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Der Canyon

Der Canyon

Titel: Der Canyon
Autoren: Douglas - Preston
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im Gefängnis angeeignet hatte, und brachte damit seine Atmung und seinen Herzschlag unter Kontrolle. Er atmete aus und ein und beruhigte das Hämmern in seiner Brust, bis sein Herzschlag wieder sanft pulsierte. Allmählich breitete sich Ruhe in ihm aus. Er hatte immer noch reichlich Zeit. Er holte die Gesteinsprobe aus seiner Tasche, drehte sie im Mondlicht hin und her und zog auch die Karte hervor. Außer diesen beiden Dingen hatte er noch das seltsame Gerät, und damit dürfte Corvus mehr als zufrieden sein.
    Aber zunächst einmal musste er eine Leiche vergraben.

4
    Detective Lieutenant Jimmie Willer saß hinten im Polizeihubschrauber; er war todmüde und spürte das Dröhnen der Rotoren in sämtlichen Knochen. Unter ihnen glitt die gespenstische nächtliche Landschaft vorüber. Der Heli-Pilot folgte dem Lauf des Chama River, dessen Biegungen wie Säbelklingen schimmerten. Sie kamen an kleinen Ortschaften am Flussufer vorbei, wenig mehr als zusammengedrängte Lichtpunkte – San Juan Pueblo, Medanales, Abiquiú. Ab und zu kroch ein einsames Auto den Highway 84 entlang und warf einen winzigen gelblichen Lichtkegel in die Dunkelheit. Nördlich des Wasserspeichers von Abiquiú war es vorbei mit den Lichtern; jetzt kamen die Berge und Canyons der Chama Wilderness und das riesige, zerklüftete Hochland, unbewohnt von hier bis zur Staatsgrenze von Colorado.
    Willer schüttelte den Kopf. Ganz ungünstiger Ort, um sich ermorden zu lassen.
    Er tastete nach der Marlboro-Schachtel in seiner Brusttasche. Es ärgerte ihn, dass man ihn mitten in der Nacht aus dem Bett geworfen hatte; es ärgerte ihn, dass er den einzigen Polizeihubschrauber aus Santa Fé hatte anfordern müssen; es ärgerte ihn, dass er die Gerichtsmedizinerin nicht erreichen konnte und sein eigener Deputy draußen im Cities of Gold Casino seinen jämmerlichen Lohn verspielte und das Handy abgeschaltet hatte. Obendrein kostete der Heli-Einsatz sechshundert Dollar pro Stunde, eine Ausgabe, die er von seinem Budget würde bezahlen müssen. Und dieser Flug war erst der Anfang. Sie würden noch einmal rausfliegen müssen, mit der Gerichtsmedizinerin und der Spurensicherung, bevor sie den Leichnam und eventuelles Beweismaterial bergen konnten. Und dann die Presse … Vielleicht, dachte Willer hoffnungsvoll, war das nur ein weiterer Mord in der Drogenszene und der Presse nicht mehr als eine kleine Meldung in der Lokalzeitung wert.
    Ja, bitte, Gott, lass es einen Drogenmord sein.
    »Da. Der Joaquin Wash. Jetzt nach Osten«, wies Broadbent den Piloten an. Willer warf dem Mann, der ihm den Abend versaut hatte, einen Seitenblick zu. Er war groß und langgliedrig, und einer seiner abgetragenen Cowboystiefel wurde von einem Streifen Klebeband zusammengehalten.
    Der Hubschrauber legte sich in die Kurve, weg vom Fluss.
    »Könnten Sie etwas runtergehen?«
    Der Heli flog tiefer und zugleich langsamer. Willer konnte die Ränder des Canyons im Mondlicht klar erkennen, während die Schluchten selbst wie bodenlose Abgründe wirkten. Verdammt unheimliche Gegend.
    »Das Labyrinth ist genau unter uns«, sagte Broadbent. »Die Leiche lag am Eingang, an der Stelle, wo das Labyrinth auf den Joaquin Canyon trifft.«
    Der Hubschrauber flog noch langsamer und zog eine Schleife. Der Mond stand fast genau über ihnen und beleuchtete zum Großteil sogar den Grund der Schlucht. Willer sah nichts außer silbrigem Sand.
    »Landen Sie da auf der offenen Fläche.«
    »Klar.«
    Der Pilot ließ den Heli schweben und begann das Landemanöver. Die Rotoren wirbelten einen kleinen Sandsturm auf, bevor die Maschine den Boden erreichte. Gleich darauf kamen sie zum Stehen, die Staubwolken zogen ab, und das pfeifende Dröhnen der Rotoren wurde leiser.
    »Ich bleibe beim Hubschrauber«, erklärte der Pilot. »Macht ihr euer Ding.«
    »Danke, Freddy.«
    Broadbent kletterte hinaus, und Willer folgte ihm; er duckte sich, hielt gegen den aufgewirbelten Sand eine Hand vor die Augen und joggte, bis er aus dem Luftstrom heraus war. Dann blieb er stehen, richtete sich auf, zog die Packung aus der Brusttasche und zündete sich eine Zigarette an.
    Broadbent ging weiter. Willer schaltete seine starke Taschenlampe ein und leuchtete die Umgebung ab. »Dass Sie mir nicht auf irgendwelche Spuren treten«, rief er Broadbent zu. »Sonst kriege ich es mit den Jungs von der Spurensicherung zu tun.« Er richtete den Lichtkegel auf den Eingang des Canyons. Da war nichts, nur flacher Sand zwischen zwei hohen
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