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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihren Echos zu beziehen schien. »Sieh dich ein bisschen um, dann komm zurück.«
    Anfangs ging ich nirgends hin, sondern stand bloß da und wischte mir mit dem Handrücken über den Mund. Meine Augen schienen aus den Höhlen zu quellen. Meine Kopfhaut und ein schmaler Hautstreifen entlang meinem Rückgrat kribbelten. Ich war ängstlich – vor Angst fast gelähmt –, aber das wurde durch starke Neugier ausgeglichen, die auch meine Panik (vorerst) zurückdrängte. Ich konnte meinen Schatten auf dem Beton so klar sehen, als wäre er aus schwarzem Stoff ausgeschnitten. Ich konnte Rostflocken an der Kette sehen, die den Trockenschuppen vom Rest des Hofs absperrte. Ich konnte den beißenden Rauch aus den drei Kaminen riechen, von dem mir die Augen brannten. Ein Inspektor der Umweltschutzbehörde hätte diesen Scheiß nur zu riechen brauchen, um den ganzen Laden sofort dichtzumachen. Nur … ich glaubte nicht, dass es hier in der Umgebung EPA -Inspektoren gab. Ich wusste nicht mal, ob die Environmental Protection Agency schon erfunden war. Aber ich wusste, wo ich war: Lisbon Falls, Maine, tief in der Androscoggin County.
    Die eigentliche Frage lautete: Wann war ich?
    3
    An der Kette hing ein Schild, das ich nicht lesen konnte – der Text stand auf der Vorderseite. Ich wollte darauf zugehen, blieb dann aber stehen. Ich schloss die Augen, schlurfte vorwärts und ermahnte mich, Babyschritte zu machen. Als mein linker Fuß wieder gegen die Treppe stieß, die zu Al’s Diner hinaufführte (zumindest hoffte ich das sehnlichst), griff ich in die Gesäßtasche und zog ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus – ein Briefchen von dem erhabenen Chef meines Fachbereichs: »Einen schönen Sommer, und vergessen Sie unseren Planungstag im Juli nicht.« Ich fragte mich, wie er reagieren würde, wenn Jake Epping im kommenden Schuljahr einen sechswöchigen Block »Zeitreisen in der Literatur« unterrichten würde. Dann riss ich oben einen Streifen Papier ab, faltete ihn zusammen und ließ ihn auf die erste Stufe der unsichtbaren Treppe fallen. Er landete natürlich auf dem Beton, markierte aber auch so die richtige Stelle. An diesem warmen, stillen Nachmittag würde das Papier nicht weggeweht werden, aber ich fand einen kleinen Betonbrocken, den ich vorsichtshalber als Briefbeschwerer benutzte. Er landete auf der Stufe, aber auch auf dem gefalteten Papierstreifen. Weil es keine Stufe, keine Treppe gab . Mir ging ein Fetzen aus einem alten Popsong durch den Kopf: First there is a mountain, then there is no mountain, then there is.
    Sieh dich ein bisschen um, hatte Al gesagt, und ich beschloss, genau das zu tun. Wenn ich bisher nicht den Verstand verloren hatte, konnte ich vermutlich noch eine Weile durchhalten. Es sei denn, ich sah eine Parade von rosa Elefanten oder ein Ufo, das über John Crafts Auto Sales schwebte. Ich versuchte mir einzureden, dass dies alles nicht wirklich passierte, nicht passieren konnte, aber das zog nicht. Philosophen und Psychologen stritten vielleicht darüber, was real und was irreal war, aber die meisten von uns Normalsterblichen kannten und akzeptierten die Beschaffenheit der Welt um uns herum. Das hier passierte wirklich. Außerdem stank es viel zu sehr, um eine Halluzination zu sein.
    Ich ging zu der Kette, die in Hüfthöhe hing, und schlüpfte darunter hindurch. Vorn auf dem Schild stand in schwarzer Schablonenschrift: AB HIER KEIN ZUTRITT, BIS KANALROHR REPARIERT IST. Ich sah mich wieder um, konnte kein Anzeichen für unmittelbar bevorstehende Reparaturarbeiten erkennen, ging um die Ecke des Trockenschuppens und stolperte fast über den Mann, der sich dort sonnte. Viel Sonnenbräune würde er allerdings nicht bekommen. Er trug einen alten, schwarzen Mantel, der ihn wie ein amorpher Schatten umgab. An beiden Ärmeln gab es angetrocknete Rotzspuren. Der Körper in dem Mantel war bis zur Auszehrung abgemagert. Das eisgraue, strähnige Haar hing ihm ins stoppelbärtige Gesicht. Hier war ein Trinker, wenn es jemals einen gegeben hatte.
    Aus der Stirn zurückgeschoben, trug er einen schmutzigen Fedora, der geradewegs aus einem Film noir der Fünfzigerjahre hätte stammen können, in dem alle Frauen Riesenbrüste hatten und alle Männer schnell redeten, während ihnen eine Zigarette im Mundwinkel hing. Und ja, im Hutband des weichen Filzhuts steckte wie die Pressekarte eines Reporters aus alten Zeiten eine gelbe Karte. Sie mochte ursprünglich leuchtend gelb gewesen sein, aber häufiges Begrapschen mit

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