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Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)
Autoren: Kathryn Lasky
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ruhig.
    Lord Adair las weiter und endete mit der Schilderung, wie Faolan auf die Hinterbeine gegangen und der verstörte Elchbulle herumgewirbelt war, um den Byrrgis anzugreifen. „Auf diese Weise hat der Knochennager Faolan den Rudelgeist gekliebt “, beendete er den Bericht.
    „Wurde einer der Wölfe von dem Elchbullen getötet oder verletzt?“, fragte MacDuncan. Seine Stimme klang jetzt wieder kräftiger.
    „Nein, Herr“, erwiderte Lord Adair.
    „In diesem Fall wurde der Ausdruck ‚gekliebt‘ wohl etwas leichtfertig gebraucht.“
    Wieder lief ein Schaudern durch die Menge. Wie konnte ein alter Wolf, der dem Tod so nahe war, seelenruhig das Wort „klieben“ aussprechen, das in der Wolfssprache nicht nur „zerschlagen“, sondern auch „kaltmachen“ bedeutete. Das war unheimlich, zumindest den anderen Geschworenen, auch wenn das Oberhaupt sich offenbar nichts daraus machte.
    „Wie ist noch mal der Name des Knochennagers, der den Knochen geschnitzt hat?“
    „Heep, Herr.“
    „Ah, Heep … Dieser Wolf, der sich vor Unterwürfigkeit kaum zu fassen weiß. Bringt mir den Knochen, ich will ihn näher in Augenschein nehmen.“
    Lord Adair trat vor und ließ den Knochen fallen. Er landete in dem dicken Fell des Elchbullen, nur wenige Zentimeter von Faolans Schnauze entfernt. Faolan hatte schon andere Schnitzknochen von Heep gesehen. Wie immer fielen ihm sofort die feinen Kerben auf, die Heeps missgebildeter Zahn hinterlassen hatte. Entweder war diese Zahnzacke schlimmer geworden oder Heep hatte schlampiger gearbeitet als sonst, denn diesmal zeichneten sich die Spuren ganz deutlich auf dem Knochen ab.
    „Nun, was sagst du dazu, mein Junge?“ MacDuncans Atem war heiß und roch leicht faulig. Es war der Atem eines kranken Wolfs. Er redete leise und klopfte mit dem Schwanz auf den Boden, ein Zeichen für die anderen, sich zu entfernen. Er wollte ein Gespräch unter vier Augen mit Faolan.
    „Ich? Was ich dazu sage?“, wiederholte Faolan und ließ wachsam ein Ohr vorschnellen. Sein Schwanz ging ein winziges bisschen in die Höhe. Noch nie hatte ihn jemand nach seiner Meinung gefragt, seit er in die Hinterlande gekommen war.
    „Ja, du. Was hältst du von dem Schnitzknochen?“
    Faolan blickte zum Oberhaupt auf. MacDuncans trübe grüne Augen schimmerten über seinem zottigen, ungepflegten Schnauzbart. Nur Clan-Oberhäupter und Mitglieder der Garde durften einen solchen Bartzopf tragen. „Ähm, also ich muss zugeben, dass jeder Ritzer, jedes Zeichen, das der Knochennager Heep geschnitzt hat, der Wahrheit entspricht“, stotterte Faolan. „Ich habe gegen die Ordnung verstoßen. Es tut mir unendlich leid.“
    „Oh, das weiß ich. Und ich freue mich zu hören, dass du deine Tat bereust. Aber was hältst du von seiner Arbeit, von der handwerklichen Seite?“
    Faolan erschrak. Er hob den Blick und schaute in die trüben Augen des alten Wolfs. War das ernst gemeint? Durfte ein niedriger Knochennager wie er tatsächlich seine Meinung äußern, noch dazu über das Werk eines anderen Knochennagers?
    „Ich … ich …“, stotterte Faolan.
    „Und verschone mich in Lupus’ Namen mit dem Wort ‚niedrig‘ oder ‚bescheiden‘. Sag mir einfach, was du denkst, mein Sohn.“
    „Ich finde nicht, dass es eine gute Arbeit ist, Herr. Heep nagt zu tief in den Knochen, sodass alle Linien die gleiche Tiefe und die gleiche Breite haben.“
    „Hmmmmm“, brummte MacDuncan. Er seufzte und bekam einen Hustenanfall, der seinen ganzen Körper durchrüttelte. Cathmor lief zu ihm, leckte ihm die Schnauze und strich ihm mit der Pfote beruhigend über das Fell.
    „Was soll ich jetzt mit dir machen, Faolan?“, wisperte das Oberhaupt schließlich heiser.
    „Ich weiß es nicht, Herr. Ich bin kein sehr guter Knochennager.“
    „Nein! Nein! Das ist nicht das Problem … ganz im Gegenteil. Du bist ein vermaleflixt guter Knochennager.“
    Faolan konnte nur raten, was „vermaleflixt“ bedeutete. Vermutlich war es eines der harmloseren Schimpfwörter, die die Wölfe mit den Eulen teilten, denn Gwynneth hatte es auch ein paarmal benutzt. „Aber du bist ein jämmerlicher Rudelwolf. Du verstehst es einfach nicht, oder? Dieses ganze Rudel- und Clangeschäft.“
    „Nein, wahrscheinlich nicht.“
    „Wahrscheinlich nicht? Das ist gut gesagt. Nichts verstehst du, mein Sohn, gar nichts. Oder zweifelst du etwa noch daran?“
    „Heißt das, dass ich fortmuss?“
    „Warum?“
    „Weil ich wohl nie ein guter Rudelwolf sein werde. Ich bin
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