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Der Doktor Faust (German Edition)

Der Doktor Faust (German Edition)

Titel: Der Doktor Faust (German Edition)
Autoren: Heinrich Heine
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lassen, daß ich es ganz dem Belieben Ihres Maschinisten überlasse, ob er den Faust nebst seinen höllischen Gesellen auf zwei Pferden oder beide in einen großen Zaubermantel gehüllt, durch die Lüfte reisen lassen will. Der Zaubermantel ist volkstümlicher.
    Die Hexen, die zum Sabbat fahren, müssen wir jedoch reiten lassen, gleichviel auf welchem Haushaltungsgeräte oder Untier. Die deutsche Hexe bedient sich gewöhnlich des Besenstiels, den sie mit derselben Zaubersalbe bestreicht, womit sie auch ihren eigenen nackten Leib vorher eingerieben hat. Kommt ihr höllischer Galan etwa in Person sie abzuholen, so sitzt er vorne und sie hinter ihm bei der Luftfahrt. Die französischen Hexen sagen: »Emen-Hetan, Emen-Hetan!« während sie sich einsalben. »Oben hinaus und nirgends an!« ist der Spruch der deutschen Besenreuterinnen, wenn sie zum Schornstein hinausfliegen. Sie wissen es so einzurichten, daß sie sich in den Lüften begegnen, und rottenweis zum Sabbat anlangen. Da die Hexen, ebenso wie die Feen, das christliche Glockengeläute aus tiefstem Herzen hassen, so pflegen sie auch wohl auf ihrem Fluge, wenn sie einem Kirchturm vorbeikommen, die Glocke mitzunehmen und dann in irgendeinen Sumpf hinabzuwerfen, mit fürchterlichem Gelächter. Auch diese Anklage kommt vor in den Hexenprozessen, und das französische Sprüchwort sagt mit Recht, daß man nur gleich die Flucht ergreifen solle, wenn man angeklagt sei, eine Glocke vom Kirchturm Notre-Dame gestohlen zu haben.
    Über den Schauplatz ihrer Versammlung, den die Hexen ihren Konvent, auch ihren Reichstag nennen, herrschen im Volksglauben sehr abweichende Ansichten. Doch nach übereinstimmenden Aussagen sehr vieler Hexen, die auf der Folter gewiß die Wahrheit bekannt, sowie auch nach den Autoritäten eines Remigius, eines Godelmanus, eines Wierus, eines Bodinus, und gar eines de Lancre, habe ich mich für eine mit Bäumen umpflanzte Bergkoppe entschieden, wie ich solches im dritten Akte meines Ballettes vorgezeichnet. In Deutschland soll der Hexenkonvent gewöhnlich auf dem Blocksberge, welcher den Mittelpunkt des Harzgebirges bildet, stattgefunden haben oder noch stattfinden. Aber es sind nicht bloß deutsche Nationalhexen, welche sich dort versammeln, sondern auch viele ausländische, und nicht bloß lebende, sondern auch längst verstorbene Sünderinnen, die im Grabe keine Ruhe haben und wie die Willis auch nach dem Tode von üppiger Tanzlust gepeinigt werden. Deshalb sehen wir beim Sabbat eine Mischung von Trachten aus allen Ländern und Zeitaltern. Vornehme Damen erscheinen meistens verlarvt, um ganz ungeniert zu sein. Die Hexenmeister, die in großer Menge sich hier einfinden, sind oft Leute, die im gewöhnlichen Leben den ehrbarsten, christlichsten Wandel erheucheln. Was die Teufel anbelangt, die als Liebhaber der Hexen fungieren, so sind sie von sehr verschiedenem Range, so daß eine alte Köchin oder Kuhmagd sich mit einem sehr untergeordneten armen Teufel begnügen muß, während vornehmere Patrizierfrauen und große Damen auch standesgemäß sich mit sehr gebildeten und feingeschwänzten Teufeln, mit den galantesten Junkern der Hölle, erlustigen können. Letztere tragen gewöhnlich die altspanisch-burgundische Hoftracht, doch entweder von ganz schwarzer oder gar zu schreiend heller Farbe, und auf ihrem Barette schwankt die unerläßliche blutrote Hahnenfeder. So wohlgestaltet und schön gekleidet diese Kavaliere beim ersten Anblick erscheinen, so ist es doch auffallend, daß ihnen immer ein gewisses »finished« fehlt, und sich bei näherer Betrachtung in ihrem ganzen Wesen eine Disharmonie verrät, welche Auge und Ohr beleidigt: sie sind entweder etwas zu mager oder etwas zu korpulent, ihr Gesicht ist entweder zu blaß oder zu rot, die Nase zu kurz oder ein bißchen zu lang, und dabei kommen manchmal Finger wie Vogelkrallen, wo nicht gar ein Pferdefuß, zum Vorschein. Nach Schwefel riechen sie nicht, wie die Liebhaber der armen Volksweiber, die sich, wie gesagt, mit allerlei ordinären Kobolden, mit Ofenheizern der Hölle, abgeben müssen. Aber gemein ist allen Teufeln eine fatale Infirmität, worüber die Hexen jedes Ranges in den gerichtlichen Verhandlungen Klage führten, nämlich die Eiskälte ihrer Umarmungen und Liebesergüsse.
    Luzifer, von Gottes Ungnaden König der Finsternis, präsidiert dem Hexenkonvente in Gestalt eines schwarzen Bocks mit einem schwarzen Menschengesichte und einem Lichte zwischen den zwei Hörnern. Inmitten des
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