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Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt

Titel: Der Aufstand Auf Dem Jahrmarkt
Autoren: Ellis Peters
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nie solch ein Treiben gesehen«, sagte Bruder Mark bewundernd.
    »Du hast auch noch keinen Jahrmarkt mitgemacht. Letztes Jahr wurde die Stadt den ganzen Juli und bis in den August hinein belagert, und da war es schwierig, Käufer oder Verkäufer nach Shrewsbury zu locken. Ich hatte auch dieses Jahr meine Zweifel, doch scheint der Handel wieder zu florieren, und unsere Edelleute sind begieriger denn je nach alledem, was sie im vorigen Jahr nicht haben konnten. Ich glaube, es wird ein gewinnbringender Jahrmarkt.«
    »Hätten wir dann nicht ein Zehntel erübrigen können, um zur Wiederherstellung der Stadt beizutragen?« wollte Mark wissen.
    »Du hast eine Art, Junge, die mißlichsten Fragen zu stellen. Ich kann mir denken, wie dem Bürgermeister zumute ist, da er es offen ausgesprochen hat. Aber dessen, was im Kopf unseres Ehrwürdigen Vaters vorging, bin ich keineswegs sicher, ebenso wenig, daß er die Hälfte davon ausgesprochen hat. Ein Mann, der schwer zu durchschauen ist!«
    Aber Mark hörte nicht mehr zu. Seine Aufmerksamkeit galt einem Reiter, der soeben zum Torhaus hereingekommen war und sein Pferd im Schritt geschickt durch das Gedränge zu den Stallungen lenkte.
    Drei Gefolgsleute ritten auf rauhfelligen kleinen Bauernpferden hinter ihm her, und einer hatte eine Armbrust am Sattel befestigt. In diesen gefahrvollen Zeiten und selbst in Gegenden wie dieser, die erst vor kurzem befriedet worden war, würde kein Mann von Stand eine längere Reise unternehmen, ohne für seine persönliche Sicherheit zu sorgen, und eine Armbrust reichte weiter als ein Schwert. Dieser junge Mann trug nicht nur ein Schwert, sondern sah so aus, als könnte er auch damit umgehen. Trotzdem hatte er nicht auf bewaffnete Begleiter verzichtet.
    Der fremde Herr war vielleicht ein Jahr oder zwei unter dreißig, über die Ungewißheiten der Jugend hinaus - wenn er überhaupt je darunter gelitten hatte - und in der Blüte seines Mannesalters. Gut gekleidet, auf einem dunklen Fuchs mit schimmerndem Fell, ritt er mit der nachlässigen Leichtigkeit eines Menschen, der von Kindesbeinen an mit Pferden vertraut war. In der Sommerhitze hatte er seinen kurzen Reiterumhang abgelegt und über den Schoß gebreitet, und so ritt er mit offenem Hemd, ein Kreuz an einer goldenen Halskette auf der muskulösen Brust. Die Gestalt, die sich in einfachem Leinenhemd und dunklen Beinkleidern zur Schau stellte, war groß, geschmeidig und stolz auf ihre Anmut, der Kopf, der sie bekrönte, barhäuptig.
    Gebieterische dunkle Augen strahlten in einem lächelnden, lebhaften Gesicht. Das kurzgeschnittene, anliegende dunkelblonde Haar hätte Locken gebildet, wäre ihm erlaubt gewesen, ein wenig länger zu wachsen. Er ritt vorüber, und Marks Blick folgte ihm, ein zugleich ruhiger und nachdenklicher Blick, ohne eine Spur von Neid.
    »Es muß ein erfreulich Ding sein«, sagte er gedankenvoll, »so gemacht zu sein, daß man allen, die einen sehen, Vergnügen bereitet.
    Ob er begreift, wie gesegnet er ist?«
    Mark selbst war ziemlich klein, durch Unterernährung in der Kindheit, mit einfachen Zügen und borstigem, strohfarbenem Haar um seine Tonsur. Nicht, daß er jemals dazu käme, sich in einem anderen Spiegel als dem Wasser zu betrachten. Er wußte auch nicht, daß er ein Paar großer grauer Augen von makelloser Klarheit besaß, vor der gewöhnliche Schönheit versagte. Doch dachte Cadfael nicht daran, ihn auf derlei Vorzüge aufmerksam zu machen.
    »Wie es in der Welt zugeht«, entgegnete er munter, »hat er wahrscheinlich einen Verstand, der nicht weiter voraus oder zurückblickt als die Länge seiner feinen Augenwimpern. Aber ich gebe zu, daß er angenehm anzuschauen ist. Gleichviel, der Verstand währt länger. Sei froh, daß du einen hast, der keine Kritik zu scheuen braucht. Und nun komm, dies alles wird bis nach dem Abendessen andauern.«
    Diese Worte lenkten Bruder Marks Gedanken sehr erfreulich ab. Er hatte sein Leben lang Hunger gelitten, bis er in dieses Haus eingetreten war. Und noch immer bewahrte er die Gewohnheit des Hungers, so daß Nahrung ebenso wie Schönheit reine Freude war.
    Bereitwillig ging er an Cadfaels Seite zur Vesper und der anschließenden Abendmahlzeit. Sie hatten das Kirchenportal noch nicht erreicht, als Cadfael plötzlich innehielt, beim Namen gerufen von einer hohen, erfreuten Stimme.
    Es war eine schlanke, junge, anmutige Dame mit einem dicken blonden Haarschopf, einem hellen, ovalen Gesicht und dunkelblauen, klaren Augen, die an
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