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Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition)
Autoren: Béla Bolten
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und Albers ging darüber hinweg.
    »Du wirst sehen, ›Münchhausen‹ hat mehr Zuschauer als dein neues Werk. Will doch jeder sehen, wie der Albers auf einer Kanonenkugel durch die Luft fliegt. Und das auch noch in Cinemascope und in Farbe.«
    Sein donnerndes Lachen ließ fast den Tisch beben.
    Während sie plauderten, trugen livrierte Kellner ständig neue Speisen und Getränke auf. Daut probierte von allem nur winzige Häppchen, die irreale Situation verdarb ihm den Appetit.
    »Essen Sie, so etwas Gutes bekommen Sie nicht so schnell wieder.«
    Wieder jagte ihm der Blick der Leander Schauer über den Rücken. Daut nahm einen Schluck Wein.
    »Wie geht es Ihnen nach dem Brand, Zarah?«
    Sie beugte sich zu ihm und flüsterte:
    »Sie sind immer noch mein Held. Es geht mir gut, ich bin bei einem Freund untergekommen. Und übermorgen bin ich wieder daheim.«
    Daut brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass »daheim« Schweden bedeutete. Zarah rückte noch näher an ihn heran.
    »Haben Sie etwas für Carlas Freund in die Wege leiten können?«
    »Ich habe eine Idee.«
    »Kann ich etwas dazutun?«
    Daut schüttelte den Kopf. Zarah war ihm so nah, dass ihn der Duft ihre Parfüms fast betäubte. Er schloss für eine Sekunde die Augen und sog ihn auf. Und dann wieder diese Stimme.
    »Gefällt Ihnen mein Parfüm?«
    »Es ist wunderbar.«
    Ein Kellner zerstörte den Zauber dieses Augenblicks mit der Frage, ob er das Dessert servieren dürfe. Am Tisch wurde weiter über Filme, Musik und andere Belanglosigkeiten parliert. Daut versuchte, den Bonmots und Pointen zu folgen, so gut es ging, und bemerkte nicht, wer hinter ihm an den Tisch getreten war.
    »Na, hier sind ja die Richtigen versammelt.«
    Daut zuckte zusammen. Die rheinisch eingefärbte Stimme des Propagandaministers kannte jeder in Deutschland.
    »Ich hoffe, es kommen mir keine defätistischen Reden zu Ohren.«
    Albers dröhnte irgendetwas zurück, das Daut nicht verstand. Als Goebbels davongehinkt war, sagte der Mime: »Ich fürchtete schon, der Abend wäre gelaufen.«
    Es war das erste Mal, dass seine Stimme einen ernsten Unterton hatte.
     
    Nachdem das Dessert abgetragen war, spielte ein Tanzorchester auf. Daut tanzte nacheinander mit Ilse Werner, Zarah Leander und anderen wunderschönen Frauen, die er schon einmal gesehen zu haben glaubte, ohne sich an Ort und Zeit erinnern zu können. Der Abend war und blieb ein Märchen.
    Es war kurz vor Mitternacht, als er Carla zum dritten Mal aufforderte. Sie war eine exzellente Tänzerin, und sie drehten sich beschwingt im Kreis. Als das Stück zu Ende war, bat Carla Daut, sie an die frische Luft zu begleiten. Sie gingen ein paar Schritte durch einen ummauerten Innenhof.
    »Hast du über meine Bitte nachgedacht, Axel?«
    Sie hakte sich bei Daut ein und schaute ihn aus müden Augen an.
    »Ja, das habe ich.«
    Carlas Augen flehten derart, dass er sofort hinzusetzte: »Ich werde mich um euer Problem kümmern.«
    »Weidt hat mir einen Tipp gegeben. Ich solle dir sagen, Bombenscheine wären eine Möglichkeit. Du wüsstest dann schon Bescheid.«
    Daut sah zur Seite, damit Carla seine Ratlosigkeit nicht bemerkte.
    Sie gingen zurück in den Saal, wo die Gäste im Aufbruch begriffen waren. Die Premiere von »Münchhausen« stand an, und die Gesellschaft zog in den Kinosaal um. Daut entschuldigte sich bei Albers, er müsse sich um einen Mordfall kümmern. Der Schauspieler zuckte mit den Achseln, versprach aber bereits leicht lallend, Daut Kinokarten zu schicken. Zarah hielt Daut zum Abschied die Wange für einen Kuss hin. Ihre präsente Körperlichkeit raubte ihm fast die Sinne, aber es gelang ihm, den Kuss schicklich über ihre Schulter zu hauchen, sodass sich ihre Wangen nur leicht berührten.
    Carla brachte ihn zum Eingangsportal, wo ein Page nach einer Droschke rief.
    »Es bleibt dabei?«
    Daut nickte und schloss dabei für einen Moment die Augen.
    »Wir sehen uns morgen bei Weidt.«

Freitag, 5. März 1943
    Vierundvierzig
     
     
    Daut wies den Droschkenkutscher an, ihn zur Wohnung von Quint zu fahren. Während der Fahrt versuchte er, die Erlebnisse dieses Abends zu ordnen, aber es gelang ihm nicht. Seine linke Wange brannte, als wäre er einer Kerze zu nahe gekommen.
    Er ließ den Fahrer ein paar Straßen vor der Quintschen Wohnung anhalten und ging den Rest des Weges zu Fuß. Die klare, kalte Luft tat ihm gut.
    Rösen traute seinen Augen nicht, als Daut im feinen Zwirn in den alten P 4 stieg.
    »Der Herr Wachtmeister haben
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