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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch
Autoren: Aufbau
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Angelegenheit wie dieser, in der die Gemeinschaft von Lios Mór von dunklen, übernatürlichen Kräften spricht, müsste ich die in meinen Augen Geeignetsten hinschicken, um eine rasche Klärung herbeizuführen. Willst du leugnen, dass du und Eadulfin der Vergangenheit gemeinsam und mit Erfolg an der Lösung ähnlicher Probleme gearbeitet habt?«
    »Das streite ich nicht ab. Aber offensichtlich willst du nicht wahrhaben, was ich dir über Eadulf gesagt habe.«
    »O doch, ich habe es sehr wohl verstanden, Fidelma.«
    »Er wird nicht darauf eingehen«, erklärte sie entschieden. »Er wird nicht kommen.«
    »In dem Falle bist du von der Bedingung entbunden und kannst dich allein auf den Weg machen.«
    Fidelma zögerte. Die Worte ihres Bruders klangen, als zweifelte er nicht im Geringsten an Eadulfs Erscheinen.
    »Wir werden ja sehen.«
    Später, als sie allein in ihrem Zimmer war, ließ sich Fidelma alles noch einmal durch den Kopf gehen. Sie musste sich eingestehen, dass sie hoffte, Eadulf würde kommen. Aber er konnte sehr dickköpfig sein, und bei ihrer letzten Auseinandersetzung war sie ausgesprochen bissig zu ihm gewesen. Sinnend starrte sie in das schwelende Feuer und sah die Bilder des Abschieds vor sich. Er hatte sie als anmaßend bezeichnet, ihr vorgeworfen, es ginge ihr vorrangig um ihre eigenen Wünsche und Vorstellungen, sie würde selten oder gar nicht an die Belange anderer denken. Er war sogar so weit gegangen, zu sagen, dass sie Meinungen und Auffassungen anderer nicht toleriere. Das war nun wirklich übertrieben. Sie kannte ihre eigenen Fehler.
    Als Eadulf ihr Eigenliebe vorhielt und dass sie auf andere herabsah, hatte sie die Beherrschung verloren und ihm gesagt, er möge gehen. Es stimmte, dass sie Unwissenheit und falschen Stolz bei anderen nicht duldete, aber was ihren eigenen Stolz betraf … Dass sie von ihrem Wissen in Rechtsfragen überzeugt war und sich nicht scheute, andere mit ihren Kenntnissen herauszufordern, hielt sie nicht fürStolz. Dummköpfe ertrug sie nur schwer, und sie ließ sie es spüren. Das war kein Hochmut. Ungerechtfertigten Stolz oder Wichtigtuerei konnte man ihr nicht nachsagen. Nur wenn sie es mit jemandem zu tun hatte, der sie nicht als ebenbürtig behandelte, sah sie sich gezwungen, ihn daran zu erinnern, dass sie den zweithöchsten Grad erworben hatte, der an Hohen Schulen des Rechtswesens vergeben wurde. Und wenn auch das nicht zu dem nötigen Respekt führte, verwies sie darauf, dass sie die Tochter und die Schwester eines Königs war. Es war ein Leichtes, von anderen an die Wand gedrückt zu werden, und sie war entschlossen, bei allem, was sie als Beschneidung ihrer Eigenständigkeit empfand, zurückzuschlagen. Sollte das wirklich anmaßend und hochmütig sein, wie Eadulf es genannt hatte?
    Fidelma seufzte. Sie war sich dessen bewusst, dass sie versuchte, ihre Fehler zu rechtfertigen, und das machte sie nur noch gereizter. Gleichzeitig versuchte sie, mit ihren Gefühlen für Eadulf klarzukommen. Er war der zweite Mann, dem sie gestattet hatte, an ihrem Leben teilzuhaben. Der erste war ein junger Krieger namens Cian gewesen, der ihre Sinne als Mädchen geweckt und sie dann brutal wegen einer anderen sitzengelassen hatte. Sie war gerade erst achtzehn gewesen, als sie den hübschen Krieger aus der Leibgarde des Hochkönigs, der Fianna, kennenlernte. Cians Werben um sie war oberflächlich geblieben und hatte in ihr einen Aufruhr sich widerstreitender Gefühle bewirkt. Lange hatte die Erinnerung an Cian sie verfolgt, bis sie ihm auf einem Schiff mit Pilgern wieder begegnete, und erst die Geschehnisse dort hatten sie die Torheit des bittersüßen Schmerzes dieses Liebeserlebnisses in jungen Jahren erkennen lassen.
    Und Eadulf? Eadulf war völlig anders als Cian. Als sie ihn das erste Mal erlebte, das war auf der großen Synode gewesen,die König Oswy in Streoneshalh anberaumt hatte, mochte sie ihn nicht, aber als die Ratsversammlung zu Ende ging, musste sie sich zögernd eingestehen, dass er ihr ein Freund geworden war. Es dauerte lange, bis sie begriff, dass Partnerschaft in der Ehe sich auch auf Freundschaft gründen konnte. Selbst dann war sie noch auf der Hut gewesen, hatte erst auf das Jahr und den Tag einer Probeehe bestanden, wie es bei ihren Leuten Sitte war. Sie war gemäß dem Gesetz des
Cáin Lánanmus
Eadulfs
ben charrthach
gewesen, und gemeinsam konnten sie sehen, wie sich ihr Zusammenleben gestaltete. Sie schätzte seine Intelligenz; hatte er doch einmal sogar
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