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Der aufrechte Soldat

Der aufrechte Soldat

Titel: Der aufrechte Soldat
Autoren: Brian W. Aldiss
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eingeschlossen.
    »Wie geht’s, Stubby?«
    »Holt das Boot, das mich nach Hause bringt!«
    »Du hast uns verdammt nochmal Angst gemacht, Kumpel! Wir dachten schon, du seist endgültig über den Jordan. Geordie ist gerade unterwegs, um dir eine Tasse Tee zu besorgen.«
    Es war die reinste Hölle auf diesem verdammten Hügel. Die Garnison war entlastet, die Position, die für die Straße von Dimapur nach Imphal so lebenswichtig war – wo das 4. Korps noch immer kämpfte –, wurde gehalten. Aber rundum gab es Dutzende von natürlichen Festungen, wo Sato und seine Soldaten sich auf Jahre einrichten konnten. Gott sei Dank wußten wir damals noch nicht, daß wir geschlagene fünf Wochen an diesem furchtbaren Ort festgehalten würden. Die Belagerung von Kohima war beendet, aber die Schlacht um Kohima war noch in vollem Gang.
    Die Japsen gaben keinen Zentimeter nach. Obgleich sie für uns nicht mehr jene übermenschlichen Dschungelteufel waren, als die sie den Kameraden in Arakan erschienen waren, hatten ihr Mut und ihre Standfestigkeit etwas Übermenschliches an sich. Sie wußten einfach nicht, wann sie geschlagen waren. Sie machten einen Bajonettangriff nach dem anderen und rannten dabei in den sicheren Tod. Sie brüllten und kreischten uns nach Einbruch der Dunkelheit an. Sie machten niemals Gefangene, sie ergaben sich nie.
    Ihre Scharfschützen und Richtkanoniere sorgten ständig dafür, daß wir die Köpfe einzogen. Wenn man sich irgendwohin begab, dann tat man das im Laufschritt und fürchtete ständig um sein Leben. Die Nächte waren die reinste Hölle – bei Nacht und bei Tag, während der gesamten fünf Wochen, brachte es niemand von uns auf mehr als vier Stunden zusammenhängenden Schlafs. Natürlich lernte man schlafen, wenn sich dafür eine freie Minute ergab.
    Irgendwie überlebten wir all das, irgendwie drängten wir die Angst zurück, und irgendwie überlebten wir auch den langsamen, aber stetigen Verlust unserer Kameraden. Carter kam aus dem Feldlazarett mit bandagiertem Arm zurück, frisch und ordentlich aussehend, und verspottete uns wegen unserer Bärte und unseres Geruchs, und am gleichen Tag fiel er neben mir, als er einen Kopfschuß erhielt.
    Der April verstrich, der Mai kam. Andere Kameraden starben – der zuverlässige, ruhige Di Jones, der bereits bei Merema verwundet worden war und der sein Tal in Wales nie wiedersehen sollte, sein Kumpel Taffy Evans und so viele andere gute Männer, die bis zum letzten Atemzug ihre Stellung hielten.
    Die Panzer erschienen, konnten aber keine endgültige Entscheidung herbeiführen. Unsere Kanoniere weit zurück in Zubza und Jotsoma bepflasterten die Höhenregionen, von denen aus die Japaner uns eindeckten. Die Jagdbomber dröhnten Tag für Tag durch das Tal herauf. Trotzdem gab es keine Veränderung. Gerüchte besagten, daß die Japaner in ihren Stellungen allmählich verhungerten und an allen möglichen Krankheiten starben, vor allem an der Himbeerseuche, an Skorbut, Auszehrung und Syphilis. Wir hatten Tausende von diesen Kerlen getötet. Aber ihre Bunker spuckten noch immer Stahl in einem nicht versiegenden Strom.
    Die Säcke mit der Post von zu Hause kamen regelmäßig an. Die ganze Familie schrieb mir abwechselnd und schickte mir zum Trost und zur Erbauung immer neue Rationen Neuigkeiten und Liebe. Ihre Worte kamen von einem Ort, an den wir nie gelangen konnten, in eine Umgebung, die sie sich nicht vorstellen konnten. Inmitten unserer schmutzigen Unterstände verblaßten unser Zuhause und die Menschen dort zu Mythen; die Japaner waren, verdammt nochmal, weitaus wirklicher.
    Im Mai, als die Regenfälle zahlreicher und heftiger wurden, wandelte sich die Situation allmählich. Um den 13. herum fielen einige wichtige Hindernisse im Süden in unsere Hände. Zum erstenmal bot sich uns der Anblick von davonlaufenden Japanern. Wir stimmten ein Freudengeheul an, sprangen gegen den Befehl aus unseren Gräben und schossen hinter den Bastarden her.
    Die Gerüchte erwiesen sich als zutreffend. Die Japaner waren zunehmend demoralisiert und standen kurz vor dem Verhungern. Sato konnte seine Position nicht ewig halten. Am 1. Juni begannen seine Männer sich aus ihren strategisch wunderbar gelegenen Stellungen zurückzuziehen. Davor mußten wir noch ein weiteres heftiges Aufflackern von vereinzelten Kämpfen über uns ergehen lassen.
    Am 24. Mai rückte unser Bataillon über die Verteidigungslinie von Kohima hinaus nach Süden vor und schickte sich an, den Aradura zu
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