Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
es, Herr Tschao.«
    »Das ist zu einfach.«
    »Was soll getan werden?«
    »Ich will herausfinden, ob es tatsächlich möglich ist, gegen die ›Tränen der Sterne‹ den ›Tau des Lebens‹ zu setzen. Ich möchte erfahren, ob Dr. Merker ein Genie ist.«
    »Ein gefährliches Wagnis, dieses Abwarten, Herr Tschao …«, rief einer aus der Runde kühn.
    »Es bringt hohen Lohn, Tu Ta-ma!«
    »Und wenn Dr. Merker den ›Tau des Lebens‹ entdeckt?«
    »Dann wissen wir, daß so etwas möglich ist und werden in Zukunft sehr nüchtern denken.«
    »Kann man diesen langen Weg nicht abkürzen, indem man den Deutschen erst gar nicht forschen läßt?«
    »Und ein anderer, Unbekannter, kommt dann aus irgendeiner Ecke der Erde mit dem gleichen Ergebnis – was dann? Hier haben wir die Forschung unter Kontrolle. Hier sehen wir ihre Fortschritte. Hier haben wir die Möglichkeit, Gegenzüge zu planen. Hier lernen wir erkennen, ob wir angreifbar sind oder nicht. Einen geheimen Feind vernichten – das wäre nur der Triumph der Primitiven … aber von ihm zu lernen, in ihn hineinzukriechen, ihn auszusaugen, bis er blutleer ist, sein Können und Wissen aufzufressen – das gehört zur Kunst, die Menschheit zu beherrschen. Was haben Kriege bisher genützt? Nichts! Die Menschen sind von Krieg zu Krieg dümmer geworden, sie haben daraus nur das eine entnommen: wie man in Zukunft sich noch gründlicher umbringen könnte! Sie haben Milliarden durch die Luft und auf den Gegner geschossen, und sie geben Milliarden jedes Jahr aus, um es einmal besser machen zu können als die anderen. Wir können es billiger haben mit den ›Tränen der Sterne‹. Noch sind wir erst im Forschungsstadium und haben doch schon einen ernsthaften Gegner. Ihn zu vernichten, wäre für uns das Dümmste. Ihn zu benutzen, wäre der größte Erfolg.«
    »Dr. Merker wird nie käuflich sein!« sagte ein anderer aus der Runde. »So, wie Sie ihn beschreiben, Herr Tschao.«
    »Es gibt andere Werte als Dollars.«
    »Wir beugen uns Ihrer Weisheit, Herr Tschao …«, sagte der Mann, der Tu Ta-ma genannt wurde, was soviel wie Großes Pferd heißt. »Was sollen wir tun?«
    »Nichts!« Herr Tschao schien die Verblüffung der Versammelten kurz zu genießen. »Mein Anliegen war es, Sie alle von der Entwicklung zu unterrichten. Herr Dr. Merker ist ab sofort nie mehr allein. Eines meiner Augen ist immer neben ihm. Eines meiner Ohren hört seine Worte. Ich rufe Sie wieder zusammen, wenn ich Sie für bestimmte Aufgaben brauche. – Ihr Abend sei mild und der Seele wohlgefällig …«
    »Noch eine Frage!« sagte Tu Ta-ma schnell, bevor der Lautsprecher mit einem Knacken ausgeschaltet würde und die Zusammenkunft damit beendet war. Das war ungewöhnlich. Man stellte Herrn Tschao keine Fragen, wenn er nicht dazu aufforderte.
    »Was wünschen Sie, Tu Ta-ma?« Die Stimme des Herrn Tschao klang sanft und gnädig.
    »Ich denke an die Möglichkeit und mache mir Sorgen, daß er Mei Ling vielleicht rettet …«
    »Er ist ein Genie, vielleicht – aber kein Gott. Und selbst ein Gott könnte hier nicht mehr helfen.«
    »Es bleibt eine gewisse Unruhe, Herr Tschao.«
    »Unruhe oder Angst?«
    Herr Tu Ta-ma wußte genau, wohin diese Frage zielte. Wer Furcht hat, gefährdet die Gemeinschaft. Ein Ängstlicher ist ein bereits zerbrochenes Kettenglied. Man wechselt es aus.
    »Ich habe nie Angst gekannt!« sagte Tu Ta-ma laut und fest. »Sie wissen das, Herr Tschao.«
    Statt einer Bestätigung knackte es irgendwo. Der Lautsprecher war tot.
    Einzeln verließen die Teilnehmer des Geheimtreffens den Lagerschuppen und gingen in verschiedenen Richtungen davon. Auch Herr Tu Ta-ma verließ die Versammlung und eilte durch die Nacht der Dyer Avenue zu, wo er seinen Wagen geparkt hatte. Die Sache mit dem deutschen Arzt Dr. Merker gefiel ihm gar nicht, vor allem aber war er verstört über die Ansicht von Herrn Tschao, man könne diesen ausgemachten Feind so lange still benutzen, bis man dessen Erfolge übernehmen könnte. Das war ein so gefährliches Spiel, daß Tu Ta-ma ein Jucken im Nacken spürte.
    In Höhe der jetzt einsamen, schlafenden Lagerhallen an der Ladestraße des Südbeckens stoppte ihn ein Ruck. Wie aus dem Nichts war ihm von hinten eine Nylonschnur um den Hals geschlungen worden, und sofort zog man sie zu. Tu Ta-ma war gerade noch fähig, laut zu röcheln: »Ich habe doch keine Angst, Herr Tschao …«, dann weiteten sich seine Augen, die Luft blieb weg, das Nylonseil schnitt in seinen Hals, er schlug
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher