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Der Atem Manitous

Der Atem Manitous

Titel: Der Atem Manitous
Autoren: Vampira VA
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tief und hörbar nach Luft rangen, starrte Quanak nur ungläubig auf die eigene Hand, die ihn getötet hatte. Er kippte lautlos nach hinten in den Staub, der sich gleich darauf unter ihm rot färbte.
    Gleichzeitig, vom Geruch des Blutes aufgepeitscht, brüllte Makoo-temane: »Ich werde diesen Stamm führen, Vater! Deine Vision ist zu schwach, um uns eine Zukunft zu geben. Meine ist gewaltig - sie wird die Arapaho ewig leben lassen wie die Sonne ...!«
    Quanak zuckte immer noch. Aber es waren bloße Reflexe, keine wirklichen Äußerungen mehr von Leben.
    Leben .
    Makootemane schloß kurz die Augen und sog den Atem ein. Mit Wucht überkam ihn die Erinnerung, wie er in der zurückliegenden Nacht gestorben und wiederauferstanden war.
    In diesem Augenblick wußte er, daß er nicht alles nur im Delirium erlebt hatte. Er fühlte die gewonnene Macht und Stärke mit gleicher Heftigkeit wie den ziehenden Schmerz in den Gliedern, der ihm verriet, wie sehr sein Geist es satt hatte, im Körper eines Neunjährigen eingesperrt zu sein .
    *
    Die Adler kreisten hoch über dem Lager und stießen schrille Schreie aus, als Invnaina seinem Sohn entgegentrat.
    Nicht um sich zum Kampf zu stellen, sondern um ihn persönlich zur Vernunft zu bringen.
    Ein paar kleine Kinder, die abseits mit ihren haargefüllten Kalbslederbällen Shinny gespielt hatten, stellten ihr ausgelassenes Treiben nun ein, als spürten auch sie die Außergewöhnlichkeit dessen, was sich vor dem Häuptlingszelt ereignete, ohne daß sie von Quanaks Tod bislang etwas mitbekommen hatten.
    Die größeren, die Jungkrieger und heiratsfähigen Mädchen hatten sich gleich nach Makootemanes Ankunft um ihn geschart. Wenn ein Visionssucher vom Heiligen Berg heimkehrte, war dies Grund für eine ausgelassene Feier, um seine Aufnahme in den Kreis der Erwachsenen zu besiegeln.
    Normalerweise.
    Der Selbstmord des Medizinmanns hatte die Versammelten regelrecht geschockt.
    Und auch Makootemanes Auftreten erschreckte sie.
    Niemand wagte es, den Häuptlingssohn nach seinem Kriegsnamen zu fragen, den er von den Geistern erhalten hatte. Unruhe breitete sich aus. In manchem Gesicht war zu lesen, daß die Arapaho die Ordnung ihrer Welt gefährdet sahen ...
    »Der böse Geist, der in dich gefahren ist, hat Quanak vernichtet. Willst du zulassen, daß er noch mehr Opfer fordert, Sohn?«
    Frei von Angst stellte sich Invnaina Makootemane in den Weg.
    »Wer bestimmt, was gut oder böse ist, Vater?«
    Das Gesicht des Stammesführers wirkte wie mit Asche überzogen. »Nicht du und nicht ich - es sind die Gesetze, die unser Handeln bestimmen.«
    »Dann sind die Gesetze falsch«, sagte Makootemane.
    »Wie kannst du es wagen ...?« Invnaina hob die Hand, als wollte er seinen Sohn schlagen, aber das kalte Lächeln des Jungen ließ ihn stocken. »Was ist dort oben -«, der Häuptling reckte den Arm in Richtung des Heiligen Bergs, an dem die Horste ihrer Totemtiere klebten, »- geschehen? Was ist dir erschienen und hat dir diesen Frevel eingeflüstert?«
    »Das wirst du nie erfahren, Vater.«
    »Warum nicht?«
    »Weil dir nicht bestimmt ist, mit mir in die Zukunft zu wandern. Du bist zu alt und zu schwach. Nur die Stärksten des Stammes werden mich begleiten!«
    »Du bist krank. Komm zu dir! Ich werde einen Boten zum Häuptling der Cheyenne entsenden und die Hilfe eines Heilkundigen erbitten. Wir werden .«
    »Sieh mich an, Vater!« unterbrach ihn Makootemane.
    »Ich sehe dich bereits die ganze Zeit«, erwiderte Invnaina nun hörbar unwirsch. Die Adlerfedern in seinem Haarschmuck symbolisierten viele Kämpfe, die er siegreich bestritten hatte.
    Er war ein großer Krieger gewesen.
    Nun war seine Zeit um.
    »Nein. Du siehst nicht, wie ich wirklich bin. Wie ich geworden bin. Ich gebe dir ein letztes Mal die Chance, die Waffen zu wählen. Stell dich dem Zweikampf - oder ich töte dich mit meinen bloßen Händen, wie du hier vor mir stehst!«
    Das Seltsame war, daß Invnaina ihn nur anzusehen brauchte, um die Gewißheit zu erlangen, daß Makootemane keine leeren Worte machte.
    »Was ist dort oben auf dem Berg geschehen?« versuchte er es trotzdem noch einmal.
    »Du willst es wirklich wissen?«
    »Ja!«
    Makootemane lächelte bizarr. »Ich ging dir voraus - mit einem Unterschied.«
    »Du gingst voraus?«
    »Ich starb«, erklärte Makootemane seelenruhig.
    Seines Vaters Augen füllten sich mit Dunkelheit. »Und der Unterschied?« fragte er.
    »Mein Tod war nicht von Dauer. Er war der Anfang - nicht das Ende
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