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Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus

Titel: Der Blinde Uhrmacher - Ein neues Plädoyer für den Darwinismus
Autoren: Richard Dawkins
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»Mutationisten«-Aspektes besteht der im realen Leben existierende Darwinist darauf, daß Mutation zufällig ist. Mutationen sind nicht systematisch zugunsten adaptiver Verbesserung beeinflußt, und es ist kein Mechanismus bekannt (um es milde auszudrücken), der die Mutation in Richtungen leiten könnte, die in diesem fünften Sinne nichtzufällig sind. Eine Mutation ist zufällig in bezug auf adaptiven Vorteil, auch wenn sie in bezug auf alle anderen Beziehungen nichtzufällig ist. Es ist die Auslese, und nur die Auslese, die die Evolution in Richtungen leitet, die in bezug auf den Vorteil nichtzufällig sind. Der Mutationismus ist nicht einfach nur faktisch falsch. Er hätte niemals richtig sein können. Er kann prinzipiell nicht die Evolution von Verbesserungen erklären. Der Mutationismus gehört wie der Lamarckismus nicht in die Kategorie der als falsch nachgewiesenen Rivalen des Darwinismus, er ist überhaupt kein Rivale.
    Das gleiche gilt für meinen nächsten vergeblichen Rivalen der Darwinschen Auslese, der von dem Cambridger Genetiker Gabriel Dover unter dem sonderbaren Namen »molekularer Drive« verfochten wird. (Da alles aus Molekülen besteht, ist nicht einzusehen, warum Dovers hypothetischer Prozeß den Namen molekular eher verdienen sollte als irgendein anderer evolutionärer Vorgang. Motoo Kimura und die anderen Verfechter der neutralistischen Theorie der Evolution machen, wie wir gesehen haben, keine falschen Behauptungen zugunsten ihrer Theorie. Sie haben nicht die Illusion, daß die zufällige Drift ein Rivale der natürlichen Auslese zur Erklärung der adaptiven Evolution sein könnte. Sie anerkennen, daß einzig und allein die natürliche Auslese die Evolution in adaptive Richtungen treiben kann. Ihre Behauptung ist nur, daß eine Menge evolutionäre Veränderung (wie ein Molekulargenetiker die evolutionäre Veränderung sieht) nicht adaptiv ist. Dover ist nicht so bescheiden in seiner Theorie. Er denkt, er kann die gesamte Evolution ohne natürliche Auslese erklären, obwohl er großzügig zugesteht, daß auch die natürliche Auslese einiges für sich habe.
    Überall in diesem Buch haben wir, wenn wir solche Dinge erörtert haben, stets Zuflucht zum Beispiel des Auges genommen, obgleich es natürlich nur ein Musterbeispiel einer großen Gruppe von Organen gewesen ist, zu komplex und gut entworfen, um durch Zufall entstehen zu können. Keine Theorie außer der natürlichen Auslese, so habe ich wiederholt argumentiert, kommt einer einleuchtenden Erklärung für das menschliche Auge und vergleichbare Organe von außerordentlicher Perfektion und Komplexität auch nur nahe. Glücklicherweise hat Dover ausdrücklich die Herausforderung aufgegriffen und seine eigene Erklärung der Evolution des Auges gegeben. Nehmen wir an, sagt er, daß 1000 Schritte in der Evolution nötig sind, um das Auge aus gar nichts zu entwickeln. Das bedeutet, daß eine Folge von 1000 genetischen Veränderungen benötigt würde, um ein bloßes Stück Haut zu einem Auge zu machen. Das kann man, um des Argumentes willen, als Annahme akzeptieren. In Begriffen des Landes der Biomorphe bedeutet es, das Bloß-Haut-Tier sei 1000 genetische Schritte von dem Tier mit Augen entfernt.
    Wie erklären wir nun die Tatsache, daß ausgerechnet die richtigen 1000 Schritte getan wurden, um das uns bekannte Auge hervorzubringen? Die Erklärung der natürlichen Auslese ist gut bekannt. Reduzieren wir sie auf ihre einfachste Form: Bei jedem einzelnen der 1000 Schritte bot die Mutation eine Reihe von Alternativen an, von denen nur eine begünstigt wurde, weil sie zum Überleben beitrug. Die 1000 Schritte der Evolution sind 1000 aufeinanderfolgende Scheidewege, und an jeder dieser Gabelungen führte die Mehrheit der Alternativen zum Tode. Die adaptive Komplexität des modernen Auges ist das Endprodukt von 1000 erfolgreichen unbewußten »Entscheidungen«. Die Art ist einem speziellen Pfad durch das Labyrinth aller Möglichkeiten gefolgt. Es gab 1000 Abzweigungspunkte entlang dieses Pfades, und an jedem dieser Punkte überlebten diejenigen, die zufällig die Richtung zu einer besseren Sehfähigkeit einschlugen. Der Straßenrand ist übersät mit toten Körpern der Versager, die an jedem der 1000 aufeinanderfolgenden Weggabelungen die falsche Richtung einschlugen. Das Auge, das wir kennen, ist das Endprodukt einer Sequenz von 1000 erfolgreichen selektiven »Entscheidungen«.
    Das war (eine mögliche Darstellung für) die Erklärung der Evolution
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