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Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers

Titel: Der Bund des Raben 02 - Jäger des Feuers
Autoren: James Barclay
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mein Junge?«
    »Von einem Gehöft drei Meilen nördlich von Blackthorne, mein Lord.« Er starrte den Boden vor seinen Füßen an. »Ich bin jetzt wohl der Herr auf dem Hof. Falls dort überhaupt noch etwas übrig ist.«
    Blackthorne sah, dass Luke, kaum älter als sechzehn, mit den Tränen rang. Das lange dunkle Haar fiel zu beiden Seiten seines Gesichts herunter. Der Baron drückte seine Schulter und ließ die Hand sinken.
    »Wir alle haben Menschen verloren, die wir lieben, Luke«, sagte er. »Doch was wir zurückerobern können, das werden wir uns holen, und diejenigen, die zu mir gestanden und den Osten vor den Wesmen gerettet haben, wird man als Helden feiern. Die Lebenden wie die Toten.« Er unterbrach sich und hob Lukes Kinn, um dem Jungen in die feucht schimmernden Augen zu sehen.
    »Hattest du denn ein gutes Leben auf deinem Hof?«, fragte er. »Sprich aufrichtig.«
    »Es war schwer, mein Lord«, sagte Luke mit vor Bewunderung glühendem Gesicht. »Und nicht immer glücklich, wenn ich ehrlich sein soll. Das Land ist nicht immer freundlich, und die Götter haben uns nicht jedes Jahr mit Kälbern und Lämmern gesegnet.«
    Blackthorne nickte. »Dann habe ich dich und die anderen, die so sind wie du, im Stich gelassen. Dennoch warst du bereit, dein Leben für mich in die Waagschale zu werfen. Wenn wir wieder die Herren in Blackthorne sind, wollen
wir uns ausführlich unterhalten. Aber jetzt hast du mir etwas zu melden, glaube ich?«
    »Ja, mein Lord.« Luke zögerte, und der Baron forderte ihn mit einem Nicken auf weiterzusprechen. »Es sind insgesamt fünfhundertzweiunddreißig, mein Lord. Achtzehn davon sind Magier, fünf von ihnen sind zu schwer verletzt, um Sprüche zu wirken. Wir haben fünfhundertvierzehn Bewaffnete, aber mehr als vierhundert haben in der Schlacht irgendwelche Verletzungen davongetragen. Einhundertfünf können überhaupt nicht kämpfen. Ich habe die nicht mitgezählt, die bis morgen früh sterben werden.« Luke hielt inne. »Mein Lord«, fügte er hinzu.
    Blackthorne zog die Augenbrauen hoch. »Und warum bist du so sicher, dass diese Männer sterben werden?«
    »Ich habe es oft genug auf dem Hof gesehen, mein Lord«, sagte Luke, der endlich ein wenig Selbstvertrauen fasste. »Wir sind nicht so unterschiedlich, wir Menschen und die Tiere. Ich höre es am Atem, und ich sehe es in den Augen und daran, wie ihre Körper liegen. Im Innern wissen wir es, wenn unsere Zeit gekommen ist, und die Tiere wissen es auch, und das sieht man.«
    »Ich muss dir wohl glauben«, sagte Blackthorne. Er staunte, als ihm bewusst wurde, dass er in seinem langen Leben vermutlich weniger Tote gesehen hatte als dieser junge Bursche. Gewiss hatten sie in den letzten beiden Tagen genügend Leichen gesehen, um für ein ganzes Leben genug zu haben, doch er hatte bisher noch nie weiter darüber nachgedacht. Für Luke aber war der Tod von Vieh ein wirtschaftliches Problem und ein Berufsrisiko. »Wir müssen uns ein andermal weiter unterhalten, Luke. Ich schlage vor, dass du dir jetzt einen Platz suchst, an dem du dich niederlegen kannst. Wir haben schwere Tage vor uns, und ich brauche Männer wie dich.«

    »Gute Nacht, mein Lord.«
    »Gute Nacht, Luke.« Blackthorne sah dem jungen Mann nach, als er fortging. Er hielt den Kopf ein wenig höher, und seine Schritte waren ein wenig länger. Der Baron schüttelte leise den Kopf, und das Lächeln spielte wieder um seine Lippen.
    Unter anderen Bedingungen hätte der Bauernsohn Luke auch ein Lord werden können. Blackthorne war sicher, dass der Bursche sich auf einer Burg ebenso heimisch gefühlt hätte wie im Kuhstall.
    Der Baron grübelte über die Zahlen, die Luke ihm genannt hatte. Weniger als vierhundertfünfzig Männer, die noch kämpfen konnten. Erschreckend wenige Magier, und selbst diejenigen, denen er noch etwas abverlangen konnte, waren auf die eine oder andere Weise verletzt. Er schätzte, dass die Wesmen ihnen immer noch zwei zu eins überlegen waren, und er hatte keine Ahnung, wie viele in seiner Stadt oder am Brückenkopf hockten, wie viele auf der Straße nach Gyernath unterwegs waren und wie viele im Osten umherschwärmten. Er nagte an der Unterlippe und versuchte, das Flattern, das er auf einmal im Herzen spürte, zu unterdrücken. Schwere Zeiten. Und er musste stärker sein, als er je gewesen war.
    Die Wahrheit war doch, dass die Wesmen trotz des Verlusts ihrer Magie immer noch Korina erreichen konnten, wenn nicht bald entlang der Blackthorne-Berge aus dem
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