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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch
Autoren: John Burdett
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Würze) und begrüßt mich mit einem trägen Blinzeln sowie dem Gruß aller Leute vom Land: »Hast du schon was gegessen?«
    »Ja, einen Happen.«
    Nachdem ich sie geküsst habe, beginne ich, ihren Bauch zu streicheln. Wir witzeln gern, dass der Fötus eine Reinkarnation meines früheren Partners und Bruders im Geiste Pichai ist. – Aber letztlich begreifen wir das beide nicht als Scherz, denn seit Kurzem träumen wir fast nächtlich von ihm, und Chanya kann ihn genau beschreiben, obwohl sie ihn nie persönlich kennengelernt hat. Also frage ich: »Wie geht’s Pichai?«
    »Gut, er strampelt vor sich hin.« Sie sieht mir in die Augen. »Und?«
    »Ich hab Kimberley die DVD gezeigt. Ihrer Meinung nach kann man die Augen des Täters biometrisch analysieren, das wäre dann so etwas wie ein Fingerabdruck. Heutzutage muss jeder Ausländer bei der Einreise in Thailand auf Drängen der Vereinigten Staaten ein digitalisiertes Passfoto einreichen. ›Freiheit und Demokratie‹ heißt das wohl. Früher oder später werden wir ihn erwischen.«
    Sie legt mir die Hand auf die Stirn, um zu prüfen, ob ich Fieber habe. »Du hast dich noch nie so aufwühlen lassen von einem Fall. Liegt’s daran, dass ihr mal ein Paar wart?«
    »Woran sonst?«
    »Nun, vielleicht hat’s mit dem Ende von dem Film zu tun. Was meint Kimberley dazu?«
    »Mit dem kommt sie auch nicht zurecht. War eine merkwürdige Stimmung beim Anschauen.«
    »Sogar noch im Tod gelingt es dieser Frau, deine Welt auf den Kopf zu stellen.«
    Ich brauche eine Weile, bis ich diese scharfsinnige Beobachtung verdaut habe. »Nicht nur die meine. Obwohl die FBI-Frau nun wirklich nicht naiv ist, hat sie einen Schock erlitten. Tja, das passiert wohl, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Man will’s nicht glauben, aber die Beweise sind überwältigend.«
    Chanya ergreift meine Hand und legt sie tröstend auf ihren Bauch.

4
    Ich habe mich natürlich schon in ihrer Wohnung umgesehen, in der ihre Leiche gefunden wurde, allerdings nur oberflächlich, weshalb ich gern noch eine gründlichere Durchsuchung vornehmen würde. Gestern hätte ich genug Zeit gehabt, aber da war leider Mittwoch, und mittwochs lässt man am besten die Finger von den Toten. Im Westen führen alle Straßen nach Rom; im Osten kann man jeden Aberglauben nach Indien zurückverfolgen. Unsere brahmanischen Lehrmeister haben uns genaue Instruktionen hinterlassen, unter anderem Farbempfehlungen für die unterschiedlichen Wochentage. Wenn in Thailand dienstags eine auffällige Häufung von Pinktönen festzustellen ist, dann liegt es daran. Normalerweise halte ich mich nicht an diese Tradition, aber nervös, wie ich jetzt bin, beuge auch ich mich ihr. Heute beispielsweise wähle ich bewusst Orange für Socken, Hemd und Taschentuch – sicher ist sicher.
    Damrongs Apartment befindet sich in einem Wohnhaus der Mittelklasse an der Soi 23, nur einen Katzensprung von unserer Bar, dem Old Man’s Club, entfernt, wo ich die vergangene Nacht verbracht habe. (Ja, ich geb’s zu: Ich wollte Chanya und Pichai an einem Mittwochabend, wenn der schwarze Gott Rahu den Himmel beherrscht, kein Unglück bringen; falls Damrongs Geist sich auf mich stürzen würde, dachte ich, wäre es besser, mich diesem Angriff im Club zu stellen.)
    Es ist später Vormittag, als ich die Bar für den Abend vorbereite; im Wesentlichen besteht meine Aufgabe darin, Bier und Höherprozentiges zu bestellen, zu überprüfen, ob das Putzpersonal ordentlich gearbeitet hat, und mich um den Buddha zu kümmern, eine Figur von etwa einem halben Meter Höhe, die auf einem Regal hoch über der Kasse thront. Der Buddha hat einen Mordsappetit auf Lotusgirlanden und lässt den Glücksstrom sofort versiegen, wenn ich vergesse, für Nachschub zu sorgen. Bevor ich mich in Richtung Damrongs Wohnung bewege, suche ich in einer soi einen Straßenverkäufer mit Lotusgirlanden, kreung sangha tan (Mönchskörbe voll hübscher Sachen wie Seife, Chips, Bananen, Zucker, Instantkaffee, die man erwirbt und für sein Lieblings- wat spendet, um sich Verdienste zu erwerben), Glockenspielen, Bambusstühlen und Schnittblumen auf. Ich kaufe drei Girlanden, bringe sie in den Club, schmücke unseren gierigen kleinen Buddha damit, und entzünde ein Räucherstäbchen, das ich pflichtschuldig zwischen den Händen halte, während ich ihn mit einem wai bedenke, hoffend, dass ich genug getan habe, um den heutigen Tag unbeschadet zu überstehen.
    Dann warte ich etwa eine halbe Stunde
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