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Der Blutkelch

Der Blutkelch

Titel: Der Blutkelch
Autoren: Aufbau
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du, es hat mit der Trennung von Fidelma und Bruder Eadulf zu tun?«
    Der Abt veränderte seine Sitzposition.
    »Manchmal denke ich, dass diese esoterischen Theologen vielleicht recht haben, wenn sie uns weismachen wollen, dass für die, die ihr Leben ganz Gott weihen, das Zölibat das Beste ist. Manchmal führen enge Bindungen innerhalb der Gemeinschaft zu Komplikationen.«
    »Fidelma und Eadulf haben doch aber nicht nur ihre Liebe und Zuneigung füreinander über Jahre hinweg bewiesen, sondern auch gemeinsam an der Aufklärung vieler mysteriöser Vorgänge gearbeitet. Ich erinnere dich nur daran, wiesie mir geholfen haben, als Bruder Mochta und die Reliquien des heiligen Ailbe verschwunden waren und …«
    »Niemand verdankt Fidelma und Eadulf mehr als ich selbst«, fiel Abt Ségdae ihm mit Nachdruck ins Wort. »Ich bin mir sehr wohl bewusst, wie sehr ich in ihrer Schuld stehe. Und gerade aus diesem Gefühl heraus mache ich mir Sorgen. Wenn es zwischen den beiden zu irgendwelchen Problemen gekommen ist, und einiges in Fidelmas Erklärung hier spricht dafür, dann muss ich alles mir Mögliche tun, um ihnen zu helfen.«
    »Und was schwebt dir vor?«
    »Ich werde mich noch einmal mit dem König beraten. Von Abt Iarna in Lios Mór haben uns beunruhigende Nachrichten erreicht, vielleicht bieten die sich als eine Wende an.« Er hielt inne und schmunzelte dann erleichtert vor sich hin. »Doch, genau das werde ich tun.«
     
    Colgú, König von Muman, dem größten und im äußersten Südwesten gelegenen der fünf Königreiche von Éireann, fuhr sich mit einer Hand durch das üppige rote Haar und schaute seine Schwester sorgenvoll an.
    »Eins verstehe ich nicht«, meinte er. »Abt Ségdae ist im Recht, wenn er von dir eine Erklärung verlangt, weshalb du die klösterliche Gemeinschaft verlassen willst.«
    »Und ich habe ihm geantwortet«, hielt sie dagegen. Erregt war sie vor ihrem Bruder, der in seinem Privatgemach saß, auf und ab gegangen und blieb jetzt stehen. »Er sollte sich mit dem, was ich gesagt habe, zufriedengeben und sich nicht um meine Privatangelegenheiten kümmern.«
    »Du hast ihm deine Gründe genannt, aber du musst auch verstehen, dass du und Eadulf seit eurer Rückkehr von den Bretonen Anlass zur allgemeinen Verwunderung gebt.« FidelmasLippen wurden dünn wie ein Strich, und ihre Augen funkelten wütend. Der König wartete erst nicht, bis der Sturm losbrach, sondern fuhr fort: »Du weißt, dass es so ist, und es ist nur allzu verständlich, dass man herumdeutelt, weshalb du gerade jetzt zu diesem Entschluss gekommen bist.«
    Ein, zwei Augenblicke konnte man den Eindruck haben, Fidelma würde sich in ihrem Zorn nicht bezähmen. Doch dann ließ sie sich mit einem Stoßseufzer in einen Armsessel gegenüber ihrem Bruder sinken.
    »Es hat nichts damit zu tun«, sagte sie ruhig. »Zumindest nicht unmittelbar.«
    Colgú mochte seine hitzköpfige Schwester sehr, und ihre augenscheinliche Trennung von Eadulf hatte ihn in den letzten zwei Wochen zunehmend beunruhigt. Er hatte für den Angelsachsen aus Seaxmund’s Ham längst eine tiefe Zuneigung gefasst, und es stimmte ihn traurig, mit ansehen zu müssen, dass die Beziehung zwischen seiner Schwester und Eadulf offensichtlich einen Riss bekam.
    »Magst du mir sagen, wo das Problem liegt?«, fragte er leise.
    Sie bewegte eine Schulter, eine Andeutung von Achselzucken, schwieg aber.
    »Seit unsere Eltern tot sind, du warst damals noch klein, hast du mir immer deine Sorgen und Nöte anvertraut«, redete er ihr zu.
    »Was mich betrifft …«, fing sie unwirsch an. Sie hielt inne, rang mit sich und sprach in gemäßigtem Ton weiter. »Wenn du es unbedingt wissen musst, Eadulf beschäftigt das Problem, wie er sein Leben als Mönch in Zukunft gestaltet. Er hat viele Lehren von Rom verinnerlicht, und nach unserer Rückkehr schwebte ihm vor, einer Gemeinschaft beizutretenund dort zu bleiben. Er wollte nicht auf die Dauer in meine Klärung von Rechtsfragen mit eingebunden sein. Er wollte, dass wir zur Ruhe kommen und Klein-Alchú im christlichen Geist aufziehen.«
    Colgú nickte nachdenklich. »Hat er sich dafür entschieden?«
    »Du weißt, er ist ein heller Kopf, aber er macht sich was vor. Er will nicht wahrhaben, dass er für ein Leben in weltferner Versenkung und Frömmigkeit nicht geeignet ist. Diesbezüglich ist er starrköpfig. Ein Leben solcher Art wird ihm bald über – das weiß ich genau.«
    »Und wegen dieser Meinungsverschiedenheiten zwischen euch hat er
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