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Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)

Titel: Der Biss der Schlange: Thriller (German Edition)
Autoren: Simon Spurrier
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sich herausstellte, mit einem prominenten Händler von Schlangenlederstiefeln zusammenarbeitete. Damals hatte er in einem Moment der Inspiration um Bezahlung in Naturalien ersucht. Er hatte Dinosaurier schon immer gemocht.
    Ziggy war ein grüner Leguan mit der magischen Fähigkeit, Menschen das Gefühl zu vermitteln, sie wären der letzte Dreck. Sein immerwährendes Flair träger Teilnahmslosigkeit ließ erahnen, dass er Menschen als lästige Naturgefahren und nicht als Lebewesen betrachtete. Er war ganz allgemein eine Spur weniger liebenswert als eine Eisskulptur oder eine Leiche. Kurz nachdem Shaper ihn mit nach Hause gebracht hatte, hatte er in einer Ecke eine Brutlampe installiert, um Ziggy mit der Energie zu versorgen, die er angeblich zum Überleben brauchte. Allerdings hatte sich schnell gezeigt, dass der schuppige Penner sich nicht von seinem charakteristischen Zustand schläfriger Übellaunigkeit trennen wollte und sich dem Ding nie auch nur näherte. So viel, hatte Shaper damals gedacht, zu Zuwendung und Struktur.
    »Drei Tage«, murmelte er. »Verdammte Schifferscheiße.«
    Und dann schnarrte der Türsummer.
    Noch bevor das erste metallische Surren verhallte, war Shaper aus dem Stuhl aufgesprungen und an der Gegensprechanlage. Seiner Schätzung nach blieben ihm mindestens noch einige Stunden, bevor die Nummer mit dem einsamen Leiden in der Dunkelheit richtig einsetzte.
    »Ja?«, sagte er mit dem Gesicht vor dem Mikrofon. »Hallo?«
    »Mr. Shaper?«
    »Ja! Wer ist da? Ach was, egal, kommen Sie einfach rauf.«
    Sogar ein Hausierer, der Bibeln verkaufte, wäre eine brauchbare Ablenkung, beschloss er überstürzt.
    Er drückte auf einen Knopf. Die mit »Tür entriegelt« gekennzeichnete LED blinkte grün, die mit »Tür geöffnet« beschriftete blieb beharrlich dunkel.
    »Tut mir leid, Mr. Shaper. Ich bin in Eile.« Es war eine Frauenstimme mit starkem, skandinavischem Akzent. »Ich kann nicht bleiben. Ich hatte gehofft, Sie würden vielleicht herunterkommen.«
    Ohne mit seinem Gehirn Rücksprache zu halten, griff seine Hand nach der Jacke. Mit derselben Bewegung steckte er seine Schlüssel ein und tastete nach der Tür.
    Dann hielt er inne. Die Gedanken holten seine Handlungen ein.
    Er beugte sich zurück zum Mikrofon. »Äh … warum eigentlich?«
    »Ich habe einen Auftrag für Sie.«
    Shaper erschlaffte wie ein Ballon, aus dem die Luft entweicht.
    »Ich … äh … heute ist gewissermaßen mein freier Tag.« Er hustete in eine Faust. »Ich brauche Urlaub.«
    »Oh.« Die Stimme übersprang bloße Enttäuschung und vermittelte ihm stattdessen unmittelbar das Gefühl, sie grausam verraten zu haben. »Es ist nur so … Es könnte wichtig sein. Dauert nicht lange. Höchstens ein paar Stunden.«
    »Ja, ehrlich, tut mir leid … Es ist grad echt kein guter Zeitpunkt.« Jedes Wort schmerzte.
    »Mr. Shaper?«
    »Hm?«
    »Sie bekommen eintausend Pfund. Für eine ganz kurze Unterhaltung. Nur für eine zweite Meinung.«
    Shaper schnaubte.
    Da drüben liegen etliche letzte Mahnungen , überlegte er. Und Ziggy braucht Futter .
    Prioritäten.
    »Bin unterwegs«, sagte er, bereits halb zur Tür hinaus.
    Er konnte die Entgiftung auch die eine oder andere Stunde aufschieben. Kein Problem.
    Ihr Name war Tova Isberg. Groß, blond, niedliche Züge, spektakulärer Vorbau. Bei ihrem ach so züchtigen Händedruck hatte sie kurz ausgeharrt, als rechnete sie damit, dass Shaper sie erkennen würde. Das hatte er nicht, und er hoffte, es lag nur an seiner Einbildung, dass sie darüber erleichtert wirkte.
    Während er sie wie ein pflichtbewusster Ehemann, der genau wusste, welches Glück er hatte, zur Arbeit fuhr, warf er immer wieder verstohlene Seitenblicke hinüber; teils in dem Versuch, sie einzuordnen, vorwiegend jedoch, um sie zu beäugen. Jedes Schalten des zunehmend klapprigen Getriebes seines Vans – wodurch sich seine Hand ihren Schenkeln näherte – rang ihm schuldbewusste Zurückhaltung ab.
    Er hatte eine ganze Woche damit verbracht, fickende Paare zu belauschen. Das war zu viel, um darauf zu hoffen, dass sein innerer Superperverser in die ewigen Jagdgründe eingegangen war.
    »Nach Westen«, sagte sie und sah auf die Uhr. »Fahren Sie nach Westen. Ich bin schon spät dran.«
    So unbestreitbar schön sie sein mochte, ihr haftete ein Flair einstudierter Unnahbarkeit an, eine höfliche Nullzone, die kein Pheromenknistern zuließ und Shaper davon abhielt, eine Selbstdiagnose seiner schwächelnden Libido zu wagen. Ihr
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