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Der Bilderwächter (German Edition)

Der Bilderwächter (German Edition)

Titel: Der Bilderwächter (German Edition)
Autoren: Monika Feth
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betraten.
    Der Wald gehörte den Schwestern ebenso wie die Wiesen und Weiden ringsum, die sie an Bauern verpachtet hatten. Früher hatte die Familie noch viel mehr besessen.
    Sogar die Seelen der hier lebenden Menschen, munkelte manch einer aus dem Dorf.
    Bodo hielt sich von den alten Damen fern. Er grüßte höflich, wenn eine Begegnung unvermeidlich war, ließ sich jedoch nicht auf ein Gespräch ein.
    Die Feindseligkeit der Schwestern war mit Händen zu greifen. Sie umgab sie wie eine Aura und machte jede Annäherung unmöglich.
    Die Botschaft war eindeutig: Er hatte hier nichts zu suchen.
    Egal.
    Bodo hatte längst damit aufgehört, die Probleme der andern zu seinen eigenen zu machen. Das hatte er in der Zeit seiner Arbeitslosigkeit gelernt. Anderthalb endlose Jahre ohne richtigen Job, und das mit Anfang zwanzig.
    Unverschuldet. Doch wer fragte schon danach?
    Kein Schwein.
    Wie der letzte Dreck war er sich vorgekommen. Unnütz. Aussortiert. Hatte plötzlich viel zu viel Zeit gehabt und viel zu wenig Knete.
    Mit andern rumzuhängen, war am Anfang gar nicht mal schlecht gewesen. Doch dann war auch das öde geworden. Genau wie die Typen, die sich plötzlich seine Freunde nannten.
    Als er zum ersten Mal das Angebot bekam, für eine beachtliche Summe verdächtige Pakete mit wenig Aufwand zu verdächtigen Adressen zu transportieren, war er vor allem erleichtert gewesen, endlich etwas zu tun zu haben.
    Er hatte nicht wissen wollen, was genau sich in den Paketen befand, die er kreuz und quer durch Europa kutschierte und ablieferte, ohne Fragen zu stellen.
    Er wusste es bis heute nicht.
    Und dann war Thorsten Uhland auf der Bildfläche erschienen. Hatte ihm hier und da einen Auftrag erteilt. Nichts Großes. Mal hatte er bei den Vorbereitungen zu einer Ausstellung geholfen, mal Bilder zu Kunden gebracht.
    Er hatte Thorsten Uhlands Atelier renoviert und sorgte dafür, dass der Vorrat an Farben und Malutensilien regelmäßig aufgestockt wurde.
    Und nun hatte Thorsten Uhland ihm die erste wirklich selbstständige Aufgabe anvertraut.
    Das hier war sein richtiger Einstieg in die Arbeitswelt, und den machte ihm keiner madig. Er würde sich nicht abschrecken lassen, gleichgültig, wie eisig ihm die Schwestern Ritter auch begegnen mochten.
    » Verdammt!«
    Die Zigarette war zwischen seinen Fingern verglüht und hatte ihm die Haut versengt. Er ließ sie fallen und trat sie mit der Schuhspitze aus. Dann bückte er sich, hob die zerbröselten Reste auf und legte sie in den Aschenbecher, den er immer bei sich trug. Eine bunt bemalte Pillendose, die er unter allerlei Krempel in Thorsten Uhlands Atelier gefunden und dann von ihm geschenkt bekommen hatte.
    Thorsten Uhland war großzügig.
    Nicht nur in kleinen Dingen.
    Und für diesen Job hier würde er bestimmt einiges über die übliche Bezahlung hinaus locker machen.
    Bodo warf einen letzten Blick auf das Haus, bevor er sich umwandte und wieder an die Arbeit ging.
    Eine Gardine bewegte sich.
    Emilia. Oder Hortense.
    Eine von beiden beobachtete ihn.
    Und obwohl er kräftig genug war, um keine Angst vor alten Damen zu haben, zog sich die Haut in seinem Nacken zusammen.
    Giftspritzen, dachte er.
    Doch die Zeit, die er hier verbringen würde, war absehbar.
    Gott sei Dank.
    *
    Thorsten Uhland stand in seinem Atelier und starrte auf die weiße Leinwand. Er bekam nicht jeden Tag einen solchen Auftrag, und eigentlich sollte es ihn in den Fingern jucken.
    Ein Triptychon für die Stadt Stralsund.
    Abstrakt.
    Ganz nach seinen Vorstellungen.
    Und auch preislich ließen sie sich nicht lumpen.
    Der Auftrag war zustande gekommen, weil einer aus dem Stadtrat sich anlässlich einer Ausstellung im vergangenen Winter in ein Bild Thorsten Uhlands verliebt und es erworben hatte, um es seiner Frau zur Silberhochzeit zu schenken.
    Es war eine Gemeinschaftsausstellung mehrerer Künstler gewesen, und Thorsten hatte darauf verzichtet, bei der Eröffnung anwesend zu sein.
    Stralsund lag am Ende der Welt, das Winterwetter war nicht kalkulierbar, und er hatte das zum willkommenen Anlass genommen, der Vernissage fernzubleiben. Siebenhundert Kilometer über vereiste Autobahnen wollte er sich nicht zumuten.
    Außerdem hasste er es, mit der Bahn zu reisen. Selbst im Großraumwagen fühlte er sich eingesperrt und geriet leicht in Panik, weil er die Situation nicht kontrollieren konnte. Aus demselben Grund bestieg er ein Flugzeug nur im absoluten Notfall.
    Ihm war klar, dass sich daran etwas ändern musste, denn in
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