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Der Atem des Rippers (German Edition)

Der Atem des Rippers (German Edition)

Titel: Der Atem des Rippers (German Edition)
Autoren: Martin Clauß
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amerikanisches Ehepaar zur Mission nach Burma reiste und in neun Jahren nur achtzehn Burmesen zum Christentum bekehrte. Auch wenn in den letzten Jahren bessere Erfolge zu verzeichnen waren, scheinen meine Begleiter mit großer Nervosität in die Zukunft zu sehen.
    „Was fürchtet ihr euch?“, fragte ich sie. „Ist es kein Grund zur Freude, wenn man London den Rücken kehrt und damit auch den schrecklichen Ripper hinter sich lässt?“
    Sie nickten voller Blässe und bekreuzigen sich. Dann entspannen sich ihre Gesichter. Ich glaube, ich habe ihnen ein wenig Trost gespendet. Sie scheinen sich tatsächlich befreit zu fühlen von der blutigen Last des Metzgers, der unter ihnen war. Sie wissen – was immer sie in Britisch-Indien erwarten wird, es wird sie niemals so ängstigen wie dieses finstere London.
    Zum ersten Mal spreche ich den Namen des Rippers vor anderen Menschen aus, und er klingt gut, wie der Name eines legendären Königs in einem entfernten, versunkenen Reich, in undenkbar ferner Vergangenheit. In dem Moment, in dem das märchenhafte Mandalay Wirklichkeit wird, wird er nicht mehr als ein fantastisches Wolkengebilde sein …
    Daily Telegraph
    Samstag, 10. November 1888
    Die Tragödien des Londoner Ostens.
    Ein siebter Mord.
    Ein weiterer grauenhafter Mordfall.
    Gestern wurde ein siebter Mord, der schrecklichste in der Reihe der Grausamkeiten, von der gleichen Hand in Whitechapel verübt. Wie in den vorigen Fällen war das Opfer eine Frau von unmoralischem Charakter und bescheidenen Lebensumständen, doch sie war nicht auf offener Straße ermordet worden. Ihre Kehle wurde in einem Zimmer in der Dorset Street 26 durchgeschnitten, das die Verstorbene gemietet hatte, und dort wurden auch die anschließenden Grausamkeiten vollbracht. Sie wurde als Mary Jane Kelly identifiziert und soll die Tochter eines Vorarbeiters einer Eisenhütte in Carnarvon, Wales sein. Sie war verheiratet, lebte jedoch von ihrem Mann getrennt; sie war vierundzwanzig Jahre alt, groß und schlank, blond und von attraktivem Äußeren. Das Zimmer, das sie für vier Shilling in der Woche gemietet hatte, lag im Erdgeschoß eines dreistöckigen Gebäudes in der Dorset Street, unweit von der Commercial Street entfernt, im Schatten der Kirche von Spitalfields.
    Um Viertel vor elf Uhr am gestrigen Morgen wurde die Tragödie entdeckt. Die Miete der Bewohner von Miller’s Court wird von John McCarthy eingezogen, dem Inhaber eines Krämerladens, der links des Hofeingangs in der Dorset Street liegt. McCarthy wies seinen Angestellten John Bowyer, einen pensionierten Soldaten, an, das fällige Geld einzutreiben, denn die verstorbene Frau war mit ihren Zahlungen 29 Shilling im Rückstand. Bowyer klopfte an Kellys Tür, erhielt jedoch keine Antwort. Nachdem es ihm nicht gelungen war, die Tür zu öffnen, ging er um die Hausecke herum und zog den Rollladen des Fensters empor. Eine der Scheiben war zerbrochen. Er entdeckte Blut auf dem Glas, und ihm wurde sofort klar, dass ein weiterer Mord verübt worden war. Er holte McCarthy, der, als er durch das Fenster sah, den toten, unbekleideten Körper einer Frau auf dem Bett erblickte, das an der Wand stand. Die Leiche war entsetzlich zugerichtet. Die Polizei von Commercial Street und Leman Street – beide Stationen fünf Minuten entfernt – wurde umgehend verständigt, und Inspector Beck traf kurz darauf am Tatort ein. Dieser Beamte ließ Inspector Abberline und Inspector Reid, beide von der Kriminalabteilung, verständigen. Doch es wurde nichts unternommen, ehe Mr. T. Arnold, der Superintendent der Division H der Metropolitan Police eintraf und kurz nach elf Uhr den Befehl gab, die Tür des Zimmers aufzubrechen. Die letzte Person, die den Raum verlassen hatte, musste die Tür des Zimmers hinter sich geschlossen und den Schlüssel mitgenommen haben, denn er war nirgends zu finden. Ein höchst grauenvoller Anblick bot sich den Augen der Beamten und überstieg an Grässlichkeit alles, was die Vorstellung sich auszumalen vermag. Der Körper der Frau lag ausgestreckt auf dem Bett, entsetzlich zugerichtet. Nase und Ohren waren abgeschnitten, und obwohl keine Gliedmaßen abgetrennt worden waren, war das Fleisch abgezogen und das Skelett bloßgelegt worden. Dass der Unhold einige Zeit mit seinem Werk zugebracht haben musste, zeigte die gründliche Art, mit der er Teile herausgenommen und sie absichtlich auf dem Tisch abgelegt hatte, um das Grauen zu verstärken.
    Wenn man sich eine Skizze von den Örtlichkeiten
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