deren Verlust besonders schmerzte, weil aller Herrenbesitz an die Unterschicht verloren gegangen war. Herr Sievers hatte Glück gehabt und war entschädigt worden. Die lukrative Hochzeit ihres Sohnes hatte Frau von Stein entschädigt.
    »Weißt du, ich will nicht unter den Brücken schlafen müssen«, fügte Joachim ernsthaft hinzu.
    Alexander lächelte anzüglich. »Du willst sagen, du kannst nicht auf deine Armani-Anzüge verzichten.«
    »Und du trägst Designerkrawatten von Warhol«, kam es schnippisch zurück. »Jedenfalls sehen sie danach aus.«
    Alexander Kirch zuckte zusammen. Nebenan war etwas heruntergefallen.
    »Du bist nervös«, stellte Joachim fest.
    »Die Lorenzen schnüffelt.«
    »Nein, die hat Angst vor dir.«
    Alexander räusperte sich und trat wieder ans Fenster. »Und wie glaubst du, soll es weitergehen?«
    Joachim wischte sich, obwohl Alexander nicht hinguckte, die Strähne aus der Stirn, reine Gewohnheit. »Wie bisher, fürchte ich, oder soll ich Monika Strychnin in den Kaffee tun?«
    »Rede keinen Unsinn!« Alexander wuchtete seinen muskulösen Körper wieder in den Ledersessel. Seine schwarzen Augen, die Inge Lorenzen immer einen Schauer über den Rücken jagten, waren verhangen. Hinter der Maske des korrekten Geschäftsmannes verbarg sich etwas Fremdartiges, das eingesperrt war in seinen grauen Anzügen wie ein Tier im Käfig. »Ich möchte den ganzen Laden hier hinschmeißen, weißt du das? Madagaskar oder Tasmanien, egal! Hauptsache, weit weg von der Lorenzen und deiner Monika.«
    Joachim nickte. Alexanders Sehnsüchte waren ihm bekannt, er teilte sie, aber sie waren für beide unerreichbar. Deshalb ging Joachim über Alexanders gelegentliche Ausbrüche gern scherzhaft hinweg. »Ich bin für Südamerika«, erwiderte er versonnen. »Rio – wir beide in Rio, das zergeht auf der Zunge.«
    Frau Lorenzen flötete aus der Sprechanlage: »Herr Kirch, die Herren aus Brüssel.«
    Unwillkürlich drückte Alexander das Kreuz durch und wischte sich ein Stäubchen vom Jackett. Dann neigte er sich über den schwarzen Kasten. »Danke. Bitten Sie die Herren ins Konferenzzimmer, Frau Lorenzen.« Er erhob sich und warf Joachim einen geschäftsmäßigen Blick zu. »Die Europäische Strahlenschutzkommission. Nun wollen sie doch einen Deutschen dabei haben. Ich dachte es mir. Morgan und seine Clique haben sich diesmal nicht durchsetzen können. Hoffentlich ist Krüger vom Bundesamt für Strahlenschutz nicht dabei. Kennst du Krüger?«
    »Professor Dr. Krüger? Die Kapazität auf dem Gebiet der Strahlenresonanzmessung? Oder war es die Molekularakustik?«
    Alexander winkte ab. »Ein Giftgrüner! Atomkraftgegner, natürlich nicht nach außen.«
    »Und was bedeutet das für uns?« Joachim stand ebenfalls auf und stellte überflüssigerweise die Tassen zusammen.
    »Für dich könnte das eine Reise nach Russland bedeuten, Joachim, würde dir das
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