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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)
Autoren: Simon Spurrier
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bisher noch nicht durchschaut hatte: Warum .

Kapitel 3
    Wann, so fragte sich Shaper, während er auf einem Kissen kaute, war das Universum eigentlich so boshaft geworden?
    Es lag nicht daran, dass sich sein Bett etwa so gemütlich anfühlte wie ein mit Stacheldraht überzogenes Brett – auch wenn es das tat. Auch nicht daran, dass er fand, die Hersteller seiner Verdunkelungsvorhänge sollten nach dem Betrugsgesetz strafrechtlich verfolgt werden – obwohl ihm dies durch den Kopf ging. Nein, im Augenblick ging er völlig darin auf, mit einem an die Ohren gepressten Kissen stumm jede geflügelte, geschnäbelte oder zwitschernde Kreatur inständig zu hassen.
    Verfickte Vögel .
    Er suhlte sich in der Launenhaftigkeit des Morgens danach, schaffte es nicht, den Chor der Flügelträger draußen zu ignorieren, während er auf einem ausklappbaren Futon lag und gänzlich erfolglos versuchte zu schlafen. Seine Wohnung schwärte in der viktorianischen Hölle zwischen Camden und Kentish Town vor sich hin – eine für ihre Farbenpracht berühmte Gegend, die dennoch unter einem ironischen Mangel an Grün litt. Er konnte einfach nicht verstehen, was die gefiederten kleinen Scheißer in der Nähe seines Fensters zu suchen hatten.
    Manchmal scheuten ganze Schwadronen von Sittichen – unterwegs zu einem Tagesausflug aus Hampstead Heath, wo sie die heimischen Arten fest im Würgegriff hatten – keine Mühen, um sich auf seiner Dachrinne zu versammeln und ohrenbetäubende Pieptöne auszutauschen wie eine Horde von Teenagern, die Klingeltöne ihrer Handys miteinander verglichen.
    Das taten sie eindeutig mit Absicht.
    Seufzend rollte er sich herum und schaltete in seiner Verzweiflung den Fernseher ein. Er brauchte nur durch zwei Kanäle zu zappen, bis seine Abscheu überkochte und er es aufgab. Auf einemleitete ein provokanter Moderator mit gegeltem Haar – ein Wichser  – im Studio eine Diskussion mit dem Titel »Meine Frau hasst meinen Mann«, auf dem anderen lief eine bescheuerte Regionalsendung über einen experimentellen Künstler namens Merlin – einen Wichser  –, der Londons Skyline benutzte, um »Echolotungsdioramen« zu erzeugen. Die Welt, so folgerte Shaper, hasste ihn, und das Gefühl beruhte voll und ganz auf Gegenseitigkeit.
    Drei solche Tage.
    Scheiße.
    Das Zittern hatte ihn seit dem Abenteuer der vergangenen Nacht verschont. Sein Gehirn hatte ihm einen uncharakteristischen Aufschub gewährt, und er hatte nicht vor, diese Großzügigkeit zu missbrauchen. Seit seiner letzten Entgiftungspause vor einigen Monaten hatte er seine verkackte Suchtmittelroutine an die Belastungsgrenzen getrieben, und er wusste aus bitterer Erfahrung, dass es mehrerer Tage eremitenhafter Eintönigkeit bedurfte, um die verdichteten Schichten psychoaktiver Sedimente in seinem Schädel abzutragen. Sein Blut und sein Körper verlangten nach einer Pause, teils, um das Risiko einer Überdosis zu lindern, teils, um halbherzigen Protest gegen die Abhängigkeit auszudrücken; vorwiegend jedoch, um die Bedrohung, die von der stetig steigenden Toleranzgrenze ausging, zu verringern. Liefe alles gut, würden die Drogen nach der Entgiftung wieder ihre volle Wirkung entfalten, und die Krankheit – die Erinnerung, die Schuld, die Vergangenheit  – konnte weggesperrt werden, wie es sich gehörte.
    Die Kehrseite der Medaille bestand natürlich darin, dass all das Grauen während dieser Reinigungsintervalle aus seinem Käfig hervorschleichen und die Muskeln spielen lassen konnte. Shaper wusste nur allzu gut, dass er sich so harmlose Ablenkungen wie Vögel und Blödsinn im Fernsehen herbeisehnen würde, wenn es so weit wäre – vielleicht später an diesem Tag, vielleicht irgendwann am nächsten.
    Er kapitulierte vor der Schlaflosigkeit und stand auf. Er tatso, als fühle er nicht, wie gerötet seine Züge sein mussten, und machte sich auf die Suche nach etwas Essbarem, solange seine Eingeweide noch funktionierten. Shaper wusste, dass sich das bevorstehende Elend nur ertragen ließ, indem er sich weigerte, die Wohnung zu verlassen – indem er mit einer geballten Ladung Untätigkeit und Einsamkeit gegen die Traumata anging. Deshalb hatte er die Schränke dermaßen mit Konserven vollgepackt, dass selbst der paranoideste Überlebensneurotiker vor Neid erblasst wäre. Ausschließlich schlichte, geschmacklose Kost.
    Ein Blubbern ging durch seine Gedärme.
    Wahrscheinlich gut so .
    Dabei genoss er die Drogen gar nicht besonders. Im täglichen
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