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Der buddhistische Mönch

Der buddhistische Mönch

Titel: Der buddhistische Mönch
Autoren: John Burdett
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er einen Beamten zu Damrongs Mutter schickt. Laut Akten starb ihr Vater, als sie ein Teenager war. Sie hat einen jüngeren Bruder, der, soweit ich weiß, noch lebt. Eine Überprüfung der Datenbank ergibt, dass er vor zehn Jahren wegen Besitzes von und Handels mit yaa baa, das heißt Methamphetaminen, verurteilt wurde.
    Wenn ich nichts über Damrongs Familiengeschichte wüsste, käme ich vielleicht auf die Idee, ihre Mutter zu einem Gespräch nach Bangkok einzuladen, doch während unserer kurzen Affäre erzählte Damrong mir etwas über sie, das ein solches Vorgehen unmöglich macht. Also beschließe ich, meine Ermittlungen mit Hilfe der Regierungsdatenbank fortzuführen, wofür ich die Genehmigung von Colonel Vikorn, dem Chef von District 8, einholen muss. Bislang habe ich ihn nur in groben Zügen über den Fall informiert, aber heute Morgen werde ich mich mit ihm treffen, denn donnerstags pflegen der Colonel und ich ein seltsames Ritual.
    Nennen wir es eine Folge der Globalisierung. Wie bei vielen Thais (etwa dreiundsechzig Millionen, die paar Freaks wie ich nicht mitgezählt) war auch Colonel Vikorns Interesse an der westlichen Kultur früher gelinde gesagt ziemlich mau. Mit den Jahren jedoch, als er älter wurde und sein Methamphetamin-Kerngeschäft ihm immer lukrativere Exportverträge erschloss, wollte er mehr über seine Kunden erfahren und beauftragte mich, ihn über wichtige Tendenzen in Europa und den Vereinigten Staaten auf dem Laufenden zu halten, vor allem über die Preisentwicklung bei yaa baa im Straßenhandel der Großstädte. Irgendwann bestand meine Existenzberechtigung fast nur noch darin, das aufzuspüren, was die New York Times zu den Themen »Methamphetamine, Drogenbehörde, Drogenmissbrauch, Pornoindustrie« bot. Der Punkt »Porno« war dabei ursprünglich lediglich als Abwechslung zu den herzergreifenden Geschichten über die Kriminalisierung von drogensüchtigen Familien gedacht, die sich sonst durch Alkohol an den Rand des Abgrunds gebracht hätten. Nach einer Weile jedoch entwickelte Vikorn eine gewisse Faszination für die Pornographie. Er wollte immer mehr erfahren, und seit Kurzem ist er ganz wild darauf. Vor ein paar Tagen habe ich zufällig einen grandiosen Artikel im Archiv der New York Times gefunden. Ich weiß, dass Vikorn sich nicht sonderlich für den Fall Damrong interessiert, also muss ich ihn mit diesem Bericht auf die falsche Fährte locken.
    »Hören Sie sich das an«, sage ich und fasse den Inhalt des Artikels kurz für ihn zusammen.
    Der Colonel ist so begeistert, dass ich ihm den Text Wort für Wort übersetzen muss. Darin geht es um die Entwicklung der Pornographie innerhalb eines Jahrzehnts, in dem sie sich von einer anrüchigen Millionen-Dollar-Branche zu einer gewaltigen und folglich angesehenen Milliarden-Dollar-Industrie gemausert hat, vom Schmuddelpostkartenhandel über Videotheken und Postversand zu Downloads aus dem Internet. (Allein im Jahr 2000 wurden in den Staaten siebenhundert Millionen Hardcore-Porno-Videos oder -DVDs ausgeliehen – das sind genau zweieinhalb Filme pro US-Bürger, in denen im Schnitt zwei oder mehr Penisse eine entsprechende Anzahl von Mündern oder Vaginas penetrieren, was bedeutet, dass der Durchschnittsamerikaner 2000, als der Artikel erschien, mittelbar an nicht weniger als fünf Orgien teilnahm. Angeblich hat sich die Zahl seitdem mehr als verdoppelt. Und dabei sind noch nicht einmal die Statistiken für homosexuelle Pornographie berücksichtigt.) Mit anderen Worten: Auch konservative Unternehmen konnten sich dem Investitionsanreiz der Pornographie nicht mehr entziehen. Ähnlich wie die Internet-Wetten überdauerte sie im Wesentlichen das Zerplatzen der Dot-Com-Blase, was beweist, dass ein Engagement in diesem Bereich praktisch nur Erfolg bringen kann.
    Als ich mit meiner Übersetzung fertig bin, strafft Vikorn, sonst ein eher ziemlich lässiger sechzigjähriger Zyniker, die Schultern. Ihm scheint etwas Wesentliches aufgegangen zu sein. Plötzlich sieht er zehn Jahre jünger aus.
    »Lies mir noch mal die Zahlen vor«, weist er mich an und fügt anerkennend hinzu: »Erstaunlich. Farangs sind ja noch durchtriebener als thailändische Polizisten. Soll das heißen, dass diese heuchlerischen westlichen Fernsehjournalisten, die sich immer so schrecklich über unsere Bordelle aufregen, den größten Teil ihres Lebens in Fünf-Sterne-Hotels verbringen, wo sie sich Pornos im Pay-TV ansehen?«
    »Tja, die westliche Kultur basiert nun mal auf
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