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Der blaue Vogel kehrt zurück

Der blaue Vogel kehrt zurück

Titel: Der blaue Vogel kehrt zurück
Autoren: Arjan Visser
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gekommen, andere Menschen zu belästigen.«
    »Welche anderen denn?«
    »Willst etwa so tun, als wüsstest du von nichts?«
    »Du liegst hier übrigens schön. Ein prima Bett, so wie es aussieht. Kuschelig warm. Angenehme Atmosphäre, das merkt man gleich. Man riecht es sozusagen. Nicht der säuerliche Geruch nach Pisse, den ich erwartet hatte.«
    »Wer hat dich überhaupt reingelassen?«
    »Niemand. Jeder ist hier willkommen. Allerdings habe ich gesagt, du wärst ein guter Freund von mir, und dann …«
    »Du hattest immer schon eine große Klappe.«
    »Ich habe gehört, du bist ein weiser alter Mann geworden.«
    »Wer hat das gesagt?«
    »Max Brander, unter anderem.«
    »Den habe ich bestimmt schon ein halbes Jahrhundert nicht mehr gesehen.«
    »Er hat behauptet, du wärst früher schon ein guter Mensch gewesen, wegen dieses Diamanten für Linda und so …«
    »Woher …«
    »Aber wie es scheint, bist du noch nobler geworden. Fast ein Heiliger. Dieses Wunder wollte ich mir mal ansehen: Jonah Jacobson, der halbe Heilige. Na los, vergib mir, zeig, was du draufhast!«
    »Wenn du wirklich da wärst, würde ich dich ignorieren.«
    »Brander sagte, dass Besuche bei dir eine heilende Wirkung haben. Man würde hier schlagartig ruhig werden. Ein weitläufiges Zimmer, große Fenster, viel Licht. Nette Krankenschwestern. Und du darfst dir dein eigenes Menü zusammenstellen, wie im Restaurant.«
    »Das stimmt.«
    »Aber du weißt doch wohl, warum das so ist, Jacobson, oder? Für Moribunde nur das Beste. Und jetzt erzähl mir nicht, dass du es den Arzt nicht hast sagen hören! Du liegst im Sterben. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Ein zum Tode Verurteilter. Deshalbdarfst du alles bestellen, was du willst. Und so viel Besuch empfangen, wie du möchtest.«
    »Augenscheinlich bekomme ich den manchmal auch ungebeten.«
    »Ein einziges Kommen und Gehen wäre es hier, sagte Landau. Du würdest ganz abgeklärt im Bett liegen, während alle anderen mit ihren Sorgen und Nöten ein und aus gehen. Ein schönes Bild, zugegebenermaßen. Aber ich weiß, wie das läuft. Du hast dich natürlich nicht geändert, alte Menschen ändern sich selten. Die Welt verändert sich, und man selber kann bloß versuchen, sich möglichst gut an ihr festzukrallen.«
    »Was faselst du da? Und was ist das für ein Blödsinn, den du über Landau verbreitest? Landau ist tot. Als ob du das nicht wüsstest.«
    »Und deine Mutter?«
    »Was ist mit meiner Mutter?«
    »Kommt die dich manchmal besuchen?«
    »Bist du bald fertig?«
    »Ich habe euch einmal zusammen tanzen sehen.«
    »Das kann gar nicht sein.«
    »Zu kitschiger Zigeunermusik, mit Gitarren und Geigen und so. Ganz eng beieinander seid ihr durch die Zimmer geschwoft. Schöne Musik war das, oder? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie woanders auch so schön war. Doch, doch, ich habe euch gesehen. Dich und deine schöne Mutter. Überall habe ich euch gesehen, und du hast immer vor Glück gestrahlt. Sogar bei dem Brand vor dem Palast für Handwerk und Industrie, kannst du dich daran noch erinnern? Du musst etwa acht Jahre alt gewesen sein. Du trugst eine dunkelgraue Mütze und deine Mutter einen knielangen Mantel. Alle waren ganz erschrocken, ich habe sogar einen erwachsenen Mann weinen sehen, aber ihr zwei habt dagestanden,als hätte jemand im tiefsten Winter extra für euch ein schönes Feuer angezündet. Herrliche Waden hatte sie, deine Mutter. Habt ihr in einem Bett geschlafen?«
    »Halt die Schnauze.«
    »Irgendwo musste sie sich doch Liebe holen?«
    »Gleich behauptest du noch, du hättest meinen Vater gekannt.«
    »Aber den haben doch alle gekannt! Meijer, der Schacherer. Meijer, der Zuhälter. Dir brauche ich doch nicht zu erzählen, dass er diese ganzen Tanten nicht zum Spaß um sich herum versammelt hat, Jacobson, oder? Du weißt das doch längst, die Frage ist bloß, wann du es endlich akzeptierst?«
    »Was willst du von mir?«
    »Eine schöne Aussicht hast du hier auch. Zwei hohe Schornsteine. Was ist das wohl für ein Gebäude? Ein Kraftwerk, habe ich diesen Arzt sagen hören, kann das sein? Ein eigenes Heizkraftwerk für den ganzen Komplex. Was sie wohl in diesen Kesseln verfeuern? Krankenhausabfall, oder? Abgetrennte Beine, Stücke Darm und anderes Zeug, das man nicht mehr braucht. Gleich können sie dich da auch noch reinschieben. Das wäre doch ein sonderbares Schicksal, was, Jacobson? Wenn du am Ende doch noch in Rauch aufgehst?«
    »Wenn du jetzt nicht gleich die Schnauze hältst
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