Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag
Autoren: Jutta Ahrens
Vom Netzwerk:
verzweifelt, dass ich nicht weiter weiß.«
    »Hör zu, Jaryn«, sagte Rastafan ernsthaft. »Du schlägst dir diesen sinnlosen Auftrag aus dem Kopf. Sollen andere diesen Prinzen suchen. Warum du? Die Götter haben dich auserwählt, ja? Du glaubst auch jeden Mist, den man dir erzählt. In Wahrheit hatte sonst niemand Lust auf diese Suche, und da haben sie sich den Jüngsten herausgesucht, den Eifrigsten. Wahrscheinlich sitzt Dorons Bastard irgendwo in einem Heuschober und hat keine Ahnung von seiner edlen Geburt. Aber sie wollen unbedingt die Dynastie erhalten, als täte es nicht auch jemand anderes. Darum haben sie dir das Märchen von Razoreth erzählt.« Rastafan tippte Jaryn vor die Brust. »Lass es dir von mir sagen, diesen Razoreth gibt es überhaupt nicht.«
    »Meinst du?«, fragte Jaryn unsicher.
    »Davon bin ich überzeugt«, erwiderte Rastafan grimmig, »es sei denn, er hat inzwischen den Namen Doron angenommen.«
    Jaryn rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Du hast völlig recht, Rastafan. Ich denke, ich sollte mir nicht so viele Gedanken machen.«
    »Zumal Gedanken bei den angenehmsten Dingen furchtbar stören«, grinste Rastafan, und seine Hand glitt sanft über Jaryns Bauch hinunter zwischen seine Schenkel. »Pass auf, wie schnell ich den bösen Razoreth jetzt vertreibe.«

30
    Borrak war zum König gerufen worden. Es geschah höchst selten, dass der Herrscher sich persönlich um die Angelegenheiten oder Verfehlungen seiner Untergebenen kümmerte. Er pflegte diese in der Regel an seine Beamten zu delegieren. Wenn er von diesem Brauch abwich, hatte das nichts Gutes zu bedeuten.
    Borrak hatte versagt. Nicht etwa bei der Verfolgung eines Übeltäters. Solche Nichtigkeiten drangen nicht an das Ohr des Königs. Auch nicht bei der Abwehr von Feinden, denn es gab keine in Margan, jedenfalls keine, von denen Borrak wusste. Und wenn es welche gab, verkrochen sie sich wie die Mäuse. Nein, er war bei einem Anliegen gescheitert, das König Doron persönlich am Herzen gelegen hatte. Ein geheimer Auftrag, der ihm Gold in die Kasse spülen und die gute Zusammenarbeit mit Nemarthos hatte festigen sollen. Xaytan war eines der wenigen Länder, die mit Jawendor gute Nachbarschaft hielten. Was offensichtlich daran lag, dass ihre Herrscher sich so ähnlich waren.
    Mit Orchan hatte Borrak eine gute Wahl getroffen, denn es war ihm in verhältnismäßig kurzer Zeit gelungen, den Bauern ihre Söhne abzuschwatzen. Das war wichtig gewesen, sonst hätte die Aktion zu viel Aufmerksamkeit erregt. Der erste Fehlschlag war dann jener überhebliche Eunuch gewesen, der den Preis hatte drücken wollen. Aber dafür konnte niemand Borrak verantwortlich machen. Dieser Mistkerl hätte auch für wahre Götterjungen den Preis heruntergehandelt. Dann ließ sich dieser Tölpel im eigenen Land überfallen und berauben. War das seine Schuld?
    Borrak grübelte finster vor sich hin, während er die in mehreren Kurven sanft ansteigenden Stufen zum Palasthügel hinaufschritt, diesmal ohne Eskorte. Nein, bis zu diesem Zeitpunkt hatten dunkle Schicksalsmächte sich eingemischt, aber dann – die Sache mit dem Wäldchen, das war seine famose Idee gewesen, die konnte er nicht dem Schicksal anlasten. Es war seine eigene verfluchte Niederlage, es war sein schändliches Versagen.
    Aber konnte er denn ahnen, dass der Wald plötzlich lebendig wurde? Dass wilde Männer aus den Büschen stürzten und sich brüllend auf seine Krieger warfen? Acht waren erschlagen worden, die anderen geflohen. Aber er hatte noch eine Trumpfkarte im Ärmel.
    Borrak war schon einmal in dem großen Thronsaal gewesen, aber er hatte sich im Hintergrund halten müssen. Nur aus der Ferne hatte er den König gesehen. Er hatte eine eisige Erhabenheit ausgestrahlt, die Borrak bewunderte und fürchtete.
    Sobald er das Tor durchschritten hatte, begann der lange Korridor, der bei den Leuten der ewige Weg genannt wurde. Jeder, der des Königs Angesicht schauen wollte, musste ihn entlanggehen und wurde unterwegs angemessen auf die Begegnung vorbereitet. Die gewölbte Decke vermittelte den Eindruck einer lang gestreckten Höhle. Keine einzige Tür unterbrach die blutrot gekachelten Wände. Der Boden bestand aus rosafarbigem Marmor und war spiegelglatt. Er zwang zu vorsichtigem Gleiten wie auf einem zugefrorenen Teich. Niemand konnte hier mit stampfenden Schritten einfach durchmarschieren. Alle zwanzig Schritte säumten auf Säulen stehende Büsten den Gang, gefertigt aus Marmor, Porphyr,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher