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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod - Folge 2: Folge 2 (German Edition)
Autoren: Bastian Sick
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Nachrichtentexten ist daher abzuraten.

Weltsprache Deutsch
    Deutschland exportiert nicht nur Autos, Bier und Kuckucksuhren, sondern auch Teile seiner Sprache. Im Bulgarischen kennt man das Wort »schteker«, im Russischen den »schlagbaum«, in der Ukraine »feijerwerk« und in Chile die »bierstube«. Deutsche Wörter sind über die ganze Welt verstreut.
    Nicht selten kommt es im Ausland zu denkwürdigen Begegnungen mit der deutschen Sprache. Damit sind hier nicht die eigenwilligen Kreationen gemeint, wie man sie auf Speisekarten in Urlaubsländern findet, so wie »Huhn besoffen mit Getränke« oder »Tintenfisch kochte mit Allen« oder »Bewegte Eier mit Schurken«. Gemeint sind deutsche Wörter, die von fremden Kulturen importiert, abgekupfert, geborgt oder, vornehmer ausgedrückt: entlehnt worden sind – weshalb sie auch Lehnwörter genannt werden. Davon gibt es mehr, als man denkt.
    Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) hat im letzten Jahr damit begonnen, deutsche Wörter in anderen Sprachen zu erfassen. In einer Pressemitteilung wandte sie sich an die Öffentlichkeit und rief dazu auf, deutsche Wörter, die in fremden Sprachen gebraucht werden, einzuschicken. Das Echo war überwältigend: In den folgenden Wochen und Monaten gingen insgesamt rund 7500 Vorschläge von 450 Teilnehmern aus aller Welt bei der GfdS ein. Einige schickten ein einzelnes Wort, das sie irgendwo aufgeschnappt hatten, andere sandten umfangreiche Listen ein, die sie über Jahre zusammengestellt und mit Beispielen gefüllt hatten.
    In der »Zwiebelfisch«-Kolumne »Deutsch als Amtssprache der USA« ging es bereits um deutsche Wörter, die ins Englische aufgenommen worden waren. Wenn man beim Betreten eines klimaanlagengekühlten Geschäfts in den USA plötzlich niesen muss, kann es passieren, dass einem ein freundliches »gesundheit!« zugerufen wird. Und während in den letzten Jahren immer mehr Deutsche Halloween feiern, findet in immer mehr amerikanischen Städten ein »oktoberfest« statt. Englisch ist vermutlich die Sprache mit den meisten deutschen Wörtern. Aber sie ist bei weitem nicht die einzige. Deutsche Wörter findet man fast überall, vom Nordkap bis zum Kap der Guten Hoffnung, vom Roten Platz bis zur Copacabana.
    Die Dänen benutzen den Ausdruck »salonfaehig«, in den Niederlanden kennt man das Wort »fingerspitzengefühl«, in Bulgarien das »zifferblatt« und im Koreanischen »autobahn«. Anmerkung Aus Somalia wurden die Wörter »shule« und »kaputi« gemeldet. In Russland kennt man deutschstämmige Wörter wie »butterbrot«, »durschlag« und »kompott«. Nicht zu vergessen den »riesenschnauzer« – Hundenamen rangieren auf der Liste der deutschen Exportwörter ganz oben. Mit den Hundenamen haben wir auch gleich die dazugehörigen Kommandos exportiert: »Platz!«, »Sitz!«, »Pass auf!«, »Hopp«, »Such!« und »Pfui« gibt es im Englischen und im Russischen.
    Ebenfalls weit verbreitet sind kulinarische Begriffe aus dem Deutschen. Die Russen und die Serben kennen das Wort »krumbeer«, gewissermaßen eine Weiterzüchtung der in Südhessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg beheimateten Grundbirne, einer regionalen Bezeichnung für die Kartoffel. Sowohl in Italien als auch in Chile gibt es »strudel«. Die Briten züchten »kohlrabi«, die Türken braten »snitzil«, und unsere beliebten Bratwürste sind als »bratwurst«, »wurstel« oder »wirstle« gleich von mehreren Sprachen übernommen worden. Ebenso »kuchen«, »pumpernickel«, »wiener« und »zwieback«. Am erfolgreichsten sind allerdings Metalle und Mineralien: »Nickel« und »Quarz« kommen nach Auskunft der Dudenredaktion in mindestens zehn verschiedenen Sprachen vor, »Gneis« und »Zink« noch in neun. Was nicht heißt, dass sie häufiger gebraucht würden als die »essbaren« Begriffe.
    Viele der deutschen Exportwörter lassen interessante Rückschlüsse auf die Wahrnehmung der deutschen Kultur durch andere Völker zu. Man importiert ja für gewöhnlich nur etwas, das man selbst nicht hat, und man importiert es von dem, der als Erster damit auf dem Markt war oder der am meisten davon zu bieten hat. So sind wir natürlich stolz darauf, dass das deutsche Wort »kindergarten« ein Welterfolg geworden ist. Nicht minder freuen wir uns über die wundervollen Wörter »wirtschaftswunder« und »wunderkind«. Auch auf den Exportschlager »autobahn« sind wir stolz, wobei wir die Entstehungszeit dieses Wortes gnädig ausblenden. Dass man in
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