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Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit

Titel: Der Bund des Raben 03 - Kind der Dunkelheit
Autoren: James Barclay
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hätte besser machen können. Die sechs noch lebenden Protektoren und Aeb führten eine Zeremonie für ihre gefallenen Brüder durch.
    Der Unbekannte humpelte neben Hirad durch die Trümmer des Hauses und den Weg zum Strand hinunter.
    »Was meinst du, wie sie damit zurechtkommt?«, fragte der große Mann.

    »Erienne?«
    »Wer sonst?« Der Unbekannte schwieg einige Schritte lang. »Ein Kind zu verlieren, auf welche Art auch immer, das ist ein schrecklicher Schlag. Erienne hat dies zweimal erlebt. Erst die Zwillinge, jetzt Lyanna.«
    »Wir werden für sie da sein«, sagte Hirad.
    Der Unbekannte lächelte. »Ich weiß, aber sie wird mehr als das brauchen. Stelle es dir nur vor. Alle ihre Kinder sind tot. Sie ist niedergeschlagen. Ihr Glaube an ihre Fähigkeiten als Mutter ist dahin. Ich glaube nicht, dass sie jemals darüber hinwegkommen wird. Lyanna war ihr Ein und Alles.«
    »Denser ist der Schlüssel, nicht wahr?«, sagte Hirad. »Er ist der Einzige, der ihren Kummer teilt und versteht, was sie durchmacht, und er kann ihr helfen, damit sie wieder an sich selbst glaubt.«
    »Auch er wird unsere Hilfe brauchen. Es wird eine schwierige Zeit. Vor allem für Denser und Erienne, aber wir brauchen alle Geduld und Nachsicht. Auch du.«
    »Ich hab’s begriffen«, sagte Hirad.
    Die Freunde liefen weiter, und Hirad bemerkte, wie der Blick des Unbekannten in weite Fernen schweifte. Offenbar ging es bei ihrem Spaziergang um mehr als nur darum, ihn zu erinnern, dass er sich beherrschen sollte.
    »Was ist denn los?«, fragte er.
    »Kannst du die fühlen, die dich am meisten brauchen?« , fragte der Unbekannte.
    »Wie meinst du das?«, fragte Hirad.
    »Nun ja, weißt du tief in dir, dass sie leben und auf dich warten?«, erklärte der Unbekannte.
    Hirad zuckte mit den Achseln. »Ich denke schon. Ich will es mal so sagen: Wenn Sha-Kaan tot wäre, dann würde ich es spüren.«

    »Also ist er nicht tot?«
    »Nein.« Hirad schüttelte den Kopf.«Es kann sogar sein, dass er dieses Klima hier für eine Weile genießen wird. Wärme und Feuchtigkeit. Fast so wie bei ihm daheim.«
    »Das will ich hoffen.«
    »Du denkst an Diera und Jonas, nicht wahr?«
    Der Unbekannte blieb stehen und stützte sich auf einen umgekippten Baum.
    »Ich will einfach nur wissen, ob sie wohlauf sind.«
    »Tja, du bist ja bald wieder zu Hause.«
    »Nicht bald genug«, gab der Unbekannte zurück. »Bald genug, das wäre jetzt sofort, heute noch.«
    Hirad ging weiter, der große Mann folgte ihm humpelnd. Er zog das linke Bein etwas nach.
    »Denkst du denn, du müsstest sie irgendwie fühlen?«, fragte Hirad nach einer Weile.
    »Ich glaube schon«, meinte der Unbekannte. »Ist das nicht albern?«
    »Überhaupt nicht.« Hirad legte ihm einen Arm auf die Schultern. »Es geht ihnen sicher gut. Tomas hat doch auf sie aufgepasst.«
    Sie kamen um die Wegbiegung und liefen über den Sand, der unter ihren Füßen knirschte. Myriell stand dort mit Ren. Sie blickten zur See hinaus und drehten sich um, als die Männer sich näherten.
    »Nun, Rabenkrieger«, sagte Myriell mit müder, schwacher Stimme. »Warum blickt ihr so düster drein?«
    »Wir sind es nicht gewohnt zu versagen«, erklärte Hirad ihr.
    »Versagen?«, gab Myriell zurück. »Wer sagt denn, dass ihr versagt habt?«
    »Lyanna ist tot«, knurrte der Unbekannte. »Wir sind gekommen, um sie zu retten. Wir haben versagt.«

    »Ich kann verstehen, dass es für euch so aussieht«, antwortete Myriell. »Und ich kann auch Eriennes Reaktion verstehen. Auch wir sind traurig, dass wir zwei Schwestern verloren haben. Lyanna war ein ganz besonderes Kind, und sie wird niemals ganz fort sein. Nur ihr Körper ruht.«
    »Was redest du da?«, wollte Hirad wissen.«Ihr habt sie doch umgebracht, oder nicht?«
    »Sie war schon tot«, entgegnete Myriell. »Das müsst ihr mir glauben.«
    »Du musst vor allem Erienne überzeugen, nicht uns«, sagte Hirad.
    »Ich weiß.« In Myriells Augen funkelte eine neue Energie. »Aber ihr müsst verstehen, dass ihr nicht gescheitert seid. Höre gut zu, Rabenmann. Ihr habt dieser Welt eine Erlöserin geschenkt. Und diese Welt wird eine Erlöserin brauchen, glaube mir.«
    »Das verstehe ich nicht«, gab Hirad zu.
    »Erienne«, erklärte Myriell. »Was sie jetzt in sich trägt, muss beschützt werden. Ein Glück, dass die Dordovaner glauben, ihre Arbeit sei mit dem Tod der armen Lyanna getan. Das Eine ist eine Macht, die nicht aus dieser Dimension verschwinden darf, noch nicht. Es ist nicht leicht,
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