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Der Diamant (German Edition)

Der Diamant (German Edition)

Titel: Der Diamant (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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während sie sich neben Frau von Gondreville setzte, lösten wieder alle Muskeln, die die Eifersucht in seinem Gesicht angespannt hatte. Dann aber erblickte er zwei Schritte von dem Diwan, auf dem Frau von Vaudremont Platz genommen hatte, Soulanges, der den Blick nicht verstanden zu haben schien, mit dem die junge Kokette ihm bedeutete, daß sie beide eine lächerliche Rolle spielten; und wieder zog der provenzalische Feuerkopf die schwarzen Augenbrauen zusammen, die seine blauen Augen beschatteten, strich mit Haltung über die Locken seines braunen Haares und beobachtete, ohne die Erregung, die sein Herz schlagen machte, zu verraten, das Benehmen der Gräfin und des Herrn von Soulanges, während er sich dabei mit seinem Nachbarn unterhielt. Er drückte dem Obristen, der die alte Bekanntschaft mit ihm wieder erneuert hatte, die Hand, hörte ihm jedoch zu, ohne seine Worte zu verstehen, so sehr war er innerlich beschäftigt. Soulanges warf ruhige Blicke auf die vierfache Reihe von Damen, die den riesengroßen Salon des Senators einrahmte, bewunderte ihren Diamanten und Rubinenschmuck, ihre goldenen Gehänge und geputzten Köpfe, deren Glanz das Feuer der Kerzen, das Kristall der Leuchter und die Vergoldungen fast verblassen ließ. – Die unbekümmerte Ruhe seines Nebenbuhlers ließ den Finanzsekretär die Haltung verlieren. Nicht imstande, die geheime Ungeduld, die ihn erfüllte, zu beherrschen, ging Martial auf Frau von Vaudremont zu, um sie zu begrüßen. Als Soulanges den Provenzalen erblickte, warf er ihm einen finsteren Blick zu und wandte dann ungezogen den Kopf zur Seite. Eine tiefe Stille herrschte im Saal, in dem die Neugier ihren Höhepunkt erreicht hatte. Alle diese vorgestreckten Köpfe zeigten die wunderlichsten Mienen; jeder fürchtete und erwartete einen jener Auftritte, die wohlerzogene Leute immer zu vermeiden suchen. – Auf einmal wurde das bleiche Antlitz des Grafen von Soulanges so rot wie seine roten Aufschläge, doch senkte sich sein Blick sogleich zu Boden, um die Ursache seiner Unruhe nicht erraten zu lassen. – Als er jene Unbekannte bescheiden am Fuße des Kandelabers erkannt halte, ging er mit traurigem Gesicht an dem jungen Sekretär vorbei und flüchtete sich in einen der Spielsäle. Martial und alle Anwesenden glaubten, Soulanges räume ihm offiziell das Feld, aus Furcht vor der lächerlichen Rolle, die verabschiedete Liebhaber immer spielen. Der Finanzsekretär hob stolz den Kopf und blickte auf die Unbekannte; und als er dann neben Frau von Vaudremont Platz genommen hatte, hörte er ihr so zerstreut zu, daß er die Worte, die die Kokette hinter ihrem Fächer zu ihm sprach, gar nicht verstand.
    »Martial, Sie täten mir einen Gefallen, wenn Sie heute abend den Ring, den Sie mir entrissen haben, nicht tragen würden. Ich habe meine Gründe dafür, die ich Ihnen auseinandersetzen werde, wenn wir uns zurückziehen ... Sie werden mich zur Fürstin von Wagram begleiten.«
    »Warum ließen Sie sich vom Obristen am Arm führen?« fragte der Baron.
    »Ich traf ihn in der Vorhalle,« erwiderte sie; »aber verlassen Sie mich jetzt, man beobachtet uns.«
    Martial trat wieder zu dem Kürassierobristen. Die kleine, blaue Dame war die gemeinsame Ursache der Unruhe, die den Kürassier, Soulanges, Martial und Frau von Vaudremont so verschieden erregte.
    Als die beiden Freunde, deren Unterhaltung mit einer Herausforderung geendigt halte, sich voneinander trennten, stürzte der Finanzsekretär auf Frau von Vaudremont zu und wußte ihr einen Platz in der glänzendsten Quadrille einzuräumen. Begünstigt durch eine Art Rausch, in den der Tanz jede Frau versetzt, und bei dem die Männer in ihrer eleganten Kleidung nicht weniger anziehend wirken als die Frauen, konnte sich Martial ungehindert dem Reiz hingeben, mit dem die Unbekannte ihn zu sich hinzog. War es ihm auch gelungen, die ersten Blicke, die er auf die Unbekannte warf, den lebhaften Augen der Gräfin zu verheimlichen, so wurde er doch bald auf frischer Tat ertappt. Und wenn eine erste Zerstreutheit noch entschuldbar blieb, so war sein beharrliches Schweigen auf die verführerischste aller Fragen, die eine Frau einem Mann stellen kann: »Lieben Sie mich heute abend?« nicht zu rechtfertigen. Je verträumter er wurde, desto dringlicher und gereizter wurde die Gräfin. Während Martial tanzte, ging der Obrist von Gruppe zu Gruppe, um Auskünfte über die junge Unbekannte einzuziehen. Nachdem er die Liebenswürdigkeit aller Anwesenden erschöpft
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