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Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)

Titel: Der Anfang aller Dinge: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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»Hm, ich glaube, du hast Recht.«
    Sie mochte seine kumpelhaften Flirtereien. Bob war harmlos; glücklich verheiratet mit zwei halbwüchsigen Kindern. Ein ernst gemeinter Flirt hätte ihr Angst gemacht. Sie teilte Männer in zwei Gruppen ein: die harmlosen und die gefährlichen. Bob fiel in die Erstere. Von ihm drohte ihr keine Gefahr.
    »Also, ran ans Werk«, rief sie, als der Bus vor dem dreistöckigen Backsteinhaus anhielt. »Und versucht, euch wie respektable Mitglieder der Pressegilde zu benehmen.«
    Bob murmelte grinsend einen deftigen Fluch und kletterte hinten aus dem Bus.
    Vor der Eingangstür war Liv wieder die kühle, reservierte Nachrichtenmoderatorin; niemand hätte es jetzt gewagt, einen Kommentar zu ihren Beinen abzugeben. Zumindest nicht laut. Sie klopfte einmal kurz an die Tür, ohne auf ihre Crew zu warten.
    »Olivia Carmichael«, erklärte sie dem Hausmädchen, das die Tür geöffnet hatte. »Ich habe einen Termin mit Mr. Dell.«
    »Jawohl.« Die Hausangestellte gab mit einem kaum hörbaren Murren ihrer Missbilligung Ausdruck, als sie über Livs Schulter hinweg die Männer in Blue Jeans entdeckte, die gerade die Kameraausrüstung die Treppe hinaufschleppten. »Hier entlang bitte, Ms. Carmichael. Mr. Dell wird Sie sofort empfangen.«
    Liv war der abfällige Blick der Hausangestellten nicht entgangen. Aber sie machte sich nichts daraus. Ihre eigene Familie und etliche Freunde aus ihrer Kindheit zeigten dieselben Vorbehalte gegen ihren Beruf.
    Die Diele entsprach dem eleganten Zugang zu einem vornehmen, begüterten Heim. Liv hatte in ihrer Kindheit ähnliche Eingangshallen in Dutzenden Stilrichtungen und Dutzenden Häusern gesehen, in denen sie hunderte Teestunden und steife Dinner über sich hatte ergehen lassen müssen, die sie zu Tode langweilten. Den Matisse an der Wand zu ihrer Rechten nahm sie zwar wahr, würdigte ihn aber keines eingehenderen Blickes. Sie hörte Bob, der hinter ihr die Diele betrat, leise pfeifen.
    »Wow, schicke Hütte«, kommentierte er, während er mit seinen Turnschuhen lautlos über das gebohnerte Parkett schlurfte.
    Liv ließ abwesend einen zustimmenden Laut hören, während sie rasch noch einmal ihr Konzept überflog. Sie war in einem Haus aufgewachsen, das sich nicht wesentlich von diesem hier unterschied. Ihre Mutter hatte sich stilmäßig an
Chippendale gehalten, im Gegensatz zu Dell, der offenbar den Louis-Quinze-Stil bevorzugte, aber im Grunde war das alles das Gleiche. Selbst der Geruch war ihr vertraut – auch hier roch es nach Zitronenöl und frischen Schnittblumen – und beschwor alte Erinnerungen herauf.
    Ehe Liv noch zwei Schritte an der Hausangestellten vorbei getan hatte, hörte sie eine männliche Stimme lachen.
    »Mein Gott, T.C., Sie wissen, wie man eine Story zum besten gibt. Ich muss mich nur vorsehen, dass die First Lady nicht in der Nähe ist, wenn ich sie weitererzähle.« Dell kam leichtfüßig die Treppe herabgeschritten, ein attraktiver Sechziger, neben sich Thorpe.
    Livs Magen verkrampfte sich augenblicklich. Verdammt!, dachte sie wütend. Der Kerl ist mir doch immer eine Nasenlänge voraus!
    Für einen Moment begegnete sie Thorpes Blick. Er lächelte, aber es war nicht das gleiche Lächeln, das er Dell geschenkt hatte, als die beiden die Treppe herabstiegen.
    »Ah, Ms. Carmichael.« Nachdem Dell sie bemerkt hatte, kam er mit ausgestreckter Hand auf sie zu. Seine Stimme war so weich wie seine Hand. Er hatte kluge Augen. »Pünktlich auf die Minute. Ich hoffe, ich habe Sie nicht warten lassen.«
    »Nein, Mr. Dell. Die paar Minuten waren mir ganz recht.« Liv ließ den Blick kurz zu Thorpe schweifen. »Mr. Thorpe.«
    »Guten Morgen, Ms. Carmichael.«
    »Ich weiß, Sie sind ein viel beschäftigter Mann, Herr Botschafter«, begann Liv, indem sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Dell richtete und lächelte. »Ich werde Ihre Zeit nicht über die Maßen beanspruchen.« Unauffällig nahm sie ihr Mikrofon zur Hand. »Wäre es Ihnen angenehm, wenn wir uns gleich unterhielten?«, erkundigte sie sich und sprach dabei ins Mikro, damit der Tonmeister die Lautstärke checken konnte.
    »Von mir aus gern«, erwiderte Dell mit einer ausholenden Geste und einem großzügigen Lächeln. Dieses Lächeln gehörte zum Rüstzeug eines Diplomaten. Im Augenwinkel beobachtete sie, dass Thorpe sich aus dem Bildwinkel der Kamera
entfernte und sich an der Tür postierte. Seine Augen im Rücken zu spüren, war ihr nicht gerade angenehm. Mit einem stummen Seufzer drehte sie
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