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Der Cyberzombie

Der Cyberzombie

Titel: Der Cyberzombie
Autoren: Jak Koke
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das Geräusch von splitterndem Makroplast über sich hören, als das Dach nach außen gesprengt wurde.
    Ryan mobilisierte seine allerletzten Kraftreserven und konzentrierte sich, um sein physikalisches Selbst, seinen Körper, zusammenzuhalten.
    Und er hörte, wie etwas Schweres, etwas Metallisches, neben ihm auf den Boden schlug, und er wußte sofort, daß es Burnout war.
    Irgend etwas stieß Ryan heftig durch den Raum und in die lindernde Kühle der Sprinkler. Strahlen kalten Wassers, die zunächst verdampften, kämpften sich schließlich zum Feuer auf Ryans Haut durch und umschmeichelten seine Verletzungen.
    Dann war alles vorbei.
    Ryan öffnete die Augen, die mit einem roten Film bedeckt waren, wodurch die Szene vor ihm, die direkt aus dem Fegefeuer zu stammen schien, noch plastischer wirkte. Bin ich tatsächlich noch am Leben?
    Die kleinen Flammeninseln, die noch blieben, zischten und rauchten unter dem beständigen Wasserstrom.
    Während Ryan sich langsam herumwälzte und aufzustehen versuchte, spürte er, wie die großen Blasen auf seinen Wangen auf dem geschwärzten Marmorboden aufplatzten.
    Nicht weit entfernt lag der verkohlte Körper Burnouts wie ein fleischgewordener Alptraum eines Kindes. Das Geschoß des Präzisionsgewehrs hatte ein großes Loch in seine Brust geschlagen.
    »Du hast gewonnen, Ryan Mercury.« Lethes Stimme war schwach, weit entfernt.
    Du hast mich gerettet? Dieser Stoß in den Wasserstrahl kam von dir?
    »Ich sah deine Bereitschaft, dich zu opfern. Ich erkenne, daß du dich tatsächlich verändert hast.«
    Ich danke dir, Lethe.
    »Erfülle nur dein Versprechen. Bringe Thayla das Drachenherz.«
    Das werde ich. Aber ich könnte deine Hilfe gebrauchen.
    »Ich habe meine letzten Kräfte verbraucht.«
    Was willst du damit sagen?
    »Ryan Mercury, wir alle machen Fehler, und wir alle büßen dafür. Wenn diese zerbrechliche Hülle stirbt, sterbe ich mit ihr.«
    Stirb nicht, Lethe. Du mußt mir dabei helfen, Thayla das Drachenherz zu bringen.
    Keine Antwort.
    Lethe?
    Hinter Ryan ertönte ein Krachen, und Angehörige des Secret Service stürmten mit vorgehaltenen Waffen in den Raum. Eine Minute später folgte Grind, der so fort zu Ryan eilte. Der Zwerg warf einen flüchtigen Blick auf Ryan und sagte dann: »Jane, schaff das DocWagon-Team her, und zwar pronto. Quecksilber hat es so schwer erwischt, daß ich nicht weiß, warum er überhaupt noch lebt.«
    Die einzige Antwort, die Ryan über seinen geschmolzenen Ohrhörer mitbekam, war statisches Rauschen.
    »Ryan?« Die Stimme kam von einer Stelle hinter ihm.
    Nadja trat in sein Blickfeld. Sie war völlig durchnäßt, und ihr ruiniertes Abendkleid klebte an ihr. Ihr Gesicht war rußgeschwärzt, die Haare waren naß und formlos und sahen aus wie angeklatscht. Als Ryan sie dort stehen sah wie die Überlebende eines Krieges, fand er, daß sie das Schönste war, was er je gesehen hatte.

40
     
    In der wirbelnden Dunkelheit des Interfaces zwischen Burnouts fleischlichem Körper und seiner Cyberware fand Lethe die Silberschnur - die Spur, die Burnouts Seele in ihrem Bestreben hinterlassen hatte, der Magie zu entfliehen, die sie gefangenhielt. Die Schnur führte abwärts in Burnouts innerste Dunkelheit.
    Ohne Zögern stürzte Lethe sich in die Schwärze und folgte der Schnur, so rasch er konnte.
    Es dauerte nicht lange, bis er Burnouts Essenz fand.
    Für Lethe sah sie wie ein kleiner Junge aus, ein Mensch mit einer Haut aus flüssigem Silber, das in der Dunkelheit glänzte, während der Junge langsam hinabstieg.
    »Burnout?«
    Weder beschleunigte der Junge seinen Abstieg, noch verlangsamte er ihn.
    »Burnout?« wiederholte Lethe.
    Der Junge drehte sich langsam um und musterte Lethe mit mattem Blick; mit Augen, aus denen eine Müdigkeit sprach, wie sie kein Kind je erfahren sollte. »Hier gibt es keinen Burnout. Er ist tot. Nur ich bin noch übrig. Und jetzt laß mich in Ruhe.«
    Lethe rückte näher. »Wenn du nicht Burnout bist, wer bist du dann?«
    Der Junge wandte sich ab, rief jedoch über die Schulter: »Meine Freunde nennen mich Billy. Billy Madson.«
    Lethe folgte ihm weiter. »Wohin gehst du, Billy?«
    »Geh weg. Ich muß mich ausruhen. Ich bin so müde.«
    Darüber dachte Lethe einen Augenblick nach. Es mußte etwas geben, das Burnouts Seele in seinen Metallkörper zurückzog, etwas, das dieser Junge verlockend finden würde.
    Dann kam ihm eine Idee.
    »Billy, willst du einen magischen Ort sehen?«
    Die kleine Gestalt hielt inne, drehte sich um.
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