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Der dritte Berg

Titel: Der dritte Berg
Autoren: J. F. Dam
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Stöcke. Wir besehen uns das Ding von außen. Das Dach ist mit Stroh und Schindeln abgedeckt, auf denen lange, dünne Äste und größere Steine liegen. Geeignet sogar zum Überwintern und während der Monsunzeit.
    Obwohl die Dämmerung bald einsetzen wird, gehen wir noch ein Stück den Fluss hinauf. Wir finden zwei Hütten der gleichen Bauart und Ausstattung, die etwas kleiner sind. Der Fluss ist hier hinten nur noch ein kleiner Bach. Ein erster grimmiger Luftzug fällt nun von den Gletschern weiter oben in unsere Talschneise herein.
    Â»Bernard«, sagt Sophia unvermittelt. »Da. Schau mal.«
    Sie klettert ein paar Meter den Hang hoch. Für ihr Herbarium pflückt sie dort eine Blüte samt Blättern und Stengel.
    Die Pflanze hat gelbgrüne, fettig schimmernde Blätter. Ein Sukkulentengewächs, doch anders als jene, die auf alten Dächern wachsen. Die Blüte ist gelbrot, beinahe goldenrot. Die Blütenblätter sind klein, elliptisch, und der Blütenstand massiv, ähnlich wie bei einem Lotus. Eine solche Pflanze habe ich noch niemals gesehen.
    Nahe dem Deodarbaum setzen wir uns auf einen Stein. Ich muss nachdenken. Ich schließe meine Augen. Ich muss jetzt wirklich nachdenken. Das Tal soll zu mir sprechen.
    Denn ich weiß nicht, was Christian hier will.
    Und es dauert bloß ein paar Minuten, bis ich den Wahnsinn begreife. (Dazu die Gier, die Irrfahrt, den absoluten, alten Willen.)
    Â 
    Der Rückweg bringt – ein kleiner Abstecher nach rechts ist dafür nötig – die erwartete Erklärung des feuchtwarmen Mikroklimas. Die in Dasguptas Bericht erwähnte heiße Quelle. Die Quelle bildet einen sechs Meter breiten Pool aus klarem Wasser mit leicht schwefeligem Geruch. Wir beschließen, am nächsten Tag zum Baden hierher zurückzukommen.
    Â 
    Wache unweit des Lagers, Mitternacht. Es ist meine Schicht. Ich setze mich unter eine Schierlingstanne. Trotz dichter Wolken regnet es nicht. Nach einer halben Stunde bemerke ich vor mir einen glühenden Punkt. Er ist von einem Schatten eingerahmt. Und wenn der Punkt aufglüht, ist dahinter ein kleiner, dunkelroter Teil eines Gesichts zu erkennen. Bevor ich eine Frage formulieren kann, spricht der Schatten hinter dem roten Punkt.
    Â»Wieso schiebt ihr Wache?«
    Ich kenne diese Stimme. Ich kenne sie seit über zehn Jahren.
    Â»Und warum kommst du zurück?«
    Â»Wir sind weg, als wir euch gesehen haben.«
    Â»Was geht hier ab?«
    Â»Kapierst du denn nicht, Bernard? Warst nicht du es, der in meinen Unterlagen gestöbert hat? Mukherjee hat erzählt, du seist in seinem Haus gewesen.«
    Der rote Punkt glüht auf, dann torkelt er in einer langen Bewegung in das nasse Unterholz. Christian weiß, was ich soeben denke.
    Â»Tut mir leid, die Polizeizelle, meine ich«, sagt er. »War Mukherjees Idee. Du hättest unsere Vorbereitungen stören können. Aber denk mal nach. Die Geschichte ernstzunehmender Kultur ist wie alt? Siebentausend Jahre? Sechstausend Jahre? Und jetzt sind wir drauf und dran …«
    Â»Was ist mit Dasgupta?« Ich unterbreche Christian, ich will das nicht hören. Aber Maggie erwähne ich nicht. Ich habe Angst vor der Antwort.
    Eine nervöse Pause.
    Â»Was soll das? Ich habe damit nichts zu tun, weiß der Kuckuck, was … Man glaubt ja nicht, was man findet, wenn man sich Mühe gibt und ein paar vorgefasste Gedanken beiseitelässt.«
    Â»Dasgupta, habe ich recht?«
    Â»Dasgupta war hier. Er ist dabei auf einen Mann getroffen, von dem schon ein Sanskrit-Kommentar zum neunten Buch des Rigveda spricht. Und zwar im Zusammenhang mit Soma. Du weißt, wovon ich spreche? Der Kommentar stammt mit Sicherheit aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Stell dir vor! Jetzt brauchen wir nur noch Soma selber. Der Einsiedler, wir nennen ihn bloß den Informanten , muss uns zu den Fundstellen von Soma führen.«
    Â»Hirngespinste«, sage ich. Doch in Wahrheit denke ich viel Schlimmeres.
    Â»Ein paar Tage noch. Dann kannst du urteilen. Maettgen hat Gewebeproben analysiert, die Dasgupta damals, es war im Jahr 1979, mitgebracht hat. Hautschuppen, Haare, Blutreste.«
    Â»Deshalb brauchst du einen Zellbiologen.«
    Â»Siehst du, ich bin ein kluges Kerlchen. Ich werde das hinkriegen. Ich habe meine Methoden.«
    Â»Die Automatik.«
    Â»Eine Glock 17. Muss doch eine ganze Truppe von Leuten beschützen.«
    Wieder
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