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Der Doktor Faust (German Edition)

Der Doktor Faust (German Edition)

Titel: Der Doktor Faust (German Edition)
Autoren: Heinrich Heine
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Prätorius, welches 1668 zu Leipzig gedruckt ist und Nachrichten über den Blocksberg enthält, die merkwürdige Belehrung, daß oberwähnter Tanz vom Teufel erfunden worden; der ehrbare Autor sagt dabei ausdrücklich:
    »Von der neuen giallardischen Volta, einem welschen Tanze, wo man einander an schamigen Orten fasset und wie ein getriebener Topf herumhaspelt und wirbelt, und welcher durch die Zauberer aus Italien nach Frankreich ist gebracht worden, mag man auch wohl sagen, daß zu dem, daß solcher Wirbeltanz voller schändlicher untätiger Gebärden und unzüchtiger Bewegungen ist, er auch das Unglück auf sich trage, daß unzählig viel Morde und Mißgeburten daraus entstehen. Welches wahrlich bei einer wohlbestellten Polizei ist wahrzunehmen und aufs allerschärfste zu verbieten. Und dieweil die Stadt Genf fürnehmlich das Tanzen hasset, so hat der Satan eine junge Tochter von Genf gelehret, alle die tanzend und springend zu machen, die sie mit einer eisernen Gerte oder Rute, welche der Teufel ihr gegeben gehabt, möchte berühren. Auch hat sie der Richter gespottet, und gesagt, sie werden sie nicht mögen umbringen; hat deshalb der Übeltat nie keine Reue gehabt.«
    Sie sehen aus dieser Zitation, liebster Freund, erstens, was die Gaillarde ist, und zweitens, daß der Teufel die Tanzkunst aus dem Grunde fördert, um den Frommen ein Ärgernis zu geben. Daß er gar die fromme Stadt Genf, das calvinistische Jerusalem, mit seiner Zaubergerte zum Tanzen zwang, das war der Gipfel seiner Frevelhaftigkeit! Denken Sie sich alle diese kleinen Genfer Heiligen, alle diese gottesfürchtigen Uhrmacher, alle diese Auserwählten des Herrn, alle diese tugendhaften Erzieherinnen, diese steifen, eckigen Prediger- und Schulmeisterfiguren, welche auf einmal die Gaillarde zu tanzen beginnen! Die Geschichte muß wahr sein, denn ich erinnere mich sie auch in der »Daemonomania« des Bodinus gelesen zu haben, und ich hätte nicht übel Lust, sie zu einem Ballette zu bearbeiten, betitelt: das tanzende Genf!
    Der Teufel ist ein großer Tanzkünstler, wie Sie sehen, und es darf wahrlich niemanden wundern, wenn er in der Gestalt einer Tänzerin sich einem verehrungswerten Publiko präsentiert. Eine minder natürliche, aber sehr tiefsinnige Metamorphose ist es, daß sich, im älteren Faustbuche, der Mephistopheles in ein geflügeltes Roß verwandelt und auf seinem Rücken den Faust nach allen Ländern und Orten brachte, wohin dessen Sinn oder Sinnlichkeit begehrte. Der Geist hat hier nicht bloß die Geschwindigkeit des Gedankens, sondern auch die Macht der Poesie; er ist hier ganz eigentlich der Pegasus, der den Faust zu allen Herrlichkeiten und Genüssen dieser Erde hinträgt, in der kürzesten Frist. Er bringt ihn im Nu nach Konstantinopel und zwar direkt in den Harem des Großtürken, wo Faust unter den erstaunten Odalisken, die ihn für den Gott Mahomet hielten, sich göttlich ergötzt. Auch trägt er ihn nach Rom und hier direkt in den Vatikan, wo Faust, unsichtbar allen Augen, dem Papste seine besten Gerichte und Getränke vor der Nase wegstibitzt und sich selber zu Gemüte führt; manchmal lacht er laut auf, so daß der Papst, der sich im Zimmer allein glaubte, innerlich erschrak. Eine Animosität gegen Papsttum und katholische Kirche überhaupt tritt überall grell hervor in der Faustsage. In dieser Beziehung ist es auch charakteristisch, daß Faust, nach den ersten Beschwörungen, dem Mephistopheles ausdrücklich befiehlt, ihm hinfüro, wenn er ihn rufe, in der Kutte eines Franziskaners zu erscheinen. In dieser Mönchstracht zeigen ihn uns die alten Volksbücher (nicht die Puppenspiele), zumal, wenn er mit Faust über Religionsthemata disputiert. Hier weht der Atem der Reformationszeit.

Mephistopheles hat nicht bloß keine wirkliche Gestalt, sondern er ist auch unter keiner bestimmten Gestalt populär geworden, wie andere Helden der Volksbücher, z. B. wie Till Eulenspiegel, dieses personifizierte Gelächter in der derben Figur eines deutschen Handwerksburschen, oder gar wie der ewige Jude mit dem langen achtzehnhundertjährigen Barte, dessen weiße Haare an der Spitze wie verjüngt wieder schwarz geworden. Mephistopheles hat auch in den Büchern der Magie keine determinierte Bildung wie andere Geister, wie z. B. Aziabel, der immer als ein kleines Kind erscheint, oder wie der Teufel Marbuel, der sich ausdrücklich in der Gestalt eines zehnjährigen Knaben präsentiert.
    Ich kann nicht umhin, hier die Bemerkung einfließen zu
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