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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
Autoren: Bastian Sick
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für
    »liebe Grüße«steht, dann müsste»fg« eigentlich für»freund-
    liche Grüße« stehen. Könnte man meinen. Seltsamerweise
    findet man die Abkürzung »fg« aber nie am Ende der Mail,
    sondern mittendrin. Doch seit wann verabschiedet man sich
    mitten im Satz? Die Abkürzung »fg«, oftmals zwischen
    Sternchen gesetzt (*fg*), steht für »freches Grinsen«, kurz
    »frechgrins«, es handelt sich also nicht um eine Grußformel,
    sondern um ein Mitglied aus der Familie der »lol «-Wörter,
    das sich vom Internet-Chat in den E-Mail-Verkehr ausge-
    breitet hat. »Frechgrins« erfüllt dieselbe Funktion wie Semi-
    kolon, Divis, runde Klammer: He, Mann, war nur Spaß ;-)

    In privater Korrespondenz darf jeder selbstverständlich so
    viel und so frech grinsen, wie ihm beliebt − solange er sicher
    ist, dass der Empfänger das nicht albern findet. In geschäftli-
    chen Schreiben allerdings sollte man aufs Grinsen verzichten,
    egal ob freundlich oder frech.

    Rechtschreibung und Zeichensetzung

    hallo ich wollte sie fragen ob es moeglich ist das sie mir sagen wo ich
    denn aku bestellen kann den sie auf ihre hompage zeigen und ob in
    dem preiss von 35 euros die versandtkosten bereit’s enthalten sind
    danke
    Irgendein finsteres Wesen aus Mittelerde muss vor langer
    Zeit das Gerücht in Umlauf gebracht haben, dass im E-Mail-
    Verkehr sämtliche Regeln der deutschen Orthografie außer
    Kraft gesetzt seien. Die Überzeugung, man könne in E-Mails
    so schreiben, wie es einem gerade passt, hat sich jedenfalls
    weit verbreitet und hält sich hartnäckig.
    Wenn jemand aus der Schweiz schreibt und auf das »ß«
    verzichtet, so ist das sein verbrieftes Recht. Wenn jemand mit
    einer amerikanischen Tastatur schreibt und deshalb keine
    Umlaute erzeugen kann, so ist auch das verzeihlich. Al-
    lerdings verfügt auch die amerikanische Tastatur über eine
    sogenannte Shift-Taste, die man hinunterdrücken kann, um
    Großbuchstaben zu erzeugen. Der vollständige Verzicht auf
    Großschreibung lässt sich also nicht mit einem Auslands-
    aufenthalt entschuldigen. Eigentlich lässt er sich mit gar
    nichts entschuldigen. Mit Coolness oder einem »irgendwie
    trendigen grafischen Innovationsanspruch« schon gar nicht.
    Ein Text, in dem alles kleingeschrieben wurde, ist nämlich
    weder optisch ansprechender, noch ist er leichter zu lesen als
    ein Text in herkömmlicher Orthografie, im Gegenteil, es
    bereitet dem deutschen Auge deutlich mehr Mühe, einen
    kleingeschriebenen Text zu entziffern.
    In seinen privaten E-Mails kann selbstverständlich jeder so
    schreiben, wie es ihm beliebt, sofern er sicher ist, dass es dem
    Empfänger genauso beliebt. Etwas anderes ist es mit den
    vielen hunderttausend Mails, die jeden Tag in offizieller
    Mission verschickt werden: von Geschäftsleuten an ihre

    Partner, von Kunden an Anbieter, von Ratsuchenden an Aus-
    kunftsstellen, von zufriedenen oder unzufriedenen Wählern
    an Politiker, von Lesern an Redaktionen und Verlage. Wer
    glaubt, dass bei dieser Form der Kommunikation die
    Rechtschreibung keine Rolle spiele, der befindet sich im Irr-
    tum. E-Mail ist nicht dasselbe wie SMS!
    Auch vom anderen Extrem, nämlich ALLES KONSE-
    QUENT IN GROSSBUCHSTABEN ZU SCHREIBEN, ist
    abzuraten. Dies wird von vielen Empfängern als SCHREIEN
    empfunden, und wer lässt sich schon gerne anschreien?
    Dasselbe gilt für Sätze in Rotschrift. Wer etwas hervorheben
    möchte, kann dies zum Beispiel *durch Sternchen* tun, das
    gilt als wesentlich feiner und ist nicht weniger wirkungsvoll.
    Äußerst bedenklich sind solche Mails, die mit einem Hin-
    weis der folgenden Art enden: »bitte entschuldigen sie wenn
    ich in meiner mail auf die Unterscheidung von gross- und
    kleinschreibung sowie auf umlaute, ß und interpunktion
    verzichte« − und die dann unterschrieben sind mit »a. kauf-
    mann, diplomübersetzerin« oder »b. liebig, textchef« oder
    »d. körner, werben und texten«. Daraus ergeben sich für
    mich zwei Fragen. Erstens: Warum sollte ich das entschul-
    digen? Und zweitens: Warum sollte ich es ausgerechnet bei
    einer Diplomübersetzerin, einem Textchef oder einem
    Werbetexter entschuldigen? Wenn nämlich nicht einmal
    diejenigen, die die deutsche Sprache zu ihrem Beruf gemacht
    haben, diese mit der gebotenen Achtung und Sorgfalt
    behandeln, wie sollen es dann die Heerscharen von ver-
    krachten PISA-Existenzen da draußen?

    Der Vertraulichkeitshinweis
    Zu guter Letzt: der lästige Rattenschwanz, im
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