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Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)
Autoren: Kathryn Lasky
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Kralle in die harte Erde neben der Schmiede. Was hatten diese Linien zu bedeuten? Und warum war sie beim Anblick der Spirale so erschrocken – wie ein Blitz aus heiterem Himmel hatte die Zeichnung sie getroffen. Was in aller Welt konnte ihr dieses Muster bedeuten?
    Gwynneth stocherte ein wenig im Feuer herum, dann hob sie das Metallstück hoch, das sie zu einem Weidenblatt hatte formen wollen. Doch die kreisenden Linien an der Pfote des Jungwolfs tanzten vor ihrem inneren Auge herum. Bald merkte sie, dass sich das längliche Oval des Weidenblatts zu einer anderen Form auszudehnen begann. Ohne darauf zu achten, hatte sie die Zange kreisen lassen, mit der sie das Metall zum Erhitzen ins Feuer hielt. Die Bewegung war ihr irgendwie tröstlich erschienen, beinahe magisch, während sie im Geist das Muster auf Faolans Pfote studierte. Das Metallstück verwandelte sich langsam in einen Kegel. Als Gwynneth die Zange noch schneller kreisen ließ, wanden sich spiralförmige Linien von der Spitze des Kegels bis zu seinem Fuß hinunter.
    Schnell zog Gwynneth die geschmolzene Form aus dem Feuer und klopfte die Vertiefungen zwischen den wirbelnden Linien mit ihrem kleinsten Hammer flach. Ihr Herz klopfte immer freudiger, als sie sah, was passierte. Es war unglaublich: Alles ging wie von selbst, als wären ihre Krallen direkt mit ihrem Magen verbunden. Unermüdlich hämmerte sie weiter. Sie war so tief in ihre Arbeit versunken wie noch nie. Wie in Trance ging sie von einer Aufgabe zur nächsten über, leicht und mühelos, und allmählich nahm ihr Werk Gestalt an. Unablässig musste sie die Hitze des Feuers anpassen, indem sie mit dem Blasebalg Luft hineinblies oder das Lodern der Flammen mit einer Schaufel Erde dämpfte. Alle paar Hammerschläge tauchte sie das Metallstück in eine Wanne mit Wasser und hielt es dann sofort wieder ins Feuer, damit es gut gehärtet wurde. Jetzt musste sie aufpassen: Wenn sie bei einem so zerbrechlichen Gegenstand nicht den richtigen Rhythmus zwischen Abkühlen und Erhitzen fand, würde der Innendruck des Metalls die Form sprengen.
    Endlich war das Stück fertig. Gebannt hielt sie ihr Werk in die Höhe. Es glühte immer noch kirschrot – das einzige Licht in der nebligen Nacht, außer dem Schmiedefeuer. Blinzelnd studierte sie die Spirale, die im Nebeldunst langsam abkühlte. Was sie geschaffen hatte, war eine dreidimensionale Wiedergabe der kreisenden Linien an Faolans Fußpolster. „Wie habe ich das nur gemacht?“, wisperte sie fassungslos. Ein kunstvolleres Stück war ihr noch nie gelungen.
    Leise vor sich hin glucksend, gestand Gwynneth sich ein, dass sie niemals zu einem solchen Unternehmen fähig gewesen wäre, wenn sie im Voraus gewusst hätte, was sie da machte – wenn sie es geplant hätte, so wie das Weidenblatt. Das hier war hundertmal anspruchsvoller als das Blatt. Wie in Glaux’ Namen habe ich das gemacht? Und warum?
    Plötzlich stieg der Wunsch in ihr auf, Faolan zu suchen, seine Spuren ausfindig zu machen. Nicht weil sie ihn sehen wollte, sondern aus reiner Neugier. Sie wollte wissen, ob er ihren Rat befolgt hatte und zu den Wölfen der Hinterlande ging.
    Das Wetter kam von Westen her. Mond und Sterne verschwanden hinter flauschigen Wolken und einem dichter werdenden Nebel. Nächte wie diese waren ideal für Erkundungsflüge, weil man sich hinter der dichten Wolkendecke verbergen und allein nach Gehör navigieren konnte.
    Maskenschleiereulen gehörten zur Familie der Schleiereulen, die für ihr scharfes Gehör bekannt waren. Bei einer Schleiereule saßen die Ohrenschlitze seitlich am Kopf, der eine etwas höher als der andere. Mit diesem ungleichmäßig angeordneten Ohrenpaar fingen sie Geräusche leichter auf. Außerdem war ihr Gesichtsschleier, dieses zusätzliche Hörorgan, an den Rändern dehnbar, sodass sich seine Oberfläche vergrößern ließ. Auf diese Weise entging den Eulen kein noch so winziger Laut. Sie konnten sich allein auf ihr Gehör verlassen.
    Gwynneth hatte auch bald das Geräusch aufgespürt, das sie gesucht hatte – Faolans Fußtritte. Wegen der gespreizten Vorderpfote hatte er einen unverwechselbaren Gang. Das Spiralmuster an dieser Pfote war nicht ausgeprägt genug, um einen Abdruck zu hinterlassen, außer vielleicht in ganz frischem Schlamm. Trotzdem ließ es in Gwynneths Kopf eine Art Lautspur entstehen.
    Jetzt wusste sie, wo Faolan war. Der Wolf kletterte den Geröllhang des Krummflügelrückens hinauf.
    Gut , dachte sie. Dann ist er jetzt mitten im
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