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Der Cyberzombie

Der Cyberzombie

Titel: Der Cyberzombie
Autoren: Jak Koke
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nächste Aufprall riß einen Fetzen Haut von dem glänzenden Metall.
    Dennoch ließ er das Drachenherz nicht los. Lethe spürte dessen Macht jetzt ganz nah, sah sie durch die künstlichen Augen des Cyborgs. Irgendwie gelangte diese visuelle Information in das organische Hirn, und Lethe konnte sich Zugang zu ihr verschaffen.
    Burnout fiel in das schwarze Wasser des Flusses und hätte sterben müssen. Das Wasser war wie Plastibeton. Die heiße metallische Hülle Burnouts verformte sich beim Aufprall, und Lethe wußte, daß ein Großteil der Kybernetik zerstört war. Doch ob es an Lethes Anwesenheit oder am Drachenherz lag, die Seele des Mannes beschloß, in dem noch verbliebenen Fleisch zu bleiben.
    Als Burnout in den Tiefen des Snake River versank, geriet Lethe wiederum in Panik, nicht aus Angst um die eigene Existenz, sondern weil er sich nicht vorstellen konnte, daß jemand Burnout schnell genug finden würde, um Thayla noch rechtzeitig das Drachenherz zu bringen.
    Lethe erinnerte sich an Thayla, während er versank, dachte an den Augenblick, als er zu sich gekommen und von ihr, der Göttin des Lichts und des Liedes, getauft worden war. Thayla hatte ihren Gesang unterbrochen, um mit ihm zu reden. Einen Gesang, der so vollkommen, so schmerzlich schön war, daß er sich nicht hatte bewegen können.
    Sie hatte auf dem harten, rissigen Boden eines Felsvorsprungs gestanden, der von einem farblosen Himmel eingerahmt war. Ein tiefer Abgrund umgab sie auf drei Seiten und fiel vor ihr jäh ab. Lethe hatte keine Vorstellung von der Tiefe des Abgrunds. Er konnte den Grund nicht sehen. Der Vorsprung erweiterte sich zu einem breiten Bogen, der sich hinter ihnen erstreckte, bis er schließlich in der Ferne in das Festland überging.
    »Dieser Vorsprung ist das Ergebnis eines unnatürlich hohen Energieniveaus«, hatte ihm Thayla erklärt.
     
    »Der Abgrund ist die Kluft zwischen unseren Welten und jener der... der...« Sie stockte, und ihre Worte verrieten, wie sehr sie litt.
    Lethe erinnerte sich noch, wie er über den Abgrund geschaut hatte. Wenn Thayla nicht sang, umtoste sie der Wind, zerzauste ihr Haar und peitschte es über ihr Gesicht. Die andere Seite des Abgrunds war in der Ferne kaum sichtbar, aber Lethe konnte eine ähnliche Klippe am Rande seiner Wahrnehmung ausmachen. Ein ähnlicher Vorsprung reckte sich ihnen von dem Land auf der anderen Seite entgegen. Finsternis umgab die entfernte Klippe, und als Lethe sie betrachtete, stieg Ekel in ihm hoch. Übelkeit erfaßte ihn, als er die Kreaturen erblickte, die sich auf der anderen Seite wanden und krümmten.
    »Ich bin hier, um sie daran zu hindern, ihre Brücke zu vollenden«, fuhr Thayla fort. »Sie sind böse und schrecklich und viel mächtiger, als wir uns vorstellen können. Wenn sie die Brücke vollenden, werden sie in Scharen herüberkommen. Und wenn sie kommen, werden sie alles zerstören, was ihnen begegnet. Sie werden uns foltern. Sie werden uns alle dazu bringen, Dinge zu tun ...« Wiederum versagte ihr die Stimme.
    Lethe zitterte angesichts ihrer Bestürzung. Ihre Stimme war selbst angesichts des Grauens noch mächtig.
    Thayla holte tief Luft und faßte sich. »Der natürliche Manazyklus bewirkt, daß der Abgrund schmaler wird. Aber diese Auswüchse sind unnatürlich - starke Ausschläge oberhalb des normalen Mananiveaus. Das Ergebnis von Blutmagie. Unsere Welten sind noch nicht bereit.«
    »Aber dein Gesang...«
    Sie lächelte ihn an, und ihr Strahlen erwärmte ihn. »Mein Lied hält sie auf. Weißt du, sie können es nicht ertragen, es zu hören, und meine Stimme trägt sogar über den Abgrund.«
    Lethe wußte, daß das stimmte: Ihr Lied war das Licht.
    »Es gibt welche auf dieser Seite, die daran arbeiten, die Vollendung der Brücke zu beschleunigen, Marionetten des Feindes, denen an seiner vorzeitigen Ankunft liegt. Sieh doch.« Sie zeigte auf eine Stelle in Richtung Festland.
    Zuerst konnte Lethe nichts erkennen, weil die Stelle so klein war, ein Schatten unter Schatten. Doch als Thayla wieder zu singen anfing und die Welt mit Licht und Schönheit erfüllte, blieb ein winziger Fleck Dunkelheit zurück. Er war fast bedeutungslos und hielt sich auch nur kurz, aber Lethe hatte ihn gesehen - einen Makel in ihrem Lied.
    »Sie haben eine Frau gefunden, die dem Lied widerstehen kann«, sagte sie. »Sie ist nicht stark genug, um lange zu bleiben, aber ich befürchte, daß sie mit der Zeit mächtiger wird. Und wenn das geschieht, werden andere kommen. Sie werden
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