Der Countdown

ihr zweites Lied.
    Von einem stählernen Stuhl im Kommandoposten aus, Hände und Knöchel in Plastikhandschellen, sah Maggie zu, wie das Ereignis seinen Lauf nahm.
    Der Kommandoposten befand sich in einem umgebauten Wohnmobil, das mit einer Reihe von Funkgeräten, Computern, Kameras und Bildschirmen ausgestattet war, um den Papstbesuch zu überwachen. Maggie hatte Samaras Verhaftung verfolgt.
    “Oh, Gott sei Dank, sie haben sie!”
    Die Agenten in dem Wagen waren wenig erfreut, dass Walker Maggie zu ihnen gesetzt hatte statt in einen Streifenwagen. Einige nahmen an, dass er sie von der Presse fernhalten wollte.
    “Bitte, Sie müssen mich mit Agent Walker sprechen lassen!”
    “Ma’am”, wandte sich ihr ein genervter Agent zu, “Sie müssen sich ruhig verhalten, sonst übergeben wir Sie einem Streifenbeamten.”
    In einem leeren Schulflur legten die Agenten Samara Handschellen an. Dann kam Walker zu ihnen, um sie aus der Schule zu führen und in einen mit stählernen Müllcontainern umgebenen Sicherheitsbereich zu bringen. Sprengstoffexperten in Schutzkleidung untersuchten sie sofort.
    Nachrichtenteams mussten zurückgehalten werden. Sie verfolgten aus größerer Entfernung die merkwürdigen Ereignisse, die dort vor sich gingen.
    Colby rief Walker an und unterrichtete ihn, dass die Waffe möglicherweise in den Stoff eingearbeitet wäre. Walker gab das an die Bombenexperten weiter, doch die Kontrolle von Samara blieb ergebnislos.
    Sie konnten nichts entdecken.
    Mitglieder der Bombeneinheit führten Samara danach zu einem abgesperrten Areal in einer entfernten Ecke des Schulparkplatzes, wo die Bombeneinsatzkommandos des FBI und der ATF zusammen mit der Montana Highway Patrol warteten.
    Ein eigens angefertigter Bunker, der zur Hälfte eingegraben und mit Matten gegen die Druckwellen bedeckt worden war, stand weit ab vom Schuss. Dort würde man Samara bis auf Weiteres unterbringen.
    Doch er lag ein ganzes Stück entfernt.
    Walker ging nicht mit. Er eilte zurück in die Schule und rief Graham an, dass er das Haus nach neu gekauftem Stoff durchsuchen solle.
    “Eine Flagge, ein Stoffballen, irgendwas?”
    Während er zur Bühne zurückkehrte, befürchtete Walker, dass Samara nicht allein arbeitete.
    Am anderen Ende der Welt, auf dem Markt von Addis Abeba, verfolgten auch Amir und seine Männer in dem verborgenen Bunker unter seinem Stoffgeschäft die Ereignisse.
    Sie hockten vor einer Reihe von Laptops und Fernsehern und studierten gleichzeitig die Live-Übertragung des Papstbesuches, eine Wiederholung des grausigen Flaggentests und eine Luftaufnahme der Schule.
    Andere Bilder zeigten Samaras Märtyrer-Video, das an alle Nachrichtenredaktionen weltweit geschickt werden sollte, sobald ihre Mission beendet war.
    “Irgendetwas stimmt nicht”, sagte einer der Männer. “Sie sollte die Bombe jetzt eigentlich aktiviert haben. Und wir erreichen unsere Sicherheitszelle nicht.”
    “Sie wurde verhaftet, seht.” Ein anderer zeigte auf den Fernsehschirm, auf dem man sah, wie Samara aus der Sporthalle geführt wurde.
    “Wir müssen abbrechen”, sagte der Commander. “Das gefährdet alles, unser ganzes Netzwerk. Es könnte sie zu uns führen. Seid ihr einverstanden?”
    Amir dachte nach und tippte dann etwas in seine Computertastatur. Er überflog Samaras Bericht und ihre Notizen zum Ablauf des Chorprogramms.
    Sie würden drei Lieder singen.
    Dann würde der Papst den Kindern danken.
    Persönlich.
    “Geduld. Wir steuern die Detonation von hier aus.”
    Im Haus verfolgte Graham Samaras Verhaftung mit sinkendem Mut.
    Wo war Logan?
    Graham suchte erst im Publikum und dann im Chor, der gerade sein letztes Lied anstimmte.
    Er rief Walker an.
    “Walker, hier ist Graham. Ich habe noch mehr Informationen.”
    “Wir haben Samara neutralisiert.” Walker war zur Bühne zurückgekehrt. “Wir haben die Bedrohung entfernt.”
    “Sie sollte einen Jungen bei sich haben, einen neunjährigen Jungen namens Logan Conlin oder Logan Russell.”
    “Logan.”
    “Ihn sollten Sie ebenfalls aus dem Gebäude bringen.”
    Im gleichen Moment nickte Amir in Addis Abeba und gab einen Code in seinen Laptop ein.
    Die Minute bis zur Aktivierung der Waffe begann.
    Die Sekunden verstrichen.
    In Jake Conlins Haus in Lone Tree County blinkte ein rotes Licht auf Samaras Laptop und eine digitale Stoppuhr zählte eine Minute herunter.
    Grahams Magen verknotete sich.
    “Walker”, rief er ins Telefon, “es hat angefangen. Hier läuft ein Countdown!”
    Wo