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Der bleiche König: Roman (German Edition)

Der bleiche König: Roman (German Edition)

Titel: Der bleiche König: Roman (German Edition)
Autoren: David Foster Wallace
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richtigen Arbeitstag einstellte und mit den anderen RPZ -Prüfern austauschte, deren Durchsicht und Verinnerlichung also Sylvanshine sowohl nach einem Sechzehnstundenfasten als auch einer Nacht auf einer Isomatte mit nichts als einem feuchten Regenmantel als Kopfkissen – das seiner Kopfform angepasste orthopädische Kissen für den chronisch eingeklemmten oder entzündeten Nackennerv hatte er nicht mitnehmen können, weil dafür ein zusätzlicher Koffer nötig gewesen wäre, der das zulässige Gesamtgepäck überschritten und einen saftigen Aufpreis mit sich gebracht hätte, den Sylvanshine zahlen zu lassen Reynolds aus Prinzip ablehnte – in keinster Weise von sich erwartete, und am Morgen stellte sich dann das zusätzliche Problem, wie er an ein handfestes Frühstück kommen und im Anschluss daran eine Rückfahrt zum RPZ finden sollte, wenn er kein Telefon hatte, oder wie man ohne Telefon überhaupt verifizieren sollte, ob und, wenn ja, wann das Telefon in der Wohnung freigeschaltet würde, und darüber hinaus konnte er noch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass er am folgenden Tag verschlafen würde, zum einen wegen der Müdigkeit nach der Reise, zum anderen, weil er seinen Reisewecker nicht dabeihatte – oder zumindest nicht sicher war, ob er ihn in den Koffer gepackt hatte oder aber in einen der drei Umzugskartons, die er zwar gefüllt und beschriftet hatte, aber die Inhaltsliste der Kartons zur Orientierung beim Auspacken in Peoria hatte er nur hektisch hingepfuscht, und Reynolds hatte zwar hoch und heilig versichert, sie der Service-Abt. Support ungefähr zur selben Zeit zu übergeben, zu der Sylvanshines Flug im Dulles abheben sollte, aber das hieß, dass es zwei oder sogar drei Tage dauern konnte, bevor die Kartons mit all den Habseligkeiten, die Sylvanshine nicht im Reisegepäck untergebracht hatte, endlich ankamen, und selbst dann kamen sie im RPZ an, und noch war Claude schleierhaft, wie er sie dann nach Hause in seine Wohnung bekommen sollte –, der Gedanke an den Reisewecker war der Hauptgrund gewesen, warum Sylvanshine, nachdem er eh schon eine halbe Stunde zu spät aufgestanden war, am Morgen die ganzen sorgfältig gepackten Taschen noch einmal hatte öffnen müssen, nur um zu kontrollieren bzw. zu verifizieren, dass er den Reisewecker nicht vergessen hatte, was ihm nicht gelungen war – die ganze Angelegenheit präsentierte einen solchen Wirbelsturm an logistischen Problemen und Komplexitäten, dass Sylvanshine auf der Stelle, auf dem nassen Asphalt und umgeben von unruhig werdenden Atmenden, Zuflucht zur Gedankenstoppmethode nehmen musste, sich mehrmals um dreihundertsechzig Grad drehte und sein Bewusstsein mit der Panoramasicht zu verschmelzen versuchte, die bis auf die Flughafengebäude gleichförmig nichtssagend und altmünzengrau und so außerordentlich flach war, als hätte ein kosmischer Stiefel die Erde hier platt getreten, was die Sicht in alle Richtungen bis zum Horizont reichen ließ, der dieselbe gewöhnliche Farbe und Struktur wie der Himmel hatte und den spiegelnden Eindruck erzeugte, man stünde in der Mitte eines riesigen und stehenden Gewässers, ein ozeanischer Eindruck, bei dem einem dermaßen im Wortsinne die Sinne schwanden, dass Sylvanshine auf sich selbst zurückgeworfen wurde und wieder spürte, wie ihn der Schattensaum einer Schwinge des absoluten Schreckens und der Unfähigkeit streifte, das Wissen, dass er garantiert grässlich ungeeignet für alles vor ihm Liegende war und dass es nur eine Frage der Zeit sein konnte, bis das klar zutage treten und allen Anwesenden in dem Moment augenfällig würde, in dem Sylvanshine endgültig und für alle Zeit austickte.

§ 3
    »Apropos: Woran denkst du beim Masturbieren?«
    »...«
    »...«
    »Wie bitte?«
    In der ersten halben Stunde hatte niemand ein Wort gesagt. Sie waren wieder auf der stumpfsinnigen monochromen Fahrt hoch ins regionale Hauptquartier in Joliet. In einem Gremlin aus dem Fahrzeugpark, der wegen des drohenden Vermögensverlusts eines AMC -Händlers vor fünf Quartalen gepfändet worden war.
    »Pass auf, ich glaube, wir können davon ausgehen, dass du masturbierst. Über den Daumen gepeilt 98 Prozent aller Männer masturbieren. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Die restlichen 2 Prozent sind meistenteils irgendwie behindert. Das Leugnen können wir also überspringen. Ich masturbiere; du masturbierst. Ist nun mal so. Alle machen es, alle wissen, dass es alle machen, und trotzdem spricht nie einer
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