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Der Auftrag

Der Auftrag

Titel: Der Auftrag
Autoren: Jutta Ahrens
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bemerken.
    »Dann haben die Gesetzlosen jetzt also das Gold, das für den König bestimmt war? Und die Knaben sind ebenfalls in ihrem Besitz?«
    »Das muss man annehmen.« Borrak senkte das Haupt.
    Doron musste eine Bewegung gemacht haben, die Borrak entgangen war. Lenthor sagte: »Der erhabene Herrscher ist sehr unzufrieden mit dir. Du hast den Tod verdient.«
    Das qualvolle Aufstöhnen Borraks beachtete Lenthor nicht. Er fuhr fort: »Du kannst dir die Gnade deines Herrschers erhalten, wenn du die Täter dingfest machst und das Gold und die Knaben wieder herbeischaffst. Wir werden indessen mit König Nemarthos über einen neuen Termin verhandeln. Er ist immer noch sehr an jungem Fleisch aus Jawendor interessiert.«
    Borrak blinzelte, weil ihm der Schweiß von der Stirn in die Augen tropfte. Statt sich voller Dankbarkeit zu Boden zu werfen, rief er: »Ich habe ihren Anführer erkannt, und ich will … ich meine, ich war sehr überrascht, ihn dort zu erblicken.«
    Jetzt furchte Lenthor doch die Stirn, und Dorons maskenhaftes Gesicht entspannte sich. »Du kennst den Mann? Jemand aus Margan?«
    Borrak wagte nun, sich mit dem Ärmel über das Gesicht zu wischen. »Eine merkwürdige Sache. Erlaubt Ihr, dass ich sie erzähle?«
    »Dazu bist du hier. Was weißt du?«
    »Bei dem Mann handelte es sich um den Gesetzlosen Rastafan, dessen Zuflucht wir in den Rabenhügeln vermuten. Ich erkannte ihn, weil er bereits als Gefangener im Jammerturm saß und dort auf seine Hinrichtung wartete. Doch dann geschah etwas Seltsames. Einer der Sonnenpriester erschien und befahl, den Gefangenen in den Sonnentempel zu bringen. Angeblich, um ihn dort in den Kellergewölben eigenhändig zu martern.«
    »Ein Sonnenpriester? Woran hast du ihn erkannt?«
    »An seinem Gewand und seinem Auftreten. Er trug den heiligen Zopf und behauptete, er sei Jaryn, der Achayane. Was konnte ich tun? Ich musste gehorchen.«
    Hatte Doron soeben geräuschvoll seinen Atem ausgestoßen? Das musste Borrak sich eingebildet haben.
    »Der Sonnenpriester kerkerte den Gefangenen also im Sonnentempel ein?«
    »Das musste ich annehmen. Wer beschreibt mein Erstaunen, als ich ihn quicklebendig zwischen den Bäumen hervortreten sah?«
    »Aber wie kann er an zwei Stellen gleichzeitig gewesen sein? Wie erklärst du dir das?«
    Borrak sah verlegen zu Boden. »Der Priester muss mich getäuscht haben. Er hat den Gefangenen freigelassen.«
    Doron räusperte sich, und Lenthors Miene wurde finster. »Weshalb sollte ein Achayane einen Gesetzlosen befreien, du Wurm? Nicht einmal seinen Atem würde er ertragen. Du hast dich geirrt, die Furcht hat dich kopflos gemacht, außerdem ist es dunkel im Wald, und bei diesem Lumpengesindel sieht einer aus wie der andere.«
    »Aber nein! Ich beschwöre, er war es!«
    »Dann beschuldigst du also vor dem Thron deines Königs einen Sonnenpriester dieses Frevels?«
    »Ich – ich …« Borrak fehlten die Worte. Was sollte er auch sagen? Er wusste, was er gesehen hatte, aber er hätte es sich vorher überlegen sollen: Einen Sonnenpriester klagte man nicht an, schon gar nicht in so einer Sache.
    »Du wirst gebraucht, daher bleibst du am Leben.« Die Stimme Lenthors war scharf wie ein geschliffenes Schwert. »Für deine unverschämte Verdächtigung wirst du fünfzig Peitschenhiebe erhalten. Und nun entferne dich!«
    Fünfzig Hiebe. Das war schlimm, aber er würde es aushalten. Erleichtert fiel Borrak auf die Knie und bedankte sich überschwänglich. Dann geleiteten ihn die beiden Wachen wieder hinaus.
    Sobald sich die hohen Flügeltüren hinter Borrak geschlossen hatten, nahm Doron das Wort. »Eine niedere Kreatur, aber nützlich. Sind unsere Gäste schon eingetroffen?«
    »Ja, mein König. Sie wurden im blauen Speisesaal bewirtet.«
    »Gut. Wenn sie ihre Mahlzeit beendet haben, führe sie in meine Privatgemächer.«
    Nur einem ausgesuchten und winzigen Kreis wurde eine so hohe Ehre zuteil. Es handelte sich tatsächlich um die ranghöchsten Männer im ganzen Reich und ebenso um die einflussreichsten, die nicht einmal der große Doron ignorieren konnte.
    Bei der Besprechung ging es um große Dinge, die möglicherweise Erschütterungen und Unruhen verursachen würden, aber die drei Männer, die jetzt Doron gegenübersaßen, hatten unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass der Zeitpunkt gekommen sei. Doron spürte eine merkwürdige Nervosität, die ihm sonst fremd war. Nicht nur das Ereignis selbst war daran schuld, auch Borraks Aussage hinsichtlich
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