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Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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Sendung.
    Der Fernseher lief in gedämpfter Lautstärke, als sie Carls Büro betrat. Er lümmelte hinter seinem Schreibtisch und checkte die Kopie und die Länge des laufenden Beitrags.
    »Haben Sie das Tape schon gesehen?« Liv reichte ihm ihre Seiten.
    »Es ist gut.« Er zündete sich an seiner alten eine neue Zigarette an und fuhr nach einem bellenden Hustenanfall fort: »Wir bringen Ausschnitte der Dell-Geschichte von heute Morgen und leiten dann über zum Interview mit seiner Tochter.«
    Der steilen Falte zwischen seinen Brauen nach zu urteilen, studierte er Livs Beitrag sehr konzentriert. Es war eine gute, dichte Story mit Kurzbiografien aller Top-Kandidaten für den Kabinettsposten und speziellem Augenmerk auf Beaumont Dell. Sie verschaffte den Zuschauern einen weit gespannten Überblick, ehe sie sie vor Dells Haustür führte.
    Liv sah den Rauchkringeln nach und wartete.
    »Ich möchte Fotos der anderen Mitstreiter einblenden, während Sie die jeweiligen Biografien verlesen«, sagte er und kritzelte entsprechende Anmerkungen auf ihr Script. »Im Archiv sollten wir welche finden. Und wenn nicht, fordern wir sie von oben an.« Mit ›oben‹ meinte er das CNN-Büro in Washington. »Dem Timing nach haben Sie etwa drei Minuten.«
    »Ich möchte dreieinhalb Minuten.« Sie wartete, bis Carl zu ihr hochsah. »Wir lösen nicht jeden Tag einen Minister innerhalb einer Legislaturperiode ab, Carl. Die nächste größere Story ist die mögliche Schließung der Filteranlage des Potomac River. Ich finde, das ist dreieinhalb Minuten wert.«
    »Handeln Sie das mit dem Time-Editior aus«, schlug er Liv vor und hielt abwehrend die Hand hoch, als sie den Mund aufmachte.
    Liv sah sofort, was seine Aufmerksamkeit von ihr abgelenkt hatte. Auf dem Bildschirm erschien soeben das Logo für eine Sondersendung. Sie folgte seinem Handzeichen und stellte den Ton lauter. Über den Bildschirm gebeugt, starrte ihr T. C. Thorpe geradewegs in die Augen. Auf die Intensität dieses Blicks war Liv nicht vorbereitet gewesen.
    Sie spürte eine sexuelle Erregung – ein kurzes, unerwartetes Aufflackern von Begierde, das sie so schockierte, dass sie sich an Carls Schreibtisch lehnen musste. Seit über fünf Jahren hatte sie nichts Derartiges mehr verspürt. Den Blick starr auf Thorpes Konterfei gerichtet, entgingen ihr die ersten einleitenden Worte seines Berichts.
    »… und hat wie erwartet Minister Larkins Rücktrittsgesuch akzeptiert. Minister Larkin legt sein Amt aus gesundheitlichen Gründen nieder. Im Augenblick erholt er sich noch im Bethesda Naval Hospital von der schweren Herzoperation,
der er sich vergangene Woche unterziehen musste. Im Zuge der Rücktrittserklärung von Minister Larkin hat der Präsident Beaumont Dell zu dessen Amtsnachfolger berufen. Bei einer Zusammenkunft im Oval Office hat Dell vor einer Stunde offiziell die Ernennung angenommen. Pressesekretär Donaldson hat für heute früh, neun Uhr, eine Pressekonferenz anberaumt.«
    Liv, die glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, lehnte sich schwer gegen Carls Schreibtisch. Sie hörte Thorpe die offizielle Bekanntmachung wiederholen, während sie mit geschlossenen Augen dastand und tief Luft holte. Carl fluchte wie ein Kutscher.
    Ihre Story war damit gestorben. Tot und begraben. Und er hat es gewusst! Liv richtete sich wieder auf. CNN hatte bereits wieder zum ursprünglichen Programm zurückgeschaltet. Thorpe hatte es schon heute Morgen um acht gewusst.
    »Sie machen sich jetzt am besten schnell an die Überarbeitung«, wies Carl sie an und griff beim ersten Klingeln des Telefons zum Hörer. »Holen Sie sich oben Thorpes Bericht ab. Wir müssen ihn einbauen. Das Interview mit der Tochter ist gestrichen.«
    Liv schnappte sich ihre Unterlagen von Carls Schreibtisch und marschierte zur Tür.
    »Sie brauchen Sie im Schminkraum, Liv.«
    Liv ignorierte die letzte Bemerkung. Nichts wie raus hier, dachte sie. Ungeduldig lief sie vor dem Fahrstuhl auf und ab, der wie immer auf sich warten ließ.
    Der kommt mir nicht ungeschoren davon, fluchte sie innerlich. Das lasse ich nicht mit mir machen.
    Selbst in der Fahrstuhlkabine auf dem Weg in die vierte Etage lief sie hin und her wie ein Tiger im Käfig. Es war lange her – sie konnte die Jahre zählen –, dass irgendetwas oder irgendjemand sie so in Rage gebracht hatte. Sie platzte schier vor Wut und musste ihren Zorn schnellstens loswerden. Und es gab nur einen Menschen, der es verdiente, die geballte Wucht ihres Zorns zu
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