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Der Bienenfresser

Der Bienenfresser

Titel: Der Bienenfresser
Autoren: Niklaus Schmid
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so?« Er hielt die Flamme an die Zigarette, schnippte das verbrannte Papier ab, inhalierte, hustete.
    »Ja, einfach so.«
    »Das könnt ihr vergessen. Ich hab gehört, dass der Verein ausgeflogen ist, nach Formentera. Ibiza ist denen derzeit zu überlaufen, angeblich machen die schlimmen Touristen, von denen sie ja zum großen Teil leben, die Schwingungen kaputt.
    Formentera sei noch ursprünglicher. Heute ist Vollmond, irgendetwas soll da laufen.«
    »Ah ja.«
    Kapuste sah mich an, nachdrücklich sagte er: »Ich weiß, was Sie denken, auch das würde ich an Ihrer Stelle vergessen. Der Verein hat ein paar Rocker eingeladen, als Begleitschutz, wie früher bei den Rockkonzerten. Das kann auch ins Auge gehen.
    Damals ging es den Hell’s Angels nicht um ›Love and Peace‹
    und heute geht es unseren Rockern nicht um Schwingungen und Mutter Erde. Die wollen Krawall und sich einen zur Brust nehmen, und wehe das Bier ist zu schnell alle.«
    »Und was haben die Mitglieder des Instituts vor?«
    »Was weiß ich, Scherbenlaufen, Trommeln, irgendwelche Rituale, Anrufen der vier Elemente – der ganze faule Zauber, eigentlich harmlos, aber…«
    »Aber was?«
    »Na ja, nach dem Treffen im vorigen Jahr in den Salinen von Formentera, da fand man hinterher aufgespießte Ziegenköpfe und ein neugeborenes totes Kind im Salzsee, stand sogar in der Zeitung. Die einzige Reaktion der Einheimischen war, dass sie sagten, es könne nur das Baby einer Fremden gewesen sein, denn eine Mutter von hier würde so etwas nie machen. Und damit hatte es sich dann.«
    Ich fragte Kapuste, wo das Treffen diesmal stattfinden würde.
    Er stieß den Rauch aus, bot Cetin den Joint an und sagte:
    »Hombre, das wird ganz zuletzt ausgemacht, per Internet, per Handy und von Mund zu Mund. Fragt auf Formentera in der Fonda Pepe nach, aber fragt nicht die falschen Typen.«
    Er lehnte sich auf seiner Liege zurück, verschränkte die Arme unter dem Kopf und blickte in den Himmel. »Viel Glück!«
    Das konnten wir brauchen.
    53.
    Es gab eine Autofähre, die für die Überfahrt nach Formentera eine Stunde brauchte, und ein Schnellboot, das die Strecke in einer halben Stunde zurücklegte. Wir ließen unseren Leihwagen am Hafen von Ibiza-Stadt zurück und nahmen den schnellen Katamaran. Cetin genoss die Fahrt. Er lehnte an der Reling und unterhielt sich mit einem hübschen jungen Mädchen, das eine mit bunten Flicken besetzte Basttasche über der Schulter trug. Der Stadthügel von Ibiza zog rechts an uns vorüber und linker Hand tauchte die kleine Insel Espalmador auf, dann Formenteras lange Strände mit ankernden Motorbooten und Segeljachten, die einen regelrechten Mastenwald bildeten. Surfer und Schwimmer in
    smaragdgrünem Wasser, helle Sandbuchten, ich war ganz hingerissen.
    Recht zuversichtlich war ich in dem Punkt, dass wir Dora auf Formentera antreffen würden. Nachdem wir von Kapuste weggefahren waren, hatte ich die Telefonnummer der spirituellen Gemeinschaft angerufen und per Bandansage erfahren, dass das Institut Ibosim für einige Tage geschlossen war. Anschließend waren wir zur Finca von Gerry und Terry gefahren – und hatten dort außer den Katzen keine Lebewesen bemerkt. All das deutete darauf hin, dass der Maler mit seinem Hinweis, der Verein sei ausgeflogen, richtig lag.
    »Spitze, das gefällt mir«, bemerkte Cetin, als wir im Hafen von Formentera anlegten.
    Mehr Jachten als Fischerboote, Fahrräder in sauberen Reihen, so präsentierte sich La Sabina. Bunt gekleidete Urlauber, die ihre Rollkoffer zu den wartenden Bussen karrten oder den Taxis zustrebten.
    Ins Auge stach ein lang gestrecktes Gebäude mit Arkaden, in dem die Büros von Fahrradverleihern und Autovermietungen untergebracht waren; ein so genanntes Wassertaxi gab es auch.
    Ich sprach mit dem Besitzer des Bootes und er versicherte mir, dass er jederzeit bereit sei. »Senor, heute Nacht kein Problem, Wind ganz still und Meer ganz hell vom Mond, Sie können Zeitung lesen.«
    Das beruhigte mich, auch wenn ich ans Zeitungslesen im Moment weniger dachte. Wir zahlten dem Mann den halben Mietpreis für das Wassertaxi und ließen uns sein
    Geschäftskärtchen mit allen Telefonnummern geben. Mit den Partys kannte der Mann sich auch recht gut aus. Er redete von wilden Festen in einem Haus, dem Can Marroig, wo schon die Hippies gefeiert und Rockgruppen wie King Crimson und Pink Floyd gespielt hätten. Nun, das war ein paar Tage her. Dann sollten wir uns eben in San Fernando in der Gaststätte Fonda
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