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Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)

Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)

Titel: Der dritte Kontinent (Artesian 3) (German Edition)
Autoren: Peter Merten
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Erstens, wo, um alles in der Welt, lag dieses Labyrinth? Und zweitens, wie konnte er entkommen?
    Die Beantwortung der ersten Frage würde ihm eine klare Vorstellung davon vermitteln, was ihn draußen erwartete. Er rechnete mit Schwierigkeiten. Die Beantwortung der zweiten Frage würde seine Situation augenblicklich verbessern und seine Laune heben.
    Labyrinthe waren beliebt, vor allem bei jenen, die es sich leisten konnten, eine Anlage zu errichten, die keinem anderen Zweck als der Belustigung und der Reputation diente. Es existierte eine goldene Regel, die bei der Schlüsselübergabe mitgeliefert wurde (weil tote Eigentümer in den Gängen ihrer eigenen Labyrinthe schlecht fürs Labyrinthbaugeschäft waren). Bei strikter Anwendung dieser Regel fand man früher oder später zweifelsfrei zum Ausgang. Nun musste er sich nur noch an den Wortlaut der Regel erinnern.
    Nach einigen Hundert Schritten bemerkte Hockster Helligkeit. War das der lang gesuchte Ausgang? Er stolperte auf das Licht zu und wurde von einer massiven Glastür gestoppt. Er untersuchte die Tür. Sie besaß weder Klinke noch Griff und ließ sich auch sonst nicht öffnen. Hockster schaute verzweifelt durch das milchige Glas und fühlte sein letztes bisschen Kraft vergehen wie Tageslicht in der Dämmerung. Auf der anderen Seite erstreckte sich derselbe Gang, in dem er stand, und verlor sich im Nirgendwo. Er klopfte gegen das Glas, fuhr mit offenen Händen und geschlossenen Augen die Ränder entlang und untersuchte schließlich auch die Wände zu beiden Seiten davor. Es gab keinen offenen oder versteckten Hebel, keinen Mechanismus, zumindest nichts, was man mit den Händen ertasten konnte. Die Tür blieb fest verschlossen, der Weg war hier versperrt.
    Aus den Tiefen seines müden Geistes tauchte eine Erinnerung auf. Er hatte vor gar nicht allzu langer Zeit schon einmal vor einer Tür wie dieser gestanden. Wann war das gewesen? Und wo? In den unterirdischen Anlagen der Traumfeste Trenadil. Jetzt fiel es ihm wieder ein.
    Die Festung Trenadil, einst Sitz des Königs von Heetland, barg ein seltsames Geheimnis. Wer die Energien der Welt zu lenken imstande war, der konnte auch das jenseitige Trenadil betreten, die Traumfeste. Und genau das hatte Hockster viele Male getan. Anfangs um dem Willen der drei Weisen zu gehorchen, später, weil er die Traumwelt viele Tage lang nicht mehr verlassen konnte.
    Auf seinen Wanderungen durch die Tiefen der Festung war er damals auf eine Glastür wie diese hier gestoßen und wie die Tür vor ihm war auch jene Glastür in der Traumfeste Trenadil verschlossen gewesen. Damals hatte er das Rätsel ihrer Existenz nicht lösen können und nun schien es, dass er zwar auf der anderen Seite derselben Tür stand, aber weder wusste, weshalb sie da war, noch wie man sie öffnete. Nicht nur, dass sie völlig fehl am Platze wirkte, sie stand darüber hinaus für ein Geheimnis, das ihm förmlich ins Gesicht brüllte: Löse mich!
    Hockster hatte ein Problem. Wenn er ehrlich war, hatte er einige Probleme, die ihm das Leben besonders in der Begegnung mit anderen schwer machten. Da war zum einen seine Wut, die ihn begleitete wie ein ungeliebter Schatten und immer im falschen Moment nach vorne sprang und zum anderen seine Abhängigkeit vom Apfelsirup, dessen schwere Süße seine Stimmung aufhellte, wenn er damit seine Speisen würzte, aber ihm auch die Laune verhageln konnte, wenn er darauf verzichten musste so wie jetzt.
    Wirklich schwierig wurde es aber erst, wenn sein unbändiges Interesse, das er allem und jedem entgegenbrachte, sich auf eine einzelne Sache ausrichtete, kurz, wenn man ihm ein Rätsel vorsetzte. So wie diese Tür.
    Er glaubte jedes Mal aufs Neue, dass sich hinter diesem oder jenem Rätsel ein allerletzter, alles erklärender Schluss verbarg, und machte sich daran, es zu lösen. Menschen, die ihn kannten, meinten, es wäre eher nervtötende Neugier, die ihn umtrieb, andere behaupteten, dass er Anstand und gute Manieren hinter sich lassen konnte, wenn er sich erst einmal in ein Rätsel verbissen hatte. Madigan hatte ihm dasselbe einmal gesagt, aber da waren beide kurz davor gewesen, sich ineinander zu verlieben und so war ihre Zurechtweisung eher mir dem Staunen über sein Verhalten, als mit Ablehnung oder dem Wunsch einer Konfrontation verbunden gewesen.
    Er betrachtete die Glastür ein letztes Mal und kam zu dem Schluss, dass es hier nichts mehr zu tun gab. Er drehte wieder um und machte sich auf den langen Weg zurück, erreichte
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