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Der Bourne Betrug

Der Bourne Betrug

Titel: Der Bourne Betrug
Autoren: Robert Ludlum
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hatte. Sie hatten ihn aus dem Schlaf hochschrecken lassen: Albträume, die sogar im hellen Schein der Lampen, die er eingeschaltet hatte, noch manifest waren.
    Blut. Blut an seinen Händen, Blut an seiner Brust. Blut auf dem Gesicht der Frau, die er trägt. Marie! Nein, nicht Marie! Eine andere Frau, ihr biegsam schlanker Hals blass unter Strömen von Blut. Ihr Leben strömt aus ihrem Körper, färbt seine Kleidung blutrot, tropft aufs Straßenpflaster, über das er in einer kalten Nacht keuchend rennt. Wo ist er? Weshalb rennt er? Großer Gott, wer ist sie?
    Er war hochgeschreckt, hatte sich angezogen, obwohl es mitten in der Nacht war, war aus dem Haus geschlüpft und
war in vollem Tempo durch die kanadische Wildnis gerannt, bis er Seitenstechen bekommen hatte. Der knochenweiße Mondschein hatte ihn verfolgt wie die blutigen Bruchstücke alter Erinnerungen. Er hatte beide nicht abschütteln können.
    Jetzt belog er diesen Arzt. Nun, weshalb auch nicht? Er traute ihm nicht, obwohl Martin Lindros – der stellvertretende CI-Direktor (DDCI) und Bournes Freund – ihm Sunderland mit Hinweis auf dessen eindrucksvolle Referenzen empfohlen hatte. Lindros hatte den Namen auf einer Liste gefunden, die das Büro des DCI zur Verfügung gestellt hatte. Nach der Quelle brauchte Bourne seinen Freund nicht zu fragen: Anne Helds Paraphe unten auf jeder Seite bestätigte seine Vermutung. Anne Held war die Assistentin des Alten, seine strenge rechte Hand.
    Â»Mr. Bourne?«, spornte der Psychiater ihn an.
    Nicht, dass das notwendig gewesen wäre. Er sah Maries Gesicht, blass und leblos, und spürte Lindros’ Gegenwart neben sich, während er sich anstrengte, das dialektgefärbte Englisch des frankokanadischen Coroners zu verstehen. »Die Viruslungenentzündung war schon so weit fortgeschritten, dass ihr niemand mehr helfen konnte. Sie können sich mit dem Bewusstsein trösten, dass sie nicht leiden musste. Sie ist eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht.« Der Coroner hatte von der Toten zu ihrem tief bekümmerten Ehemann und seinem Freund hinübergesehen. »Wäre sie von diesem Skiausflug nur früher zurückgekommen …«
    Bourne hatte sich auf die Unterlippe gebissen. »Sie war mit unseren Kindern unterwegs. Jamie hatte sich bei der letzten Abfahrt den Knöchel verdreht. Alison war völlig verängstigt.«
    Â»Sie hat keinen Arzt aufgesucht? Und wenn der Knöchel nun verstaucht oder gebrochen gewesen wäre?«
    Â»Das verstehen Sie nicht. Meine Frau … ihre ganze Familie sind Leute, die sich viel im Freien aufhalten, Rancher, abgehärtete
Naturliebhaber. Marie hat von frühester Jugend an gelernt, sich in der Wildnis zurechtzufinden. Sie hatte keine Angst vor ihr.«
    Â»Manchmal«, hatte der Coroner gesagt, »hat ein bisschen Angst auch ihr Gutes.«
    Â»Sie haben kein Recht, sie zu verurteilen!« , hatte Bourne kummervoll und zornig ausgerufen.
    Â»Sie verbringen zu viel Zeit mit Toten«, hatte Lindros den Coroner getadelt. »Sie müssen an Ihren Fähigkeiten im Umgang mit Leuten arbeiten.«
    Â»Entschuldigung.«
    Bourne hatte tief durchgeatmet und sich an Lindros gewandt: »Sie hat mit mir telefoniert; sie dachte, sie hätte nur eine Erkältung.«
    Â»Eine auf der Hand liegende Vermutung« , hatte sein Freund gesagt. »Jedenfalls hat sie nur an ihren Sohn, an ihre Tochter gedacht.«
    Â»Wann haben diese bruchstückhaften Erinnerungen also angefangen, Mr. Bourne?«
    Dr. Sunderland sprach mit leicht osteuropäischem – rumänischem? – Akzent. Mit seiner breiten, hohen Stirn, der markanten Nase und dem energischen Kinn war er ein Mann, zu dem man leicht Vertrauen haben, dem man sich leicht anvertrauen konnte. Er trug eine Nickelbrille und hatte sein Haar auf seltsam altmodische Weise mit Brillantine zurückgekämmt. Für ihn gab es keinen PDA, keine hastig geschriebenen SMS-Nachrichten.
    Vor allem versuchte er nicht, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Zu seinem Dreiteiler aus schwerem Harris-Tweed trug er eine rote Fliege mit weißen Punkten.
    Â»Kommen Sie, kommen Sie.« Dr. Sunderland hielt seinen großen Kopf schief, was ihm das Aussehen einer Eule verlieh. »Sie müssen entschuldigen, aber ich bin mir ziemlich
sicher, dass Sie – wie soll ich’s sagen? – die Wahrheit vor mir verbergen.«
    Bourne war sofort alarmiert.
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