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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt
Autoren: Max Kruse
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stehend eine Rede: »Meine Freunde«, rief er, »zwar ist der Bann gebrochen, aber ihr seid noch nicht geheilt. Noch ist euer Körper geschwächt. Noch sitzt das Gift in euren Adern. Wenn die Wirkung des Heilmittels nachläßt, das ihr eben bekommen habt, beginnt der böse Kreislauf von neuem, wie der Schmerz wiederkehrt, wenn die Betäubung vergeht. Ihr könnt noch nicht nach Hause. Ich werde euch behandeln, hier auf der Insel. Wir werden Hütten bauen, menschenwürdige Unterkünfte. Dieses Zelt wird meine Praxis, ihr werdet Sport treiben, schwimmen und viel frisches Obst essen!«
    »Gut — sehr gut!« stimmte man ihm zu.
    Der Sultan aber war heimlich aufgestanden und hatte Miriam mit sich gezogen, hinaus.
    Hier standen sie allein unter dem Sternenhimmel, und der Mond hing märchenhaft über der Tiefe des Raumes.
    »Miriam«, fragte der Sultan. Seine Stimme klang männlich und klar, und doch lag ein Zittern in ihr. »Miriam — willst du meine Frau werden?«
    »Nichts könnte mich glücklicher machen!« antwortete sie leise.
    Da zog er sie an sich. Und viel Zeit verstrich, bis sie wieder sprechen konnten.

    Viel später gingen sie ins Zelt zurück. Dok hatte alle hier festgehalten, die nach ihnen suchten, sogar Wu. Nur Ka hatten sie vergessen. Er saß — die ganze Zeit — auf des Sultans Turban. Ach, er machte sich klein und rührte sich nicht, schloß Augen und Ohren, denn er schämte sich, daß er Zeuge einer Stunde geworden war, in der zwei Menschen ganz für sich allein sein sollten.
    Mit einem Arm um Miriams Schulter trat der Sultan mit ihr wieder ins Zelt und rief: »Nun ist dies doch für uns eine Glückliche Insel geworden: Wir werden heiraten! Dok, wie lange, du großer Arzt, glaubst du, müssen wir warten, bis Miriam wieder ganz gesund ist?«
    »Einige Monate, o Sultan!«
    »Gut! Während sie hier unter deiner Obhut bleibt, werde ich die alte Festung abreißen und an ihrer Stelle einen kleinen Palast bauen lassen. Dort oben wird in einem halben Jahr die Hochzeit gefeiert. Und in der Bucht soll eine Siedlung für Ferienreisende entstehen. So könnt ihr alle hier leben und arbeiten, und zu unserer Hochzeit seid ihr unsere Gäste.«
    »Hoch! Hurra!«
    »Bis dahin aber werde ich euch verlassen. Mich rufen wichtige Aufgaben. Ich muß dem Emir von Emirstan, Miriams Vater, die glückliche Nachricht bringen, ich muß Totokatapi von den Mühen der Regierungsgeschäfte befreien — vor allem werde ich nicht ruhen, bis ich weiß, was aus Löwe geworden ist. Lebt er, muß ich ihn finden. Dann soll er an unserer Freude teilnehmen. Ist er aber verunglückt, werde ich ihm ein Denkmal errichten und um ihn trauern, wie er es verdient.«
    Pips traten gleich wieder Tränen in die Augen. Es war wohl auch für ihr empfindsames Herz etwas viel an frohen Ereignissen und betrüblichen Gedanken.
    Aber sie nahm sich zusammen, putzte sich die Nase und fragte: »Wenn du in einem halben Jahr heiratest, Sultan, wie können wir dann deine Gäste sein? Dann haben wir doch keine Ferien!«
    Da lachte der Sultan: »Ich werde den Schulrat von Neulöwenburg handschriftlich mit Wappen und Siegel um Urlaub für euch bitten — und ich werde auch ihn zur Hochzeit einladen und den Bürgermeister und den Polizisten Poch — kurzum alle, die wir kennen und gern haben. Es wird ein großes Fest werden, und ich wette, nicht nur ihr, sondern alle Kinder von Neulöwenburg haben dann schulfrei. Verlaßt euch auf mich!«
    Das taten sie nur zu gerne. Und sie hätten sich schon jetzt schrecklich gefreut, wenn nur einer nicht gefehlt hätte, einer, den sie so liebten: Löwe.

Monate vergehen

    Dok brauchte sein Flugzeug. Am nächsten Morgen flog er deshalb mit dem Teppich nach Sultanien, um es sich zu holen. Am Strand der Glücklichen Insel war ein ebener Streifen Wiese, auf dem er starten und landen konnte.
    Der Sultan, Kim und Pips fuhren mit der Motorjacht des Sultans. Wu lag auf Pips Schoß — und Ka saß wie immer im Turban. Das Kamel blieb auf der Insel. Es hatte eine gründliche Kur bitter nötig. Es vermochte sich kaum auf den Beinen zu halten. Miriam wollte sich seiner besonders annehmen.
    Alle, die zurückblieben, winkten der kleinen Jacht nach, die über die Wellen hüpfte, bis sie ihren Blicken entschwunden war.
    In Sultanien hatte sich die Nachricht von des Sultans Rückkehr mit Windeseile verbreitet. Im Hafen flatterten Fahnen, und Totokatapi empfing die Heimkehrer — geschmückt mit dem Orden vom goldenen Pantoffel — an der Spitze der
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