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Der Architekt

Der Architekt

Titel: Der Architekt
Autoren: Jonas Winner
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gebaute Stadt regelrecht hineingesickert zu sein schien, von den Mauern, Wänden, Kellern und Fundamenten Berlins wieder zu lösen.
    So hätte ich die Suche nach dem Haus vielleicht ganz aufgegeben, wäre ich nicht auf einem ganz anderen als dem zunächst eingeschlagenen Weg doch noch ans Ziel gelangt.
     
    Bei verschiedenen Anlässen, auf Abendgesellschaften, Empfängen und in meinem Freundeskreis hatte ich längst in Gesprächen einfließen lassen, dass ich durch einen Klienten von exklusiven, ja geradezu geheimen Partys gehört hätte, bei denen es wohl besonders gewagt zuging. Ob man von dergleichen auch schon einmal aus anderer Quelle gehört habe? Wen auch immer ich darauf ansprach, das Interesse war sofort groß. Nicht, dass es jemand ernstlich in Erwägung gezogen hätte, an so einer Veranstaltung teilzunehmen. Zumindest sagte das niemand. Doch der Gedanke, dass es so etwas
tatsächlich
geben könnte, und zwar nicht etwa in Moskau oder Shanghai, sondern hier bei uns, in Berlin, wurde von den meisten amüsiert, interessiert, ja geradezu gespannt aufgegriffen. »Natürlich gibt es das!«, riefen manche sogar und schlugen sich an die Stirn, als wollten sie sagen: Und wieso höre ich erst jetzt zum ersten Mal davon?
    Dass ich sehr konkret von einem Haus im Haus, dem sogenannten »Innenhaus«, gehört hätte, und noch dazu im Zusammenhang mit Julian Götz, verschwieg ich allerdings. Ich wollte nicht, dass ich mit der Sache in Verbindung gebracht würde, bevor ich Genaueres wusste. Umso neugieriger wurde ich, als mir ein entfernter Bekannter, der mit solchen Dingen nicht ganz so wenig zu tun zu haben schien wie ich selbst, schließlich ein Etablissement empfahl, das sich in einer alten Jugendstilvilla im Südwesten der Stadt befände und in dem es besonders reizvolle Gesellschaften gebe. Wenn ich an so etwas interessiert sei, könne ich mich dort ja einmal umsehen.
    Ich war selbst überrascht, dass ich noch am selben Abend vor dem besagten Haus aus dem Taxi stieg und klingelte. Es mochte an der tadellosen Kleidung liegen, die ich noch von dem Empfang trug, auf dem ich mit meinem Bekannten gesprochen hatte, jedenfalls wurde ich umstandslos eingelassen und befand mich wenig später in einem geradezu altmodischen Bordell wieder, dessen Innenausstatter sich offenbar an Bildern aus alten Western orientiert hatte, so viel Rot, Samt und Tüll hatte er bei seiner Arbeit verwendet.
    Ich fühlte mich zunächst denkbar fehl am Platz und war mir nur zu bewusst, dass ich schlecht würde erklären können, was ich hier wollte, wenn ich nicht die Dienste des Hauses, zumindest dem Schein nach, in Anspruch nahm. So ging ich schließlich mit einem der Mädchen mit, machte ihr jedoch alsbald verständlich, dass ich nur auf der Suche nach einer Information wäre. Ein Umstand, mit dem sie souverän umging, wohl auch nicht allzu betrübt, sich ihr Geld einmal auf andere Weise verdienen zu können. Denn daran, dass ich zahlen würde, ließ ich keinen Zweifel.
    Selbst hatte sie allerdings von dem, was ich suchte, bisher nichts gehört, obwohl sie – eine junge Russin – durchaus das Format dafür zu haben schien. Ich verdoppelte den Einsatz und hatte Glück. Sie ließ sich darauf ein, ihr Telefon zu zücken und begann, Erkundigungen einzuholen: Ein Kunde habe besondere Wünsche, was sich da machen ließe. Zweitausend Euro später hatte ich meine Information.
     
    Die Kette in der Tiefgarage kannte ich bereits aus der Schilderung Lindenbergers. Ich hatte den Taxifahrer an der Rampe, die in das Parkhaus führte, halten lassen, war ausgestiegen und zu Fuß die Einfahrt hinabgelaufen. Zuerst war ich mir unsicher gewesen, ob die Information der Russin mich auch wirklich ans Ziel brachte. Doch als ich im zweiten Untergeschoss des Parkhauses die Kette sah, die scheinbar nur die hinteren Parkplätze vor unbefugten Autofahrern abschirmte, wusste ich, dass ich ins Schwarze getroffen hatte. Schlagartig wandelte sich die bange Ungeduld, mit der ich hergefahren war, in blanke Neugier. Die stählerne Tür, das trostlose Treppenhaus, die Pforte in der Wand. Alles war wie in Lindenbergers Text beschrieben. Man musste nur wissen, um welches Parkhaus es sich handelte!
    Ohne Probleme gelangte ich ins Innere der Anlage. Es hatte genügt, dass ich die Klingel an der Tür betätigte. Kurz darauf war sie von einem kräftigen, dunkelhaarigen Mann geöffnet worden, der stur an mir vorbeiblickte, als ich eintrat.
    Augenblicklich roch ich die künstlich
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