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Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner

Titel: Der Buchdrucker der Medici - Eine Hommage an Michael Wagner
Autoren: Christoph W Bauer
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Kulissenmaler erblickt Wagner, Schneider, Seidensticker und Kürschner, Säckler, Huter, Stuckateure und Portenmacher. Dann die Komponisten, Sänger, Bühnenarchitekten, ganz zu schweigen von –
    Wonneschauer durchrieseln Wagner, denkt er an die Besetzung des Orchesters. Violinen, Violen, Gamben und Bassgeigen, bei den Bläsern tun sich die Kornettisten hervor, die Zinkenisten wissen zu berauschen. Schon stimmt das Fagott ein, Trompeten, Posaunen und Pauken in reicher Besetzung; dazu die Meister auf der Harfe und Theorbe. Auf Letzterer versucht sich ab und an auch Guarinoni. An der Laute geht am Pfalzgrafen kein großer Künstler verloren. Wagner kann sich ein Schmunzeln kaum verkneifen.
    Guarinoni ist kein Freund prunkvoller Hofhaltung. Für Wagner aber – Und profitiert nicht auch Johann Martin davon? Als sein Gönner stirbt und ein neuer Landesfürst den Sparstift ansetzt, wendet sich Martin enttäuscht vom Hofleben ab.
    „Auf, träge Seel, auf, auf! Dem Untergang entlauf. Dein Schlafen ist Sterben, dein Ruhen Verderben, dein Leben ist Träumen, dein Warten Versäumen.“
    Gerne memoriert Wagner diese Verse, Zeilen aus der Feder seines einstigen Autors. In einer anderen Offizin werden sie gedruckt, Jahre später. Johann Martin ist zu diesem Zeitpunkt bereits in den Kapuzinerorden eingetreten und nimmt als Ordensbruder einen Namen an, der in keinem Buch mit barocker Dichtung fehlt: Laurentius von Schnifis.
    Viel ruhiger ist er geworden im Laufe der Jahrhunderte. Was konnte Wagner sich noch ärgern, als die Schreiberlinge anfingen, frech zu werden und Entgelt zu fordern für ihre Elaborate. Sollten dankbar sein, dass man sich ihrer Manuskripte annahm. Das war die gängige Meinung unter seinen Kollegen damals. Stattdessen aber bezeichneten sie ihn und seinesgleichen als gewissenlose Ausbeuter, denen der Profit, nicht jedoch der Wert am Herzen liege. Dabei hatten die Schriftsteller, wie sie sich plötzlich nannten, doch mehr im Säckel als die meisten ihrer Verleger; waren Angehörige des Gelehrtenstandes, Mediziner, Juristen, Hochschullehrer, fürstliche oder städtische Beamte. Die hatten Zeit, Geld und Muse, läppische Blumenorden zu gründen und unter kindischen Pseudonymen ihre Zoten auszuhecken. Es gab Ausnahmen, absolut. Schließlich stammte das
Buch von der deutschen Poeterey
vom Sohn eines Metzgers. Aber allgemein sehnte man sich rasch zurück in jene Tage, als die Verfasser noch ihres Ansehens wegen schrieben, Autoritäten waren, Autoren eben.
    Die Helmzier aus vier Straußenfedern in den Farben Gelb, Schwarz, Rot, Weiß. Darunter ein zweigeteilter Schild, in dessen oberen Hälfte drei rote Querbalken in weißem Feld, in seiner unteren ein auf Wolken stehendes Wagenrad auf gelbem Grund –
    Eitel nennt man ihn, einen Emporkömmling. So manch alteingesessener Städter wendet sich ab. Wagner streicht über das Siegel. Nichts hat er unversucht gelassen, diesen Wappenbrief zu bekommen. Um sein Ziel zu erreichen, musste er einen kleinen Umweg nehmen. Sich mit einem entsprechenden Ansuchen an den Landesfürsten zu wenden, hatte wenig Aussicht auf Erfolg. Noch nicht lange genug war er Meister und Bürger der Stadt. Aber ein Wappen musste her, koste es, was es wolle. Auch der Winkler hat eins.
    Alles eine Frage des Preises. Und der ist immer verhandelbar, solange Hofpfalzgrafen Wappenbriefe verleihen und sich daraus einen einträglichen Nebenverdienst schaffen. Ist der Pfalzgraf noch dazu ein Autor, dessen Werke –
    Es bedurfte keiner großen Überredungskünste. Rasch erklärte sich Hippolyt Guarinoni bereit, seinem Verleger für eine kleine Aufwandsentschädigung einen Gefallen zu tun.
    Schau an, der Winkler wird Stadtrichter! Umso besser, ihn zum Freund zu haben. Eine Waage besitzt er als Apotheker ja, will er damit jetzt Iustitia spielen? Es fällt Wagner schwer, Georg Winkler nicht auf den Arm zu nehmen. Kaum sieht er ihn durch die Stadt schleichen, ruft er ihm aus der Offizin zu: Ehrlose Gastwirte auf frischer Tat ertappt? Gar das Vergnügen gehabt, einen Zechbruder zu verhören? Herr, schütze uns vor den Bäckern, die sich um die vorgeschriebene Norm ihrer Brotlaibe nichts scheren!
    Wagner selbst hat keine Ambitionen auf ein Amt. Um ein solches auszuüben, fehlt ihm schlicht die Zeit. Stundenlange Debatten, all das Gezänk um nichts! Es reicht ihm, wenn er vor die Stadtoberen zitiert wird. Und das geschieht nicht selten. Für alles muss er um Erlaubnis bitten. Ein Haken ist kein Haken, ein Brett nicht
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