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Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod 2
Autoren: Bastian Sick
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wieder zu. Und ob
    man den Mut aufbringt, sie später noch einmal wieder zu
    öffnen, um die eigentliche Grußbotschaft zu lesen, ist äu-
    ßerst fraglich.
    Immer mehr Menschen entdecken die Möglichkeiten!
    Nicht die, die ihnen der Ikea-Katalog verheißt, sondern die
    Möglichkeiten, ihre E-Mails mit Hilfe von HTML-Befehlen
    zu »verschönern«. Da kann man für seine E-Mail zum Bei-
    spiel eine ganz individuelle Hintergrundfarbe wählen. Oder
    am besten gleich eine Mustertapete. Nicht selten wird in
    diesem kreativen Rausch jedoch versäumt, die Schriftfarbe
    auf den Hintergrund abzustimmen. Schwarze Buchstaben
    vor einem moosgrünen oder einem marineblauen Hinter-
    grund sind nicht besonders gutzu erkennen. Es kann passie-
    ren, dass sie überhaupt nicht zu erkennen sind und der Text

    erst sichtbar wird, wenn man mit gedrückter linker Maus-
    taste suchend über den Hintergrund fährt und alles mar-
    kiert. Das erinnert an die Zeit, als man sich Briefe mit un-
    sichtbarer Zaubertinte schrieb, die nur mit Hilfe eines
    Bügeleisens sichtbar wurde: »Generation Yps mit Gimmick«
    lässt grüßen!
    Jeder Mensch hat seine persönliche Schmerzgrenze. Bei
    einigen beginnt sie dort, wo es im buchstäblichen Sinne »zu
    bunt« wird. Manchmal hilft dann nur noch ein Klick auf den
    »Löschen«-Button.

    Abkürzungen
    Lol! Lol, lol, lol! Lollen Sie auch so gerne? Jeder Mensch
    sollte wenigstens einmal am Tag herzhaft gelollt haben, denn
    der chinesische Volksmund weiß: Ein Tag ohne Lol ist ein
    vellolenel Tag! Sie wissen nicht, wovon ich spreche? Ich
    wusste es bis vor kurzem selbst nicht. Dabei werden tagtäg-
    lich zigtausende E-Mails verschickt, in denen es vor »Lol«
    nur so wimmelt. »Lol« ist eine der vielen im elektronischen
    Verkehr gebräuchlichen Abkürzungen und bedeutet »laugh
    out loud«, zu deutsch: lauthals lachen. Oder, um es in der
    Comicsprache zu sagen: lautlach! »lol« ist die Vorstufe zum
    berüchtigten Smiley. Früher waren Briefe von Mädchen ge-
    fürchtet, die über jedes »i« ein Herzchen malten. Heute lacht
    und kichert und zwinkert es aus zahllosen E-Mails, dass ei-
    nem ganz blümerant wird.
    Das seit Jahrzehnten völlig vernachlässigte Satzzeichen
    Semikolon hat durch die E-Mail eine ungeahnte Renaissance
    erfahren. Kaum eine Mail, in der nicht mindestens ein Satz
    mit der Tastenkombination Semikolon, Divis, runde
    Klammer endet. Wenn man den Kopf zur Seite neigt und
    dieses Zeichen in der Horizontalen betrachtet, kann man
    darin mit ein wenig Phantasie ein verschmitzt lächelndes
    Gesicht mit einem zwinkernden Auge erkennen. Dieser
    Zwinker-Smiley erfüllt die Funktion der Ironie-Warnlampe
    und bedeutet: Achtung, das, was ich eben geschrieben habe,
    war ein Scherz! Bitte nicht missverstehen!
    Wissen Sie, was »mfg« heißt? Es ist das am häufigsten zu
    lesende Wort am Ende von E-Mails. Drei zusammenge-
    schriebene kleine Buchstaben: m-f-g. Aus Donald-Duck-
    Comics kennt man lautmalerische Wörter wie »sprotz«,
    »börks« und »grumpf«, aber »mfg« ist neu. Das heißt, so
    neu nun auch wieder nicht, das gab es auch schon im Telex-
    Zeitalter, als man die sehr geehrten Damen und Herren noch

    zeichen- und kostensparend mit »sgduh« anschrieb, aber zu
    einem Massenphänomen wurde »mfg« erst dank E-Mail. Es
    handelt sich um eine Abkürzung und bedeutet »Mit freund-
    lichen Grüßen«. Daneben gibt es noch »lg«, das ist noch kür-
    zer und bedeutet »lieber Gruß« oder »liebe Grüße«. Wie viel
    aber kann man auf die Freundlichkeit des Absenders geben,
    wenn er sich nicht mal die Zeit nehmen mochte, das Wort
    »freundlich« auszuschreiben? Er braucht die »freundlichen
    Grüße« ja nicht einmal mehr Buchstabe für Buchstabe zu
    tippen, wir leben schließlich im Zeitalter elektronischer
    Textverarbeitung, wo man Sätze und Phrasen, ja ganze
    Textbausteine nur zu markieren braucht, um sie in einen
    neuen Text einzufügen. Ein Programm wie »Word« zum
    Beispiel verwandelt »mfg« heute außerdem ganz von selbst
    in die Langfassung. Ein kopierter freundlicher Gruß ist we-
    niger unschicklich als ein abgekürzter.
    Beim Verschicken von Kurznachrichten übers Mobiltele-
    fon (kurz: Simsen) sind solche Abkürzungen freilich kein
    Makel. Auch beim Chatten stören sie nicht. SMS und Inter-
    net-Chat sind andere Medien, für die andere Regeln und
    Sachzwänge gelten. In diesem Kapitel geht es ausschließlich
    um E-Mail.
    Wenn »mfg« für »Mit freundlichen Grüßen« und »lg«
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